Spiele-App Pokémon Go Spiele-App Pokémon Go: Halle im Monsterwahn

Halle (Saale) - Neben dem Pferd unter der Giebichensteinbrücke stehen knapp 30 Personen in Grüppchen und scheinen auf etwas zu warten. Gut die Hälfte starrt auf ihre Smartphones, um mit einem Kampf in der virtuellen Arena die Wartezeit zu überbrücken. Noch weiß niemand, wann die gemeinschaftliche Jagd auf Pokemon beginnt. Philipp und seine Freunde nehmen zum ersten Mal an einem solchen Lockmodul-Treffen teil.
Auf die Frage, was der Reiz an Pokémon Go, dem Spielphänomen des Jahres, sei, antwortet der 20-Jährige: „Dadurch ist Laufen nicht so langweilig.“ Der Grundschullehramtsstudent sieht auch einen sozialen Aspekt darin. „Man kann sich mit Freunden zum Spazierengehen verabreden.“ Ob das zuvor nicht möglich war? Sein Freund neben ihm lacht. „Eigentlich ist es ein gemeinsames aufs Handy starren“, erklärt der Chemietechnikstudent. „Klingt schon echt peinlich, aber es macht halt Spaß“, gibt Philipp zu.
Alter von 18 bis 23 Jahren
Plötzlich stoßen noch mehr Menschen dazu, die meisten im Alter von 18 bis 23 Jahren. Unter ihnen die Organisatorin des Treffens, Cindy Lohmann. Dank ihr hat sich diese Pokétrainer-Armada aus mittlerweile fast 80 Personen versammelt, die jetzt etwas leidenschaftslos auf ihre Displays starren und nur widerwillig Lohmanns Ansprache lauschen.
„Wir gehen jetzt ein Stück die Saale entlang und suchen uns einen guten Spot, um Lockmodule zu platzieren“, sagt die 24-Jährige. Bis zu den hinteren Reihen reicht ihre zaghafte Stimme nicht, dennoch setzt sich der Trupp langsam in Bewegung. Laut Lohmann soll Pokémon Go die Menschen verbinden. Viel Kommunikation findet auf diesem Lockmodultreffen allerdings nicht statt.
Seltenes Pokémon anlocken
Dafür erhofft sich jeder den Fund eines seltenen Pokémons. „Je mehr Menschen sich versammeln, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein seltenes Pokémon angelockt wird“, erklärt Lohmann. Am Riveufer, auf der Wiese neben dem Felsenpavillon, kommt der Trupp zum Stehen. Die Lockmodule werden platziert, die Spieler setzen sich stumm in das Gras.
Einer von ihnen ist der Lebensmitteltechiker Max. Er spielt nicht mehr mit angeschalteter Kamera, denn die Augmented Reality verkürzt die Lebenszeit des Akkus enorm. Nach kurzer Zeit hängt sich die App auf. Max flucht. Noch immer sind die Server überlastet, viele Funktionen laufen noch nicht so, wie sie sollten. Die soziale Ader des Spiels hat er noch nicht erlebt. „Ich habe keinen bisher dank Pokémon Go kennengelernt. Meist sitzt man nur stumm vor seinem Telefon.“
Ein Quapsel!
Wenige Meter neben ihm löst sich ein Augenpaar vom leuchtenden Display. „Mir geht es anders, wir sind bereits elf Leute, die sich treffen und gemeinsam Pokémon jagen gehen“, widerspricht ihm der 21-jährige Oliver. In Olivers Schoß liegt noch ein zweites Handy samt tragbarer Ladestation. „Auf dem Einen fange ich die Pokémons, auf dem Anderen spiele ich weiter.“ Vor ihm ruft plötzlich Laura: „Juchu! Ein Quapsel!“ Die 18-Jährige hat soeben ein Wasserpokémon gefangen. Raunen geht durch die Reihen der Spieler, nach und nach taucht das kaulquappenähnliche Wesen auch auf ihren Displays auf.
Auf Max’ Telefon lässt sich die App noch immer nicht starten. Für ihn gibt es heute kein Quapsel. „Ich hoffe, dass die Entwickler bald dem hohen Andrang nachkommen und bessere Server bereitstellen“, sagt er. Am 1. August soll das Update herauskommen. Die App wird dazu für mehrere Stunden abgeschaltet -wahrscheinlich ein kalter Entzug für die begeisterten Spieler. (mz)