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Stuck wird von Hand gezogen

Von Heidi Pohle 06.10.2004, 16:06

Halle/MZ. - Wenn Thomas Ludwig durch Halles Straßen geht, kann er hinter die Fassaden sanierter Häuser blicken. Farbe, die nach wenigen Jahren abblättert, sagt dem Inhaber einer Baurestaurierungs-Firma, dass bei der Sanierung Fehler gemacht wurden. Mal werden falsche Baumaterialien verwendet, mal mangelt es an Sorgfalt - da kann er nur den Kopf schütteln.

Und zornig werden. Denn Pfusch ist seine Sache nicht, zu sehr liegen ihm die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude der Stadt am Herzen. Aber wie kann man die Öffentlichkeit, private Bauherren, Architekten und auch Firmen sensibilisieren, sich diesem kostbaren Kulturgut respektvoll, also mit Herz und Sachverstand, zu nähern?

Indem man zeigt, wie gekonnt saniert wird und welche Möglichkeiten es dabei gibt. Bauingenieur Ludwig hat deshalb im Sommer dieses Jahres ein Kompetenz-Zentrum für Denkmalpflege eingerichtet. Der Ausstellungsraum auf dem weiträumigen Gelände in der Trothaer Hans-Dittmar-Straße 8 liegt in einem liebevoll sanierten Pferdestall; Seminare und Veranstaltungen finden im Backstein-Gebäude nebenan statt. Ein Treffpunkt für Denkmalpfleger, Architekten und Fachbetriebe, die sich dem Erhalt historischer Bausubstanz verschrieben haben.

Thomas Ludwig will vor allem jenen privaten Bauherren helfen, die Wert auf eine qualitativ hochwertige Sanierung legen, sie lange vor Baubeginn beraten. Beispielsweise über Materialien. Ziegel verschiedener Größe und Formen, nach alten Mustern gebrannt, liegen zur Ansicht bereit, dazu Fenster- und Türprofile, auch Bau-Ornamente.

Und derzeit eine Naturstein-Maske, die einst die Fassade einer Villa bei Bitterfeld schmückte, nun aber arg ramponiert aussieht. Bei Thomas Ludwig kann man sich nun anschauen, wie man solch ein Fassaden-Teil wieder herstellen kann. "Wir haben von der Original-Maske einen Abdruck genommen, eine Kautschuk-Form hergestellt und sie mit Spezial-Mörtel ausgegossen", erklärt der 41-Jährige, der in seiner Heimatstadt schon über 100 Gebäude saniert hat, darunter die Reha-Klinik auf der Saline und die St. Elisabeth-Kirche. Er kann sich bei allen handwerklichen Tätigkeiten auf gut ein Dutzend versierter Fachleute verlassen, darunter Stuckateure und Steinmetze. Wer will, lässt sich vorführen, wie Stuck nach alter Handwerkskunst an der Fassade in Mörtel gezogen wird und ähnliches mehr.

Viele Bilder in der Ausstellung zeigen Häuser vor und nach der Sanierung. "Diese Dokumentationen sind ein Hobby von mir", so Thomas Ludwig. Er rät Bauherren, lieber in Etappen zu sanieren, als auf billige und rasche Lösungen zu setzen. Angeklebter Stuck sehe zwar im ersten Moment schön aus. "Aber spätestens nach ein paar Jahren fällt er wieder von der Wand."

Veranstaltungen, bei dem Bauherren und Fachleute an einem Tisch sitzen, ergänzen die Ausstellung, die im Laufe der Zeit noch größer werden soll. Der Zuspruch sei bereits jetzt erfreulich, könne aber ruhig noch wachsen, sagt Ludwig, der seit dem Jahr 1992 selbstständig ist.