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Stadtteil Lettin Stadtteil Lettin: Warum der "Ur-Einwohner" diesen Stadtteil so liebt

Von Silvia Zöller 08.08.2017, 04:00
Wolfgang Heinrich liebt sein Lettin und engagiert sich für sein Viertel.
Wolfgang Heinrich liebt sein Lettin und engagiert sich für sein Viertel. Andreas Stedtler

Halle (Saale) - Er sagt es aus voller Überzeugung: „Ich liebe diesen Ort.“ Wolfgang Heinrich, 80, ist in seinem Wohnhaus in Lettin geboren, aufgewachsen und hat hier seine Kinder und Enkelkinder großwerden sehen. Auch nach seiner Tätigkeit als Baudezernent für die Stadt Halle in den Jahren von 1990 bis 2001 hat er sich vielfältig für den Stadtteil eingesetzt. Er engagiert sich bis heute in elf Vereinen, gründete die Bürgerinitiative Heide-Nord/Lettin/Blumenau mit.

Halle hat mehr als 60 Stadtteile, Viertel und Stadtquartiere. Wir stellen alle vor. Hier: Lettin.

Wohl kaum jemand kennt den Stadtteil im Norden von Halle so gut wie er. Obwohl Heinrich natürlich darauf hinweist: „Ich bin in Lettin geboren. Ich bin kein Hallenser.“ Denn erst 1950 kam die frühere Saalkreis-Gemeinde Lettin zum Stadtgebiet von Halle. Hört man sich die Lebensgeschichte des agilen Rentners an, der ganz nebenbei auch noch 3.000 Quadratmeter Garten mit Gemüseanbau zusammen mit seiner Ehefrau Ingrid bewirtschaftet, so kann man erahnen, woher die enge und leidenschaftliche Verbindung zu Lettin herrührt.

Als Kind in der Saale geschwommen

„Als Kind bin ich mit neun Jahren zum ersten Mal in der Saale geschwommen“, erinnert er sich. Einer der prägendsten Momente war auch mit der Saale verbunden: Für die Kinder des Ortes war der Fährmann, der Fahrräder und Personen mit einer Bootsfähre von einem Ufer zum anderen herüberholte, eine sehr besondere Persönlichkeit. Als Wolfgang Heinrich 14 Jahre alt war, durfte er auch selbst ab und an Fährmann spielen: „Das war das größte für mich.“

Hier im Ort wurde er konfirmiert, hier erlebte er den Einmarsch der Amerikaner nach dem Krieg, hier lernte er bei einem Tanzabend seine Frau kennen und heiratete sie an dem Tag, als sie 18 Jahre alt wurde - die Ehe ist auch nach 56 Jahren so glücklich wie am ersten Tag. Immer hat er, wie er sagt, im „Sippenverband“ mit seinen Eltern, später mit seinen Kindern und jetzt mit den Enkeln in seinem Geburtshaus zusammengewohnt. Einer der beiden Söhne baute ein Haus nebenan. Man hilft sich gegenseitig - eine heute noch selten zu findende Generationengemeinschaft. Nur drei Jahre seines Lebens hat er nicht in Lettin gewohnt: Von 1959 bis 1962 absolvierte er ein Bau-Ingenieurstudium in Gotha.

32 Vereine aus Lettin gemeinsam engagiert

Das Miteinander ist für den Christen und das CDU-Mitglied Heinrich überhaupt immer das Wichtigste gewesen. So will er durch sein Engagement im Sportverein, aber auch im Freundeskreis der Marienbibliothek, bei der evangelischen Stadtmission, beim Kuratorium „Altes Rathaus“ und eben auch in der Bürgerinitiative immer nur Eines: „Etwas zu schaffen, das ist etwas Schönes. Wenn man Liebe gibt, bekommt man sehr viel zurück.“

Niemals setzt sich der Pensionär gegen, sondern immer für etwas ein. 32 Vereine aus Lettin - von der Freiwilligen Feuerwehr über die Kirchengemeinde bis hin zum Sportverein und dem Schulförderverein - sind in der Bürgerinitiative gemeinsam engagiert, um etwas für den Stadtteil zu tun. „Wir sind überkonfessionell und überparteilich“, sagt Wolfgang Heinrich. „Wir sind da, um zu Lösungen beizutragen.“ Und um das Miteinander zu befördern: So gibt die Bürgerinitiative jedes Jahr einen Kulturkalender heraus, damit schon im Vorfeld Termine abgesprochen werden und sie sich nicht überschneiden.

Es sind Dinge wie ein neuer Spielplatz für die Grundschule oder auch die Reparatur einer Bank im Ort, die der 80-Jährige mit der Bürgerinitiative immer wieder anschiebt. Fernziele sind dabei ebenso im Fokus wie ein öffentlicher Spielplatz im Ort oder die Neubausiedlungen in Heide-Nord durch Fassadengestaltung und architektonische Elemente attraktiver zu machen.

Heinrich will eine Chronik zu Lettin schreiben

Eine Idee schlummert jedoch noch in seinem Kopf: eine Chronik von Lettin zu schreiben. Viele Fakten über den 830 erstmals erwähnten Ort sammelt Wolfgang Heinrich seit Jahren. Sei es über den wohl ältesten Sportverein der Stadt, den vor 110 Jahren gegründeten VfB Lettin, über die 1990 aufgegebene Windmühle, über die Kirche oder zur Nachkriegsgeschichte. „Lettin hatte 1947 genau 3.011 Einwohner“, berichtet er aus Archivquellen - heute sind es nur noch rund 1.100. Fast 900 Umsiedler hatten in Lettin nach dem Krieg zu einem immensen Bevölkerungswachstum geführt.

Den Wandel des slawischen Dorfes an der Saale darzustellen, dessen Geschichte als befestigte Grenzburg im frühen Mittelalter begann, ist ein Wunsch von Heinrich. „Lettin war das Dorf der Fischer, Bauern und Handwerker“, blickt er zurück. Vor zehn Jahren hat er mit der Chronik begonnen. Man darf schon jetzt auf das Ergebnis gespannt sein. (mz)