1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Stadtgottesacker: Stadtgottesacker: Das schönste Grab in ganz Halle

Stadtgottesacker Stadtgottesacker: Das schönste Grab in ganz Halle

Von Silvia Zöller 21.11.2013, 20:59
Der Berliner Künstler Hans Dammann hat die Frauenplastik geschaffen, die auf dem Stadtgottesacker zu sehen ist.
Der Berliner Künstler Hans Dammann hat die Frauenplastik geschaffen, die auf dem Stadtgottesacker zu sehen ist. Thomas Meinicke Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Zum Totensonntag führt der Weg für viele auf einen Friedhof, um der Verstorbenen zu gedenken. Wer den Stadtgottesacker betritt, dessen Blick wird auf alle Fälle aber auch auf ein besonders Grab gelenkt: Das von Friedrich („Fritz“) Gustav von Bramann, der 1913 hier beerdigt wurde. Es ist das vermutlich schönste Grab von Halle. Die lebensgroße Skulptur einer trauernden Frauengestalt schmiegt sich an ein großes Marmorkreuz - das Motiv wurde schon von Generationen von Fotografen entdeckt.

Warum das Grab so besonders ist, dafür hat der halleschen Mediziner Winfried Burkert eine Erklärung: „Wir vermuten, dass Kaiser Wilhelm II. das Grab mit der Skulptur anfertigen ließ.“ Denn, so die Recherchen des Autors eines Buches über von Bramann, ungewöhnlicherweise stand die Skulptur schon während der Beerdigung. Das könne der Enkel des Verstorbenen, Helmut von Bramann, mit Gewissheit sagen - er hatte Burkert auch Unterlagen für sein Buch zur Verfügung gestellt. Ein Foto, dass das belegt, existiert dagegen aber nicht.

Der Kaiser, so die Vermutung Burkerts, wollte damit dem Lebensretter seines Vaters ein Denkmal setzen. Denn Bramann hatte 1888 den an Kehlkopfkrebs erkrankten Kronprinz Friedrich durch einen Luftröhrenschnitt vor dem Erstickungstod bewahrt und ihm so die Thronbesteigung ermöglicht - ein damals sehr riskanter Eingriff. Aus Dankbarkeit erhob Wilhelm den jungen Assistenzarzt in den erblichen Adel und verschaffte ihm die Leitungsstelle in der halleschen Uniklinik.

„Die Witwe von Bramann war mit Sicherheit nicht so vermögend, dass sie ein so aufwendiges Grab hätte finanzieren können“, ist sich der ehemalige Direktor der neurochirurgischen Uniklinik Burkert sicher. Denn in der Tat ist die Skulptur ein Künstlerwerk, wie Walter Müller vom halleschen Verein für Friedhofskultur weiß: „Sie wurde von Hans Dammann aus Grunewald hergestellt.“ Der Berliner Bildhauer hat sich auch im Sockel verewigt. Allerdings: Die hallesche Skulptur sei nicht im Werkverzeichnis von Dammann aufgelistet, hat Walter Müller herausgefunden.

Dammann (1867-1942) war einer der ganz Großen seiner Zeit. Seine Werke wurden jährlich auf der Großen Berliner Kunstausstellung gezeigt, er schuf zahllose Brunnen, Kriegerdenkmäler und auch rund 130 Grabdenkmäler. Auch Dammann wurde vom Kaiser ausgezeichnet: Er erhielt den Titel Professor für den „Durst-Brunnen“, der 1910 auf der Berliner Kunstausstellung gezeigt und 1914 in Bad Homburg vor der Höhe aufgestellt wurde.

„Die Plastik ist herausragend und beeindruckend“, sagt auch Sabine Meinel vom Landesamt für Denkmalpflege. Doch es gebe keine weitere wissenschaftliche Forschungsarbeit zu der Grabstelle auf dem Stadtgottesacker - nur zu dem Friedhof allgemein.