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Tobias Gennis  Tobias Gennis : Liebeserklärung an den Wein

Von Josephine Klüver 25.07.2016, 15:00
Tobias Gennis in Aktion. Dieser Roséwein hat die perfekte Färbung und besteht  den Geruchs- und Geschmackstest.
Tobias Gennis in Aktion. Dieser Roséwein hat die perfekte Färbung und besteht  den Geruchs- und Geschmackstest. Günter Bauer

Halle (Saale) - Der Mann kippt das Weinglas leicht an. Dann hält er es schräg vor sich hin und prüft und beurteilt mit kritischem Blick die Farbe des Getränks. Im Anschluss folgt unter leichtem Schwenken des Glases eine mehrfache Geruchsprobe. Den krönenden Abschluss aber bildet - wie könnte es anders sein - eine Geschmacksprobe des Weins.

Leicht schmatzende Geräusche sind nun vernehmbar, bevor ganz zuletzt das weniger elegante Ausspucken der Kostprobe unvermeidlich ist. Warum? „Damit die Beurteilung nüchtern erfolgen kann“, sagt Tobias Gennis. Alles andere, was über Weinverkoster gemeinhin dacht wird, sei „nur so ein Klischee“, sagt der Mann schmunzelnd. Denn genau die geschilderte Abfolge sei charakteristisch für seine Arbeit.

Weinkellner

Doch um sich Sommelier (zu deutsch „Weinkellner“) nennen zu können, sei mehr als die Kenntnis der Abläufe einer Weinverkostung nötig. Und aller Anfang ist schwer. „Wenn man anfängt, Wein zu trinken, kann man zunächst nur zwischen „schmeckt mir“ und „schmeckt mir nicht“ unterscheiden“, sagt Gennis. Doch sein generelles Interesse an gutem Essen und eine gehörige Portion Neugier brachten ihn dazu, tiefer in die Materie einzutauchen.

Vor fünf Jahren verschlug es den gebürtigen Hamburger zum Politikstudium nach Halle. Doch das Studium erschien ihm wie eine Zeitverschwendung. „Mir kam es spannender vor, Bestecke zu polieren, als mir in einem Seminar langweilige Referate anzuhören“, gibt Tobias zu. Nach kurzer Zeit trat er folglich eine Stelle als Aushilfe in „Mahns Chateau“ am Hallmarkt an. Mittlerweile hat der 27-Jährige als externer Prüfling erfolgreich die Ausbildung zum Restaurantfachmann abgeschlossen und eine Menge Wissen über Wein angesammelt.

Autodidakt

Einen Großteil davon verdankt er seiner Neugier, die ihn zum Autodidakten machte. Doch auch der Besitzerin des Restaurants, Gabriele Mahn, verdankt er viel. „Wir teilen zwar nicht exakt den gleichen Geschmack, aber von Weinverkostungen bringe ich ihr gern neue, interessante Weine mit, über die wir uns dann ausführlich austauschen.“ Tobias Gennis steht aber nun eine große Veränderung bevor. Ab August arbeitet er in einer Berliner Weinbar, im kommenden Jahr beginnt er berufsbegleitend die Sommelierweiterbildung, um den von der IHK geprüften Titel auch offiziell tragen und sein Wissen über Wein erweitern zu können.

Für sommerliche Tage hat Gennis drei Empfehlungen aus seinem privaten Weinkeller. Weine, deren Anschaffungspreis bei unter zehn Euro pro Flasche liegen: Am Nachmittag zu einer Portion frischer Wassermelone empfiehlt Tobias Gennis einen 2015er rheinhessischen Riesling mit dem lustigen Namen „Grinsekatz“ vom Weingut von Daniel Mattern. Für einen Sommerriesling sei ein Alkoholgehalt von 13 Prozent zwar fast schon zu viel, aber gekühlt lasse er sich wunderbar genießen. Im ersten Moment sei dieser Wein geschmacklich sehr fruchtig und habe eine herbe Restsüße, im Abgang breite sich eine prägnante Säure aus. „Ein wunderbares Spiel mit den Gegensätzen - und sehr erfrischend“, resümiert Tobias Gennis.

Lokalfavorit

Der Lokalfavorit des Experten ist der „Rosé 2015“, ein Gutswein von Elisabeth Born aus Höhnstedt. Aus den Rebsorten Portugieser, Regent und Zweigelt zusammengesetzt, besitze er die leichte Frische eines Weißweins und die satte Frucht und geschmackliche Breite eines Rotweins. Laut Tobias ist der Rosé „konsequent trocken ausgebaut“ und ist ein perfekter Begleiter für Grillabende. Generell findet der angehende Sommelier das unterbewertete Image dieser Weinart bedauerlich. „Roséweine haben zu Unrecht einen schlechten Ruf.“ Es lohne sich in jedem Fall, immer die unterschiedlichsten Weine auszuprobieren und sich nicht von Vorurteilen einschränken zu lassen.“

Wenn der Grill langsam ausgeht, kann aus Sicht des Weinkenners ein - im Sommer eher stiefmütterlich behandelter - Rotwein „mit gutem Gewissen“ geöffnet werden. Der in Lambsheim (Pfalz) angebaute „Krauße Schwarzer“ von 2014 eigne sich hervorragend dafür, weil er auch gekühlt genossen werden könne. Die Lagerung in Eichenfässern verleihe dem Wein „eine leichte Verspieltheit mit einer eleganten, kräuterigen Würze.“ (mz)