Tierschutz in Halle Tierschutz in Halle: So gut wie ausgebucht

Halle (Saale) - Kurz vor Weihnachten sind die Hundezwinger im städtischen Tierheim alle besetzt. Lediglich einer der 31 Einzelzwinger ist leer. Einen Mehrfachzwinger, in dem Hunde, die länger da sind, gemeinsam betreut werden könnten, gibt es nicht. Auch keine Krankenstation. Der Auslauf, auf dem die Hunde täglich kurz herausgelassen werden, manche nur allein, ist klein. Halles Tierheim stößt immer öfter an seine Grenzen: „Die Standards für die Haltung großer Hunde, etwa die Zwingergrößen, werden gerade noch erfüllt. Aber in den nächsten Jahren muss dringend modernisiert werden“, sagt Halles Zoodirektor Andreas Jacob.
Zoo als Betreiber
Seit 20 Jahren wird das städtische Tierheim durch den Zoo betreiben. Eine deutschlandweit wohl einzigartige Konstellation , meint Jacob. Rund 20 Jahre ist auch her, dass das Tierheim an der Steffenstraße am Rande des Paulusviertels modernisiert wurde. Doch inzwischen reicht der Platz nicht mehr.
Zwar werden von den 300 Hunden, die jährlich im Tierheim ankommen, die meisten von neuen Besitzern abgeholt oder können vermittelt werden. Doch die Situation spitzt sich vor allem durch jene Hunde zu, die auf der Liste der als gefährlich eingestuften Rassen stehen. Sie werden oft von der Polizei gebracht oder auch von überforderten Besitzern selbst abgegeben. „Viele dieser sogenannten Listen-Tiere sind praktisch nicht zu vermitteln. Sie bleiben wohl bis ans Lebensende im Tierheim“, sagt Jacob. Beispielsweise ein Stafford-Mix-Rüde. Er „braucht konsequente Führung, sowie ausreichend Bewegung und Beschäftigung, da er seine Energie sonst an Einrichtungsgegenständen auslässt. Nicht gut auf Artgenossen zu sprechen, kein Familienhund“, heißt es im Vermittlungssteckbrief des Tierheims. Das ist keine Empfehlung. Ein Interessent müsste nicht nur eine Halter-Befähigung und einen Wesenstest mit dem Vierbeiner machen lassen, sondern auch noch 720 Euro Steuern zahlen. Sachsen-Anhalt ist da besonders rigide.
Eigentlich gehört der Betrieb einer kommunalen „Tier-Pension“ nicht zu den Aufgaben der Stadt. Eine sogenannte Pflichtaufgabe ist lediglich eine „Tieraufnahmestation“ für gefundene oder beschlagnahmte Hunde, die maximal zwei Wochen betreut werden. Besagter Stafford-Mix ist schon zwei Jahre da. Bis zu einer Vermittlung darf der Listenhund nicht Gassi geführt werden, sein Auslauf ist begrenzt.
Faktisch betreibt das Tierheim also auch eine Tierpension. Denn weggeben kann man die Dauergäste nicht: Die Tierschutzvereine Halles sind bettelarm und besitzen weder den Platz noch die Mitarbeiter, um die Hunde zu betreuen. Eine Auslagerung an private Betreiber wäre wohl auch teurer als jetzt, denn die Kosten für den Unterhalt trägt weiterhin die Kommune.
Momentan zahlt die Stadt 150 000 Euro jährlich für ihr Tierheim, die drei Mitarbeiter und die Betriebskosten. Um auch künftig die Forderungen des Tierschutzes zu erfüllen, muss baulich etwas geschehen. „Das Problem ist jedoch nicht neu. Es gibt auch bereits eine fertige Bauplanung: der Neubau eines Tierheims und die Sanierung des Wohnhauses auf dem Gelände an der Steffenstraße zum Katzenhaus etwa“, sagt Jacob. Rund 800 000 Euro würde das kosten.
Prinzipiell müsse man aber fragen, ob diese Investition am alten Standort auch sinnvoll sei. Denn das Tierheim könne dort perspektivisch nicht erweitert werden.
Konzept wird erarbeitet
Nachdem Jacob im vergangenen Wirtschaftsausschuss des Stadtrats auf das Problem hingewiesen hatte, soll nun laut Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) ein Konzept für die Zukunft des Tierheims erarbeitet werden.
Wenn nach den Weihnachtstagen wieder neue Hunde kommen sollten, wird es im Tierheim eng. Abweisen kann man aber kein Tier. Die vier Not-Zwinger draußen, die für Halles Stadthunde kaum geeignet sind, werden dann belegt. Oder die Hunde müssen sich vorübergehend im Einzelzwinger vertragen. (mz)