+++ Liveticker Stadtrat Halle +++ OB Vogt im Stadtrat: „Wir haben Geld gefunden“
Das höchste politische Gremium der Stadt tagt an diesem Mittwoch im Festsaal des Stadthauses. Die Sitzung begann mit einem sehr emotionalen Moment.

Halle (Saale)/MZ. - Der hallesche Stadtrat tagt an diesem Mittwoch ab 14 Uhr im Stadthaus am Marktplatz. Auf der Tagesordnung stehen unter anderem Beschlüsse zu einem Bebauungsplan für die Erweiterung des Havag-Betriebshofs, ein Antrag der AfD, die Deutschlandflaggen vor allen städtischen Gebäuden hissen lassen möchte und eine Debatte über die Verwaltungsreform von Oberbürgermeister Alexander Vogt (parteilos).
14.05 Uhr: Sitzungsbeginn
Mit einer emotionalen Schweigeminute hat die Plenumssitzung an diesem Mittwoch begonnen. Alle Räte, die Mitglieder der Stadtverwaltung, die Presse und die Besucher im Zuschauerraum erhoben sich von Ihren Plätzen und gedachten dem am Montag plötzlich und unerwartet gestorbenen Stadtrat Tom Wolter (Volt/Mitbürger). Er wurde 56 Jahre alt.
„Wir verlieren ein politisches Unikat und einen energiegeladenen Kunstschaffenden“, sagte Ratsvorsitzender Jan Riedel (CDU). Tom Wolter sei ein Rat gewesen, der häufig den Finger in die Wunde gelegt habe. Seit 2006 war er Ratsmitglied, zuletzt Vorsitzender der Fraktion Volt/Mitbürger und in den vergangenen fast 20 Jahren Mitglied in insgesamt elf Ausschüssen.
Nach der Schweigeminute legen viele Räte Blumen auf dem Platz von Wolter, der bei der heutigen Sitzung ansonsten leer bleibt. Einige haben Tränen in den Augen.
14.15 Uhr: Klimaaktivist stellt Vogt zur Rede
Im Rahmen der Einwohnerfragestunde, die am Anfang jeder Ratssitzung stattfindet, trat auch der hallesche Fridays-for-Future-Sprecher Ole Horn ans Rednermikrofon. Er warf OB Vogt vor, sein Wahlversprechen gebrochen zu haben, weil er das Dienstleistungszentrum Klimaschutz degradiert habe. „Im Wahlkampf hatten Sie noch versprochen, das Dienstleistungszentrum zu stärken", sagte Horn.
Vogt antwortete, dass er „Feinjustierungen“ in der Struktur der Stadtverwaltung vorgenommen habe. Für mehr Effizienz. Das Dienstleistungszentrum sei auch nicht degradiert worden, sondern sogar gestärkt. Als Teil des Fachbereiches Umwelt und Stadtentwicklung sei das Team Klimaschutz nun viel näher an den Stellen, wo man etwas umsetzen könne.
Horn sagte, dass Klimaschutz ein übergreifendes Thema sei, dass nicht nur einzelne Fachbereiche betreffe.
Vogt antwortete, dass er keine Kommune kenne, in der es ein eigenes Dienstleistungszentrum für Klimaschutz gebe.
14:30 Uhr: Petition gegen Jugendeinrichtung in Halle-Ost
Eine Anwohnerin aus Reideburg im halleschen Osten sprach die umstrittene neue Kinder- und Jugendeinrichtung an, die in ihrem Stadtteil eingerichtet werden soll. „Wir haben sehr viele Fragen“, sagte sie. Beispielsweise bestünden Sorgen wegen der Umnutzung des Gebäudes und ob eine Gebietsverträglichkeitsprüfung gemacht worden sei.
Katharina Brederlow (SPD), Beigeordnete für Bildung und Soziales, antwortete, dass die Landesbehörden die Einrichtung genehmigen würden. Eine Gebietsverträglichkeitsprüfung sei nicht notwendig, weil das Gebäude nicht umgenutzt werde. Die Kinder und Jugendlichen würden schließlich dort wohnen.

Nach ihrem Redebeitrag übergab die Reideburgerin eine Petition mit 397 Unterschriften an den OB.
14.40 Uhr: Keine „Brandmauer“ mehr in Halle?
Ein junger Mann aus dem Publikum fragte OB Vogt, ob er nicht befürchte, die als rechtsextremistisch eingestufte AfD zu „normalisieren“, wenn er öffentlich sage, mit allen Ratsfraktionen zusammenarbeiten zu wollen, auch mit der AfD.
Vogt antwortete, dass er mit allen Fraktionen zusammenarbeite - auch mit der AfD - solange es kein AfD-Verbot gebe. Er habe „rote Linien“ formuliert, an die sich die AfD halten müsse. Ansonsten werde er die Zusammenarbeit beenden. Überschritten sei die rote Linie beispielsweise, wenn die AfD sich rassistisch äußere.
Auf kommunaler Ebene sei der Stadtrat auch kein verfassungsgebendes Organ. „Wir machen keine Migrationspolitik“, sagte Vogt.
14.50 Uhr: Beziehung zu Halles russischer Partnerstadt Ufa
Ein Einwohner fragte, ob etwas dagegen spreche, die Städtepartnerschaft mit Ufa (Russland) wieder aufzunehmen, die seit Beginn des Krieges in der Ukraine auf Eis gelegt wurde.
OB Vogt sagte, dass die Stadt ein Stück weit an die geopolitische Dynamik gebunden sei. Um die Städtepartnerschaft wieder aufleben zu lassen, bedürfe es eines klaren Zeichens der Bundesregierung. Solange es das nicht gibt, werde er nicht vorpreschen. Außerdem sei das ein Thema, das im Stadtrat diskutiert werden müsse und nicht von ihm alleine entschieden werden solle.
15.05 Uhr: Warum hat Vogt „Demokratie“ aus der Verwaltung gestrichen?
Bei der heutigen Sitzung hat die SPD-Fraktion eine sogenannte aktuelle Stunde beantragt. Unter dem Titel „Worte kann man streichen – Verantwortung nicht. Demokratieförderung und Klimaschutz bleiben Kernaufgaben“ soll sich das Plenum mit der Verwaltungsreform befassen, die OB Vogt umgesetzt hat.
Der OB steht in der Kritik, weil er unter anderem das Dienstleistungszentrum Klimaschutz aus dem Fachbereich OB herausgelöst hat und vor allem weil er das Dienstleistungszentrum Migration und Demokratie praktisch aufgelöst hat. Der Begriff „Demokratie“ wurde aus dem Titel gestrichen.
„Es wirkt fast so, als hätte man bei der Verwaltungsreform gesagt: 'Klimaschutz? Demokratie? Klar, machen wir weiter – aber bitte mit weniger Sichtbarkeit, weniger Titel, und idealerweise in einem Nebensatz versteckt'“, sagte SPD-Fraktionsvorsitzender Eric Eigendorf. Die Aufgaben Klimaschutz und Demokratieförderung müssten – unabhängig von ihrer organisatorischen Verankerung – sichtbar und politisch priorisiert bleiben.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Melanie Ranft sagte, dass es ein wichtiger Unterschied sei, ob ein Dienstleistungszentrum direkt im Fachbereich des Oberbürgermeisters angedockt sei, oder an einer weniger prominenten Stelle in der Stadtverwaltung.
Vogt sagte, Klimaschutz und auch Demokratie seien ihm sehr wichtig. Er verstehe die komplette Stadtverwaltung als eine Art Dienstleistungszentrum für die Bevölkerung. Seine neue Verwaltungsstruktur mache die Stadt effizienter und sei angelehnt an die Strukturen in den Verwaltungen anderer großer Städte.
Deutliche Worte fand die Linken-Fraktionsvorsitzende Katja Müller. „Zeigen Sie Haltung, Herr Vogt und flattern Sie nicht wie ein Blättchen im Wind“, sagte sie. Vogt habe im Wahlkampf viele Versprechungen gemacht und müsse sich nun daran messen lassen, wie er die umsetze.
Die „aktuelle Stunde“ endete mit einem Redebeitrag des Mitbürger-Stadtrates Detlef Wend, der alle Räte daran erinnerte, dass man miteinander reden müsse. Die Polarisierung zwischen einzelnen Gruppen schade der Stadt und der Demokratie.
16.05 Uhr: Vogt: „Wir haben Geld gefunden“
Es folgte der „Bericht des Oberbürgermeisters“, bei dem Vogt mit einer ungewöhnichen Aussage für eine kleine Überraschung sorgte.
Zuerst erklärte der OB, wie aus seiner Sicht die schlechte Finanzlage der Stadt zustande gekommen ist. Der Landesrechnungshof habe es bestätigt: Halle habe von allen Kommunen in Sachsen-Anhalt den höchsten Schuldenberg. Durch Kinderarmut und Gewalt in Elternhäusern müsse die Stadt außergewöhnlich viel Geld für „Hilfen zur Erziehung“ ausgeben. Außerdem gebe es einen hohen Fehlbetrag aus früheren Haushaltsjahren.
Im Jahr 2025 käme noch hinzu, dass die Gewerbesteuereinnahmen geringer ausfallen, ebenso die Umsatz-, Grund- und Einkommenssteuer. Gleichzeitig müsse die Stadt mehr Zinsen bezahlen und die Kosten für den ÖPNV und die Kita seien gestiegen.
Laut Vogt müsse es ein „Umdenken“ geben. Sonst sehe es in wenigen Jahren sehr schlecht aus für Halle.
Aber er hatte „gute Nachrichten“, wie er sagte: „Wir haben Geld gefunden.“ Die Landesregierung habe einen sogenannten Ausgleichsstock zur Verfügung gestellt, den Kommunen beantragen können, die in finanzielle Schieflage geraten sind. Das habe Halle bislang noch nicht beantragt. Bis zu 40 Millionen Euro seien verfügbar. Man müsse nur nachweisen, dass man „überdurchschnittlich“ spart, dann habe man Anspruch auf das Geld.
Was genau es bedeute, „überdurchschnittlich“ zu sparen, ist unklar. Vogt las vor, was in einem Dokument des Landes steht: Man könne beispielsweise die Gewerbe- und Grundsteuerhebesätze erhöhen und gleichzeitig die „freiwilligen Ausgaben“ der Stadt reduzieren.
Vogt appellierte an die Stadträte: „Ich wünsche mir, dass wir gemeinsam arbeiten. Von ganzem Herzen. Wir kriegen das hin.“
16.30 Uhr: Vogt freut sich über Zukunftszentrum
Nachdem Vogt im Schnelldurchlauf einige der Themen aus den vergangenen Wochen Revue passieren gelassen hatte (beispielsweise die Ernennung des neuen Händelhaus-Direktors, Fördermittel für eine moderne Kläranlage oder der Besuch einer Delegation aus der israelischen Stadt Haifa), sprach er auch den Entwurf für das Zukunftszentrum an, der am Mittwochmorgen in der Händelhalle präsentiert worden war.
„Ich bin begeistert. Das ist genau das Richtige für Halle“, sagte Vogt. Wenn er in der Jury gewesen wäre, hätte er sich auch für dieses Modell entschieden.
16.40 Uhr: Pause
Nach mehr als zweieinhalb Stunden Sitzung rief Ratsvorsitzender Riedel die erste große Pause aus. Um kurz nach 17 Uhr soll es wieder weitergehen.
17.05 Uhr: Neuer Caravanstellplatz
Nach der Pause ging es weiter mit einem Beschluss zum neuen Caravanstellplatz am Sandanger. Die Stadträte stimmten zu, dass die Stadtverwaltung mit der städtischen Entwicklungsgsesellschaft EVG einen Vertrag schließen soll, damit die EVG die Entwicklung des Caravanstellplatzes vorantreiten kann. Rund 70 Stellplätze sollen auf dem ehemaligen HFC-Nachwuchsgelände zwischen Neustadt und Altstadt gebaut werden.
17.15 Uhr: Havag-Betriebshof soll erweitert werden
Eine Grundsatzdebatte über die Sinnhaftigkeit von Elektrobussen entstand vor dem Beschluss, einen Bebauungsplan für die Erweiterung des Havag-Betriebshofs aufzustellen.
Die AfD sprach sich gegen die Erweiterung des Betriebshofes und auch gegen die Anschaffung neuer E-Busse aus. Das Stromnetz sei sehr sensibel und anfällig für Sabotage. Man solle sich deshalb nicht auf diese Technologie versteifen.
„Die Zukunft der Mobilität ist die E-Mobilität“, sagte Grünen-Rätin Annette Kreutzfeldt. Den Betriebshof zu erweitern sein sehr sinnvoll, das habe auch der Havag-Vorstand in den vergangenen Wochen mehrfach erklärt.
Mit großer Mehrheit stimmte der Stadtrat der Aufstellung des Bebauungsplans zu.
17.30 Uhr: Mehr Straßenlampen für Heide-Nord?
Ein Antrag der AfD-Fraktion wurde abgelehnt, die eine bessere Straßenbeleuchtung für den äußeren Straßenring in Heide-Nord prüfen lassen wollte. Der Hintergrund war die Brandserie, die es Anfang des Jahres in dem Stadtteil gab. Die Polizei hatte damals Anwohnern geraten, ihre Autos lieber an gut beleuchteten Stellen zu parken - nicht am äußeren Straßenring.
Die Stadtverwaltung verwies darauf, dass die Laternen in Heide-Nord "ausreichend“ seien und man der Straßenverkehrssicherungspflicht nachkommt.
17.45 Uhr: Stadt soll neue Unterkünfte für Azubis prüfen
Der Stadtrat hat die Verwaltung beauftragt, den Bedarf an Unterkünften für Azubis zu ermitteln und zu prüfen, wie zusätzliche Kapazitäten in der Stadt geschaffen werden können. In Halle fehlen mutmaßlich hunderte Wohnheimplätze.
Vertagt wurde ein Antrag, eine KI-Strategie für die Stadt zu erarbeiten. Das Thema soll im Mai erneut aufgerufen werden.
18 Uhr: AfD will Deutschlandflaggen vor allen Gebäuden der Stadt
Die AfD möchte beschließen lassen, dass an allen Dienstgebäude und Liegenschaften der Stadt Halle, die einen Fahnenmast haben, ganzjährig die deutsche Nationalflagge gehisst ist.
„Die Nationalflagge ist ein Symbol des gesellschaftlichen Zusammenhaltes im Staat Deutschland. Dieses Symbol soll stärkere Wahrnehmung im öffentlichen Raum erfahren, wozu eine dauerhafte Beflaggung aller städtischen Gebäude, geeignet erscheint“, heißt es in der Begründung zum Antrag.
Abgestimmt wurde darüber jedoch noch nicht. Das Thema soll im Mai zuerst noch im Hauptausschuss diskutiert werden.
18.15 Uhr: Themen für die nächsten Monate
In kurzer Folge haben die Räte nun Themen angesprochen, die in den nächsten zwei Monaten in den Fachausschüssen der Stadt beraten werden sollen. Unter anderem geht es um die Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs, eine Überarbeitung der städtischen Baumfälliste und die Prüfung der Einrichtung eines städtischen Friedwaldes.
18.16 Uhr: Vergnügungssteuer abschaffen?
Die Fraktion Volt/Mitbürger schlägt vor, die Vergnügungssteuer für Tanzveranstaltungen in Halle abzuschaffen. Der bürokratische Aufwand für die Stadtverwaltung und für die Anbieter von Tanzveranstaltungen sei sehr hoch, gleichzeitig sei der finanzielle Ertrag für die Stadtkasse aber gering.
OB Vogt, der im Wahlkampf selbst noch damit geworben hatte, die Vergnügungssteuer für Clubs in Halle abschaffen zu wollen, scheint bei dem Thema inzwischen eine andere Meinung zu haben. Wenn die Stadt Geldprobleme habe, sei es schwierig, Einnahmequellen zu schließen. Deshalb lehne die Verwaltung den Vorschlag ab.
Eine Abstimmung gab es an diesem Mittwoch noch nicht. Im Mai soll das Thema erneut auf die Tagesordnung gehoben werden.
18.20 Uhr: Sperrung der Kleinen Ulrichstraße soll bald kommen
Die Stadtverwaltung arbeite daran, die angekündigte Sperrung der Kleinen Ulrichstraße für den Durchgangsverkehr möglichst bald durchzuführen. Das berichtete OB Vogt auf eine Anfrage von SPD-Mann Eigendorf.
Man habe das Thema schon vor einigen Jahren diskutiert. Seit dem Bürgerentscheid gegen das Konzept zur autofreien Altstadt habe das allerdings auf Eis gelegen, sagte René Rebenstorf, Beigeordneter für Stadtentwicklung, Umwelt und Sicherheit. Er wolle im Mai bei einer Ausschusssitzung die Detailpläne präsentieren.
18.45 Uhr: Öffentlicher Teil der Sitzung beendet
Nachdem noch ein paar kurze Fragen von Räten - meist zu eher technischen Themen - beantwortet wurden, ist nun der öffentliche Teil der Sitzung beendet.
Der Liveticker endet an dieser Stelle. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.