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Turner aus Halle Turner aus Halle: Warum Matthias Fahrig nicht für Kuba starten will

Von Petra Szag 05.04.2018, 08:40
Matthias Fahrig - hier bei einem Bundesliga-Wettkampf am Boden
Matthias Fahrig - hier bei einem Bundesliga-Wettkampf am Boden Imago

Halle (Saale) - Sein fröhliches Lachen verrät ihn: Matthias Fahrig muss wohl gerade irgendwo an der Schaumgummi-Grube sein. Verdeckt von einem Berg von Matten steht er in der Turnhalle auf der Höhe der Landebahn hinter dem Sprungtisch. So hat er alle Turner im Auge, die in regelmäßigen Abständen angeflogen kommen und sich dabei kunstvoll um ihre Längs- und Breitenachse drehen.

Das ist in diesem Moment Matthias Fahrigs Job. Er ist Trainer. Turner war er in den Stunden davor. „Es ist gar nicht so ungewöhnlich, dass ich erst um 21 Uhr aus der Halle komme“, sagt der 32-Jährige und sein Gesichtsausdruck verrät, dass er damit gut leben kann.

Die Leichtigkeit - selbst in schwierigen Zeiten - ist Matthias Fahrig eigen. Eine Frohnatur eben.

Auf einer Wellenlänge

Beim Bundesliga-Wettkampf letztes Wochenende in Straubenhardt hat der Hallenser einen Gleichgesinnten getroffen. Manrique Larduet Bicet heißt der junge Mann. Er ist Kubaner. Und einer der besten Turner der Welt. Der Siegerländer KTV hat sich dessen Dienste für diese Liga-Saison gesichert - neben denen von Matthias Fahrig. „Wir verstehen uns prächtig“, erzählt Fahrig, „flachsen viel herum.“ Und das, obwohl beide ihren Job sehr ernst nehmen.

Der Mehrkampf-Vizeweltmeister von 2015 und sein Trainer Carlos Gil waren es dann auch, die Fahrig ein verlockendes Angebot unterbreiteten. „Sie haben mir gesagt, dass ich durchaus auch für Kuba starten könnte. Ein Wechsel wäre unkompliziert und sogar in kurzer Zeit möglich.“ Der deutsche Auswahltrainer Andreas Hirsch hat den doppelten Europameister von 2010 aktuell eh nicht auf dem Radar. Weil er im Vorjahr keinen Leistungsnachweis bringen konnte, ist Fahrig aus dem geförderten Kaderkreis des deutschen Verbandes gestrichen worden. Dort wieder hereinzukommen, ist schwierig. Denn durch seine bewegte Vergangenheit inklusive einiger Disziplinverstöße hat Fahrig nach wie vor keinen leichten Stand beim Chefcoach. Doch in den Sack hauen will der Turner deshalb trotzdem nicht.

Fahrig, muss man wissen, ist Halbkubaner. An seinen Vater Teofilo Hussa kann er sich allerdings kaum erinnern. Noch vor der Wende hatte der frühere DDR-Gastarbeiter in seine Heimat zurückkehren müssen. Nur einmal noch besuchte er die Familie in Fahrigs Geburtsstadt Wittenberg - illegal. Das weiß sein Sohn aber nur noch aus Erzählungen.

Wenn es um Temperament und Lebensfreude geht, sind Fahrigs kubanische Wurzeln offenkundig. Doch ein Nationenwechsel? „Natürlich finde ich es schön, wenn meine Leistungen anerkannt werden“, sagt der Routinier. Die Wertschätzung tue gut. Doch in Halle arbeitet Fahrig an seiner Zukunft als Trainer. Der einstige Sportsoldat hat den Trainer-A-Schein erworben, betreut auf Honorarbasis mit die besten Talente seines Vereins an seinen Spezialgeräten Sprung und Boden. Ein Trainerstudium an der Hochschule in Köln kann er sich durchaus vorstellen.

All die Pläne müsste er aufgeben, sollte er dem Lockruf folgen.

Hinzu kommt: Ein Wechsel, so betont Fahrig, funktioniere nur, wenn er richtig fit sei. Davon

ist er aber weit entfernt. Zum Jahreswechsel hatte ihn das Pfeiffer'sche Drüsenfieber ausgeknockt. Erst seit vier Wochen kann er wieder richtig trainieren. An seinen zwei Paradegeräten reicht es innerhalb der Bundesliga schon wieder zu ordentlichen Leistungen. Doch das ist nicht Fahrigs Anspruch. Er bereitet sich auf den Mehrkampf vor, auf Starts an allen sechs Geräten. Bis zu den deutschen Meisterschaften im September in Leipzig hat er dazu noch Zeit.

Suche nach dem Vater

Zeit für einen längeren Urlaub fehlt ihm also gerade. Doch irgendwann einmal will der Turner nach seinen Wurzeln suchen und auf Kuba seinen Vater ausfindig machen. Dann kann er auch seinen Sportfreund Manrique Larduet Bicet besuchen und mit ihm trainieren. Ans Aufhören denkt Fahrig jedenfalls noch lange nicht. „Sprung und Boden kann ich gefühlt wohl noch mit 50 turnen, nur einen Mehrkampf sicherlich nicht.“

Sagt es und lacht fröhlich. (mz)