Hintergrund zum 9. Oktober 2019 Terroranschlag Halle Saale: Das Minutenprotokoll zum Terroreinsatz von Halle
Halle (Saale) - Nach dem Terroranschlag mit zwei Toten in Halle kamen viele Fragen auf, wann die Polizei wo war und wie es zu Festnahme des Verdächtigen kam. Am Montag rekonstruierte das Innenministerium von Sachsen-Anhalt in einer Pressekonferenz den Ablauf des Polizeieinsatzes, später ergänzte es auf Anfrage weitere Details. Die Übersicht:
- ab 12.01 Uhr: Ein schwer bewaffneter Mann versucht, in die Synagoge zu kommen, schießt mehrfach auf die Eingangstür, hinterlässt selbst gebastelte Sprengsätze an der Synagoge und erschießt eine 40 Jahre alte Passantin.
- 12.03 Uhr: Ein Notruf über die 112 geht bei der Rettungsleitstelle ein. Ein Anrufer berichtet, dass etwa 100 Gläubige in der Synagoge sind und davor ein bewaffneter Täter schießt. Es wird von der Toten vor der Tür berichtet.
- 12.04 Uhr: Die Rettungsleitstelle informiert die Polizei, es werden weitere Informationen vom Anrufer aufgenommen. Parallel geht ein weiter Notruf ein. Der Anrufer berichtet von dem Angriff auf die Synagoge und einer leblosen Frau. Er gibt das Kennzeichen vom Fluchtwagen des Täters durch.
- 12.06 Uhr: Die Funkwagen in Halle werden alarmiert und zum Tatort geschickt. Im Polizeirevier Halle sind zu dieser Zeit insgesamt sieben Streifenwagen im Einsatz. In den benachbarten Kreisen sind 19 weitere Streifenwagen unterwegs, davon je fünf im Saalekreis, im Kreis Mansfeld-Südharz sowie im Burgenlandkreis sowie vier bei der Autobahnpolizei.
- 12.07 Uhr: Der Täter verlässt den Tatort vor der Synagoge.
- 12.09 Uhr: Der Täter kommt am Dönerladen an der Ludwig-Wucherer-Straße an und bleibt dort bis 12.17 Uhr. Er nimmt den Laden unter Beschuss und erschießt einen 20-jährigen Mann.
- 12.11 Uhr: Der erste Funkstreifenwagen trifft an der Synagoge ein.
- 12.12 Uhr: Der zweite Funkstreifenwagen trifft an der Synagoge ein. Bis 12.16 Uhr sind vier Polizeiwagen vor Ort, darunter ein ziviles Auto.
- 12.13 Uhr: Per Funk geht das Kennzeichen des Fluchtwagens an alle Polizisten, um nach dem Fahrzeug zu fahnden.
- 12.15 Uhr: Landesweit wird Polizeialarm ausgelöst. Alle verfügbaren Kräfte werden nach Halle abbeordert. Parallel dazu wird das Spezialeinsatzkommando des Landeskriminalamts alarmiert, das in Magdeburg sitzt.
- 12.15 Uhr: Ein Streifenwagen blockiert an einer Seite die Ludwig-Wucherer-Straße. Ein zweiter steht daneben. Der Täter schießt auf die Beamten. Die Beamten schießen zurück.
- 12.16 Uhr: Der Schütze wird von einer Kugel der Beamten am Hals getroffen.
- 12.17 Uhr: Der Täter flüchtet in eine Seitenstraße. Als die Besatzung des beschossenen Streifenwagens ihm folgt, ist das Fluchtauto nicht mehr zu sehen. Ein Passant deutet in eine Straße, die Beamten folgen dem Hinweis, finden das gesuchte Auto aber nicht wieder.
- 12.19 Uhr: Der Täter fährt noch einmal über den Fußweg an der Synagoge vorbei und wird dort von einer Streifenwagenbesatzung gesehen, die vor Ort gerade ihre Schutzwesten anlegt und die Synagoge sichert. Die Beamten geben die Sichtung des Täters an ihre Kollegen weiter. Doch zunächst kann der Mann entkommen.
- 12.20 Uhr: Über die Mietwagenfirma erfährt die Polizei den Namen und die Handynummer des Mannes, der das Auto gemietet hat. Eine Ortung der Nummer wird von der Staatsanwaltschaft angeordnet.
-12.21 Uhr: Per Notruf bei der Rettungsleitstelle wird mitgeteilt, dass es drei Tatverdächtige geben könnte. Die Einsatzkräfte werden informiert.
- 12.28 Uhr: Ein Polizeihubschrauber startet in Magdeburg und fliegt nach Halle. Dort trifft er gegen 12.45 Uhr ein.
- 12.46 Uhr: Es wird die sogenannte Ringalarmfahndung ausgelöst, das heißt, die Polizisten suchen verstärkt auch außerhalb der Stadtgrenzen nach dem oder den Tätern.
- 13.00 Uhr: Inzwischen sind 28 Funkstreifenwagen in Halle unterwegs, um nach dem Täter oder den Tätern zu fahnden. Dazu gibt es Unterstützung von Polizisten aus Sachsen sowie der Bundespolizei.
- 13.00 Uhr: Über den Notruf meldet eine Anruferin, dass in Landsberg, Ortsteil Wiedersdorf, ein Mann auf ihren Wagen geschossen hat. Die Anruferin berichtet, dass ein Mann versucht hat, ihr Auto zu kapern, was ihm nicht gelang. Sie wisse nicht, ob sich der Täter noch im Ort befinde.
- 13.01 Uhr: Die Polizeikräfte werden über Funk über die gemeldeten Schüsse informiert.
- 13.03 Uhr: Die Rettungsleitstelle informiert die Polizei darüber, dass in Wiedersdorf ein Taxi geraubt worden ist.
- 13.05 Uhr: Das alarmierte Spezialeinsatzkommando aus Magdeburg kommt in Halle an. Es gibt Meldungen, wonach es eine Geiselnahme in einem Einkaufsmarkt gibt. Das SEK geht dem nach. Die Meldung stellt sich als falscher Alarm heraus.
- 13.08 Uhr: Die ersten Polizisten kommen in Wiedersdorf an.
- 13.09 Uhr: Ein Anrufer berichtet, dass der Täter mit einem Taxi geflüchtet ist.
- 13.16 Uhr: Auf der Autobahn 9 bei Günthersdorf erkennt ein Polizeiwagen im Gegenverkehr das gesuchte Taxi und meldet die Sichtung an die Kollegen. Die Beamten wenden an der nächsten Ausfahrt und fahren nun ebenfalls in die Gegenrichtung.
- 13.31 Uhr: Die Besatzung des Funkstreifenwagens, der auf der Autobahn das Taxi verfolgt, teilt mit, dass es bereits am Kreuz Rippachtal den Sichtkontakt zum Fluchtauto verloren hat.
- 13.32 Uhr: Ein Funkstreifenwagen des Revierkommissariats Zeitz meldet, dass sie das Fluchtfahrzeug an der Bundesstraße 91 bei Werschen gesichtet haben. Das Fahrzeug rammt ein Auto, fährt über eine rote Ampel und biegt in einen einspurigen Baustellenbereich ein.
- 13.35 Uhr: Der Fluchtwagen des Täters kollidiert frontal mit einem Lastwagen. Der Fahrer versucht, zu Fuß zu flüchten und wird von den Revierpolizisten festgenommen.
- 14.00 Uhr: Die Polizei findet in Wiedersdorf den abgestellten Mietwagen, mit dem der Täter seine Flucht begonnen hatte.
- 18.37 Uhr: Die Warnung an die Bevölkerung wird aufgehoben. Die Sicherheitsbehörden gehen nach einem Großeinsatz mit mehr als 700 Beamten und umfangreichen Fahndungsmaßnahmen davon aus, dass bei dem Terroranschlag ein einzelner Täter unterwegs war. Zwischenzeitlich konnte aufgrund zahlreicher Notrufe zu gehörten Schüssen im Stadtgebiet nicht ausgeschlossen werden, dass es mehrere Täter gibt. (dpa)