Streit in Rothenburg Streit in Rothenburg: Gemeinderat hält fest an Bürgerentscheid
Saalkreis/MZ. - Der Gemeinderat von Rothenburg hat die Forderung nach Verschiebung eines Bürgerentscheides zur Gebietsreform abgewiesen. Trotz etlicher Unklarheiten sollen die wahlberechtigten Einwohner am kommenden Sonntag wie geplant abstimmen, ob ihre Kommune nach Könnern in den Kreis Bernburg wechselt. Ein Bürgerforum zu dieser Frage musste am Mittwochabend nach zeitweise chaotischem Verlauf vorzeitig beendet werden. Rothenburg ist die erste Saalkreis-Gemeinde, in der ein solcher Bürgerentscheid stattfindet.
Wie Bürgermeister Lothar Born (parteilos) der MZ auf Anfrage mitteilte, stimmten am Donnerstag sechs von acht Abgeordneten in einer Sondersitzung für den Bürgerentscheid. Born enthielt sich nach eigenen Angaben der Stimme. "Die Entscheidung liegt jetzt bei den Bürgern", sagte er. Man habe über ein Jahr über das Zusammengehen mit Könnern diskutiert.
Aus Sicht vieler Teilnehmer des Einwohnerforums reichte die Zeit aber dennoch nicht aus. Nach ihrer Meinung bestand der Hauptmangel der Veranstaltung darin, dass erneut kein Konzept zum Abbau der Schulden vorgestellt wurde. Die Einwohner erfuhren nicht einmal, wie hoch Rothenburg verschuldet ist. Auch Fragen der Busanbindung, der Schulplanung und der Abfallentsorgung im Fall eines Kreiswechsels sind weitgehend ungeklärt.
Eins zeigte die Versammlung vor allem: Kurz vor der Entscheidung liegen allseits die Nerven blank. Landrat Knut Bichoel (CDU) lieferte den ersten Beleg gleich zu Beginn der Aussprache. Er verlas ein Schreiben des Regierungspräsidiums Halle, das ihn im Auftrag des Innenministeriums vor einer möglichen Überschreitung seiner Kompetenzen warnte und disziplinarische Schritte androhte für den Fall, dass er sich in Angelegenheiten der Gemeinde einmische. Unter diesen Umständen sehe er sich nicht in der Lage, auf Fragen der Rothenburger zu antworten.
Sparkassen-Vorstandschef Friedrich Stumpf löste eine Flut von Beschimpfungen aus. Er machte klar, dass sein Kreditinstitut die Filiale in Rothenburg nur dann umbauen und wiedereröffnen werde, wenn die Kommune im Saalkreis bleibt. Die Stimmung wurde auch nicht besser, als Thomas Madl, CDU-Kreisvorsitzender, den Rothenburgern erklärte, dass sie keine Aussicht auf eine sanierte Ortsdurchfahrt haben können.
Kaum zu Wort kam in dem Tumult Bürgermeister Born, der die Verantwortung für die schwierige finanzielle Lage von Rothenburg übernahm. Obwohl allgemein akzeptiert wurde, dass die Stadt Könnern als vergleichsweise starker Partner nicht die schlechteste Wahl sei, äußerten die meisten Zuhörern lautstark ihre Zweifel. Später schloss sich die Mehrheit Landtagsmitglied Burker-Wieland Jüngling (SPD) an, der "in die nächste Kneipe" einlud. Jüngling: "Man kann den Bürgern keine Wahlentscheidung abverlangen, ohne ihnen vorher zu erklären, welche Folgen diese Entscheidung für sie hat." Mit seiner Forderung, den Bürgerentscheid zu verschieben, konnte sich Jüngling indes nicht durchsetzen.