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Traditionsfirma Liebig Traditionsfirma Liebig: Wegwerfwirtschaft? Ohne uns!

Von Detlef Färber 07.01.2017, 17:00
Elektromaschinenbauer Gerd Gnoth an der Arbeit an einem reparaturbedürftigen Motor
Elektromaschinenbauer Gerd Gnoth an der Arbeit an einem reparaturbedürftigen Motor Günter Bauer

Halle (Saale)/Teutschenthal - Eine Art Duft liegt in der Luft: Ein feiner aber einprägsamer Geruch, der für viele der heutigen Generationen aus einer anderen Zeit stammt: Aus Ölen und Schmierstoffen setzt er sich wohl hauptsächlich zusammen. Aber es riecht eher nicht speziell, sondern eher typisch: nach Werkstatt und Werkhalle, nach Maschine, nach Industrie der alten Schule - kurz: nach richtiger Arbeit. Angela und Sascha Liebig lieben diesen Duft. Und sie lieben das Flair ihrer alten Werkhalle in Teutschenthal, die sie einst nach der Insolvenz des Vorgängerbetriebs - einer einstigen Produktionsgenossenschaft (PGH) der gleichen Branche - herausgekauft haben. „Und damit zugleich einige Arbeitsplätze erhalten“, wie Geschäftsführer Sascha Liebig (39) betont.

Mit seiner Frau, der Bürokauffrau und jetzigen Mit-Chefin Angela Liebig, leitet der Hallenser das Unternehmen bereits in dritter Generation. 1953, in schwierigen DDR-Zeiten, hatte sein Großvater Heinz Liebig in der halleschen Bernhardystraße in einem Hinterhof - als vormaliger Geselle in der Vorgängerfirma - den Laden, der keinen innerfamiliären Chef-Nachfolger hatte, übernommen. Sorgen um Aufträge habe sich der Großvater nicht machen müssen - aber dafür dauernd ums Material. Das sei heutzutage eher umgekehrt.

Rückübertragung des Immobilien-Eigentums an den Altbesitzer

Die Firma Liebig sei damals vor allem mit Aufträgen der benachbarten hallesche Maschinenfabrik (Mafa) voll beschäftigt gewesen, weiß der heutige Chef. Sein Vater Michael übernahm vom Opa 1983 das Ruder der kleinen Firma. Er selbst, Sascha, hat hier seit 2011 den Hut auf - nicht mehr in Halle freilich, denn am alten Standort ging es nicht weiter nach der Rückübertragung des Immobilien-Eigentums an den Altbesitzer.

So bezog die Firma zunächst neue, in Containerbauweise erstellte Räume in Oppin, dem jetzigen zweiten Standort der Firma, bevor sie den Betrieb in Teutschenthal übernahm. Nun pendeln die Chefs von ihrem Wohnort Halle aus jeweils fast 15 Kilometer, mal nach Südwesten, mal nach Nordosten - um sich in einer Branche zu behaupten, in der es nicht mehr viele Wettbewerber gibt. Denn die größte Konkurrenz, die Liebigs haben, ist eher nicht greifbar: Es sind die Wegwerfwirtschaft und Wegwerfgesellschaft. Und so werden Motoren wie etwa die von Waschmaschinen von ihnen längst nicht mehr repariert.

Motor für die Peißnitz-Fontäne in Halle

Das lohne sich ja fast nie, bei den jetzigen Preisen für Neugeräte, erläutert die Büro-Chefin Angela Liebig. Das Gleiche gelte für all die vielen Baumarktmaschinen - „außer bei machbaren Kleinigkeiten“, so dass es fast nur noch Profi-Motoren von insgesamt teuren Anlagen aus Industrie-, Handwerksbetrieben oder Landwirtschaft seien, die in der Firma neu gewickelt, technologisch umgerüstet oder anderweitig wieder fitgemacht werden. Richtig schwere Motoren seien das oft, weshalb unter der Decke der Werkhalle eine Krananlage installiert ist, der dieser Ort vor allem sein Fabrik-Flair verdankt. Derzeit haben Liebigs etwa eine große Gülle-Pumpe in Arbeit, und auch den Motor für die Peißnitz-Fontäne in Halle haben sie wieder in Gang gesetzt.

Neun Leute - das Inhaber-Ehepaar mit gerechnet - sind in Oppin und Teutschenthal bei der Firma „Liebig-Elektrotechnik“ beschäftigt: An zwei Standorten vor allem wegen des Kundenstamms, so sagt die Chefin. Ob es irgendwann mal nur noch ein Standort sein wird?

Das sei nicht geplant - „aber vielleicht kriegen das unsere Kinder mal hin“, sagt Angela Liebig, die damit bereits auf die vierte Generation verweist. Zwei Söhne hat das Ehepaar, der ältere ist elf und beginnt schon ein bisschen an Motoren „rumzubasteln“, weshalb er auch die Schulferien gern mit in der Firma verbringe. Ähnlich hätten es bereits sein Vater bei seinem Vater, und jener beim Firmengründer gemacht. Und so als „fachliche Eigengewächse“ Feuer gefangen für dieses Handwerk: Eine Branche, die wohl doch Zukunft hat. (mz)

Das entscheidende Material, Drähte für die neue Wicklung
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Günter Bauer