1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Stadtteil Dölau: Stadtteil Dölau: Bewegte Historie bis hin zum Buddhismus

Stadtteil Dölau Stadtteil Dölau: Bewegte Historie bis hin zum Buddhismus

Von Silvio Kison 22.08.2017, 04:00
Die beiden Hobby-Historiker Bernd Wolfermann (links) und Dieter Schmeil.
Die beiden Hobby-Historiker Bernd Wolfermann (links) und Dieter Schmeil. Andreas Stedtler

Halle (Saale) - Vor mehr als 1.500 Jahren war das heutige Dölau eine knapp 300 Hektar große, von Natur aus kahle Fläche, die von Norden aus eher steinig in Richtung Süden in morastigen Sümpfen endete. In einer Senke gründeten die Wenden etwa um das Jahr 700 ein Dorf.

Der kleine Stadtteil am Rande der Heide hat eine bewegte Historie hinter sich und ist ein Ort vieler Geschichten.

Der Name Dölau bedeutet Häuser auf der Heide, auf der Waldblöße. Seither haben die Einwohner eine bewegte Geschichte hinter sich. Das Wissen um die Vergangenheit des kleinen Dorfes, das am 1. Juli 1950 in die Stadt Halle eingemeindet wurde, wird von von Ur-Dölauern gesammelt und niedergeschrieben. Zwei von diesen engagierten Einwohnern sind Bernd Wolfermann und Dieter Schmeil.

Geschichten und Mythen um Halle-Dölau

Wenn die beiden Freunde über ihr liebstes Hobby sprechen, dann hören sie so schnell nicht wieder auf: Schließlich geht es um ihr Dölau. Die Geschichten und Mythen des Ortes treiben die beiden um. Dank der Arbeit des Geschichtskreises Dölau, zu dem Bernd Wolfermann und Dieter Schmeil auch gehören, ist Dölau einer der am besten geschichtlich aufgearbeiteten Stadtteile, dank privater Initiative.

Nicht zuletzt hat Dieter Schmeil mit seiner 243 Seiten umfassenden „Chronik Dölau“ den Grundstein dafür gelegt. Zusammen mit den Dölauer Heften und der Internetseite halle-doelau.de, die von Bernd Wolfermann betrieben wird, lässt sich nicht nur die große Historie des kleinen Stadtteils rekonstruieren, sondern werden auch die kleinen Sagen lebendig, die das Leben der Einwohner mit geprägt haben.

Akten mit unzähligen Aufzeichnungen aus der Gemeinde

Die Wege, auf denen die Hobby-Historiker zu ihren Geschichten kommen, sind ganz unterschiedlich. Viel Wissen stammt von den Erzählungen ihrer Vorfahren, aber auch Nachbarn und Verwandte haben daran Anteil. „Für meine Chronik habe ich die Hälfte der Fotos von einem Nachbarn bekommen, der sie auf dem Dachboden gefunden hatte“, sagt Dieter Schmeil. Auch Akten mit unzähligen Aufzeichnungen aus der Gemeinde habe er durch eine Cousine erhalten: ein kostbarer Schatz. „Ich habe vor dem Tod meines Vaters mit ihm Tonbandprotokolle aufgenommen, um das Wissen über damals zu erhalten“, fügt Bernd Wolfermann hinzu.

Die beiden Männer sind bereits Rentner und haben Zeit, sich ausgiebig mit ihrem Hobby zu beschäftigen. Denn wenn sie ein Foto bekommen oder von einer neuen Geschichte hören, dann beginnt für sie die eigentliche Arbeit. „Für so eine Recherche geht dann schon mal ein halbes Jahr ins Land“, sagt Bernd Wolferman. Denn dann führt der Weg in die Stadtarchive, es werden Bekannte befragt und alte Zeitungen gewälzt.

Das erste buddhistische Haus in Deutschland

Ein Beispiel für ihre Arbeit ist das Foto von einem Haus, das sich bis 1999 in der Dr.-Hans-Litten-Straße befand, dort wo heute ein Neubau steht. „Wir haben herausgefunden, dass es sich dabei um das erste buddhistische Haus in Deutschland gehandelt hat“, sagt Wolferman stolz. Aber nur dieser Fakt allein reicht den Hobby-Historikern nicht: So fanden sie heraus, dass im südlichen Teil der damaligen Triftstraße (heute Straßenabschnitt zwischen Alfred-Oelsner- und Otto-Kanning-Straße) Dr. Wolfgang Bohn ein Grundstück erwarb und 1910 dort ein Landhaus erbauen ließ. Es war als Wohn-, Treff- und Wirkungsstätte der Anhänger des Buddhismus geplant.

Vor seinem Haus hatte er sogar eine buddhistische Gedenksäule (Stupa) errichtet. Auch ein Artikel von einem Karl Seitenstücker in der buddhistischen Zeitschrift „Buddhistische Warte“ von 1911 unter der Überschrift: „Eine buddhistische Votivstätte im Herzen Deutschlands“ fand sich in den Archiven. Auch, dass am 18. August 1912 Wolfgang Bohn in seinem Dölauer Haus den „Bund für das buddhistische Leben“ gründete, wissen die Ortshistoriker. Dieser Bund war ein Zweig der „Internationalen Mahabodhi-Gesellschaft.“ Ziel sei die Zentralisierung der buddhistischen Bewegung gewesen.

Dachbodenfunde geben immer wieder Stoff für Recherchen

Aber nicht nur solche wichtigen Dachbodenfunde geben den Geschichtsbegeisterten immer wieder Stoff für ihre Recherchen. Vieles aus der neueren Vergangenheit haben sie als Zeitzeugen selbst erlebt. „Früher sind wir alle noch zusammen in Dölau zur Schule gegangen“, erinnert sich Dieter Schmeil. Heute sei das anders: „Da gehen sie nur noch zusammen in die Grundschule und danach sind die Kinder in Halle verstreut.“ Ein richtiges Zusammengehörigkeitsgefühl könne so nicht mehr entstehen.

Dieter Schmeil weiß, wovon er spricht: Der 82-Jährige ist Ur-Dölauer. Als solcher kennt er hier nicht nur fast jeden, sondern auch Dölau, wie es früher war. Sein Elternhaus im Ernst-von-Harnack-Hof etwa war einst das Betriebsgelände der Firma Baensch - Schamott und Porzellan. Anfang der 30er Jahre ging das Unternehmen pleite, und so wurden auf dem Gelände Wohnhäuser gebaut. Auch das 1936 vom Großvater gebaute Haus, in dem Schmeil geboren wurde und heute mit Frau und Sohn wohnt, gehört dazu.

Und auch der Enkel ist in Dölau geblieben - hat ein Haus gebaut. „Ich achte darauf, dass alle hierbleiben“, sagt Schmeil und lacht.