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Sperrzone für Zigaretten Sperrzone für Zigaretten: Erstes Nichtraucher-Haus Deutschlands in Halle ist fertig

Von Michael Falgowski 17.04.2016, 20:23
Bestimmt die letzte Zigarette! Denn hinter diesen Mauern haben Raucher keine Chance mehr.
Bestimmt die letzte Zigarette! Denn hinter diesen Mauern haben Raucher keine Chance mehr. Günter Bauer

Halle (Saale) - Jede der 33 Wohnungen in den beiden neuen Mietshäusern am Schwalbenweg in Halle trägt den Namen einer Schwalbenart: Uferschwalbe, Felsenschwalbe und so weiter. So sieht es das Gestaltungskonzept des Neubauprojekts „Schwalbennest“ netterweise vor.

Einen Wohnungsnamen indes sucht man vergebens: Rauchschwalbe. „Das hätte irgendwie nicht gepasst“, sagt lachend Susanne Rackwitz, Prokuristin der kleinen Wohnungsgenossenschaft (WG) Halle-Süd, die jetzt Deutschlands erste Nichtraucherwohnanlage gebaut hat.

Kündigung bei Missachtung des Rauchverbots

Auf die „Rauchschwalbe“ zu verzichten, war aber kein Problem: Es gibt 83 Schwalbenarten! Ob sich der Nikotin-Verzicht in den Wohnungen als ebenso unproblematisch erweist? Ab Montag dieser Woche jedenfalls ziehen die Mieter in die beiden Häuser im Bauhausstil von Architekt Andreas Schauder ein.

Schon im Vorfeld hatte der Bau der ersten Häuser eines Vermieters in Deutschland, in denen ein totales Rauchverbot herrscht, bundesweit für Aufsehen gesorgt. Denn weder in der Wohnung noch auf dem Balkon darf im 5,6 Millionen Euro teuren „Schwalbennest“ geraucht werden. Dies ist im Mietvertrag festgelegt. Nach zweimaligem Verstoß soll sogar eine Kündigung des Mietvertrages möglich sein. Und auch die Besucher dürfen nicht rauchen, auch sie müssen auf ein „Raucherplätzchen“ ausweichen. Der ist natürlich auch schon da - außerhalb: Am Schwalbenweg steht der einzige Aschenbecher für 33 Wohnungen.

Gefragte Wohnungen

Das vertragliche Nikotinverbot klingt vielen nach Gesundheitsdiktatur. Und nach einem Eingriff in die Privatsphäre der eigenen vier Miet-Wände. Doch das Interesse war von Anfang an groß. Nur drei der fertigen 33 Wohnungen sind noch nicht fest vermietet. Susanne Rackwitz macht sich da keine Sorgen: „Als im Februar im Internet noch zwei Wohnungen inseriert waren, kamen innerhalb einer Stunde sechs Nachfragen. Außerdem gebe es wöchentlich mehrere Anfragen, ob noch Wohnungen frei sind“. „Es sind auch Leute dabei, die nicht explizit nach einer Nichtraucherwohnung gesucht haben, aber mit unserem Konzept kein Problem haben, sondern es gut finden.“

"Bald regt sich niemand mehr auf"

Entstanden ist die Idee vom Nichtraucher-Experiment vor Jahren bei der Suche nach einem umweltfreundlichen Konzept für diesen ersten Neubau der kleinen Wohnungsgenossenschaft Halle-Süd nach mehr als 85 Jahren. Wichtiger als der Nikotinverzicht ist diesbezüglich, dass im „Schwalbennest“ beispielsweise Erdwärme - acht Bohrungen in 143 Meter Meter Tiefe-, Photovoltaik auf dem Dach sowie eine Lüftungsanlage mit Wärmerückführung genutzt werden. „In dieser Kombination gibt es das in Halle bisher nicht“, so Rackwitz. Die Wärme aus der Rückgewinnung könne jeder Mieter selbst nutzen.

In der Praxis muss sich nun aber erweisen, ob nicht doch ein Mieter oder einer seiner Besucher irgendwann den Aschenbecher rausholt. Und was genau in diesem Fall geschieht. Hält die Nichtraucherklausel einer juristischen Überprüfung stand? Der Schutz des Mieters, auch des rauchenden, ist ein hohes Gut. „Ich glaube aber, in zehn Jahren regt sich darüber überhaupt niemand mehr auf“, sagt dazu Siegfried Ermer. Auch die Rechtsprechung werde sich weiterentwickeln. Der Chef des deutschlandweit aktiven Nichtraucher-Vereins „Pro rauchfrei“ hat das neue Projekt in Halle mitinitiiert.

Prokuristin Rackwitz denkt indes nicht, dass es zum Streit kommt - denn: „Alle haben sich als Nichtraucher ganz bewusst für eine Wohnung in unserer Anlage entschieden.“  (mz)