Stadtteil Böllberg/Wörmlitz Stadtteil Böllberg/Wörmlitz: Ehemalige Fischerdörfer entlang der Saale

Halle (Saale) - Heißt es nun Böllberg/Wörmlitz, wie die offizielle Schreibweise der Stadt lautet oder doch Wörmlitz/Böllberg, wie viele Bewohner des Viertels meinen? Eine Frage, die sich kaum beantworten lässt. Die beiden ehemaligen Fischerdörfer Böllberg und Wörmlitz sind aber mit den Jahren zusammengewachsen. Was nicht nur an der geografischen Begrenzung durch die Saale und den Böllberger Weg liegt.
Halle hat mehr als 60 Stadtteile, Viertel und Stadtquartiere. Wir stellen alle
vor: heute Böllberg/Wörmlitz.
Erst durch den DDR-Plattenbauboom nach 1970 rückte die Stadt Halle unaufhaltbar an die beiden Dörfer heran. Genau in dieser Zeit zog auch Klaus König mit seiner Familie in das Viertel. „Wir zogen 1975 in eine Wohnung in einen der neu gebauten Blöcke“, sagt er. Noch heute wohnt der 74-Jährige mit seiner Frau Christel dort. Bekannt ist er in Wörmlitz und Böllberg vor allem durch sein Engagement in der evangelischen Gemeinde.
Kirchenmitglieder retteten die Gemeinde
Als König mit seiner Familie in das Viertel zog, da war von der evangelischen Gemeinde nur noch wenig übrig. „Um neue Gemeindemitglieder zu gewinnen, sind wir mit dem damaligen Pfarrer Christoph Lemme vor allem in dem neuen Neubaugebiet von Tür zu Tür gegangen und haben um Mitglieder geworben“, sagt der Diplomingenieur für Wasserwirtschaft. Das war nicht immer einfach, aber es lohnte sich: Mehr als 1.300 Mitglieder zählte die Gemeinde danach.
Die neuen Mitglieder retteten die Gemeinde, auch wenn sich viele der alten Wörmlitzer anfangs etwas zurückgesetzt fühlten. „Wir haben die Gemeinde mit Steinen und Menschen aufgebaut“, sagt er. Denn neue Gemeindemitglieder zu finden, dass war die eine Hälfte der Aufgabe: Das Pfarrhaus war in einem schlechten Zustand und in den beiden Kirchen aus dem 12. Jahrhundert Stankt Nikolaus in Böllberg und Sankt Petrus in Wörmlitz musste auch ordentlich angepackt werden. „Zudem war das Gemeindehaus nur eine alte Scheune mit einem kleinen Raum, wo wir uns treffen konnten“, erinnert sich König.
Bewohner des Viertels können auf eine lange Tradition zurückblicken
Die Bewohner des Viertels können auf eine lange Tradition zurückblicken: Trotz der Nähe zur Altstadt von Halle werden die Dörfer erst im Hochmittelalter erstmals erwähnt. So hieß Böllberg um 1272 noch Belberge. Wörmlitz wurde erstmals um das Jahr 1121 als Wurmelice erwähnt. Böllberg und Wörmlitz gehörten damals zum Amt Giebichenstein im Saalkreis des Erzstifts Magdeburg. 1680 kam der Saalkreis und mit ihm die beiden Orte zum Herzogtum Magdeburg hinzu.
Mit dem Frieden von Tilsit wurden Böllberg und Wörmlitz im Jahr 1807 dem Königreich Westphalen angegliedert und dem Distrikt Halle zugeordnet. Nach dem Wiener Kongress 1815 wurden Böllberg und Wörmlitz im Jahr 1816 dem Regierungsbezirk Merseburg der preußischen Provinz Sachsen angeschlossen und dem Saalkreis zugeordnet. Um 1920 wurden die Dörfer zur Gemeinde Wörmlitz-Böllberg zusammengeschlossen, die am 1. Juli 1950 eingemeindet wurde.
Geldgeber aus der Schweiz gaben 550.000 Schweizer Franken
Das war für Klaus König nur Nebensache. Wichtiger war die Arbeit an den beiden Kirchen und dem Gemeindezentrum. „Mit viel Glück konnten wir Geldgeber aus der Schweiz gewinnen, die uns 550.000 Schweizer Franken für den Bau gaben“, sagt König. Dadurch konnte auf dem Grund der alten Scheune in Wörmlitz, in der die Gemeindetreffen stattfanden, bis 1982 das noch heute bestehende Gemeindezentrum gebaut werden.
Viel planerische und auch körperliche Arbeit liegt hinter den Gemeindemitgliedern.
1967 fraß ein Feuer alle Bänke, Reliefs und Sitze im Innern der Kirche Wörmlitz
„Damals konnten die Gottesdienste nur in der Kirche in Böllberg abgehalten werden“, erinnert sich König, der damals bereits im Gemeindekirchenrat aktiv war. Grund: 1967 fraß ein Feuer alle Bänke, Reliefs und Sitze im Innern der Kirche. Nur Teile des steinernen Altars, der Taufstein und das Epitaph an der Nordwand blieben unbeschadet. Erst seit 1994 erfolgte schrittweise der Wiederaufbau. „Alles begann mit dem Dach“, sagt König. Damals seien bei einem Sturm Ziegel herabgefallen. Verletzt wurde niemand, aber König wollte die Verantwortung nicht tragen, falls etwas passiert.
„Anfang 1995 konnten wir die Kirche wieder in Betrieb nehmen“, sagt König stolz. Erste Konzerte wurden veranstaltet und nach und nach kamen neue Fenster, der Turm wurde saniert, ein Tonnengewölbe wurde eingezogen und durch eine Schenkung aus Erfurt bekam man 2011 eine neue Orgel. „Wir planen aber noch mehr“, sagt König. Derzeit verzögert sich die Planung, da nicht klar ist, ob die Seitenwände das Dach halten. Große Riss zeugen von dem Problem, von dem niemand weiß, wann es genau begann. „Wir haben die Wände mit zwei großen Holzkonstruktionen von außen gesichert“, so König.
Nach der Wende schrumpfte die Gemeinde auf heute 600 Mitglieder. „Viele sind gestorben oder weggezogen“, sagt König. Der Zusammenhalt aber sei immer noch sehr stark. „Viele junge Leute, die neu nach Wörmlitz oder Böllberg gezogen sind, engagieren sich nun in der Gemeinde“, sagt König. Und das ist auch wichtig, denn gerade die Kirche in Wörmlitz bedeutet noch einiges an Arbeit.