1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Spätverkauf in Halle: Spätverkauf in Halle: Droht dem nächtlichen Biereinkauf das Aus?

Spätverkauf in Halle Spätverkauf in Halle: Droht dem nächtlichen Biereinkauf das Aus?

Von Fabian Lamster 18.07.2016, 08:00
Tagsüber eher unauffällig sind die Spätis wie dieser in der Großen Ulrichstraße nachts willkommene Anlaufpunkte.
Tagsüber eher unauffällig sind die Spätis wie dieser in der Großen Ulrichstraße nachts willkommene Anlaufpunkte. Silvio Kison

Halle (Saale) - Zigaretten, belegte Brötchen oder das Bier für zwischendurch: Spätis erfreuen sich mit ihrem vielfältigen Angebot auch in Halle einer großen Beliebtheit. Besonders spätabends und sonntags schlägt ihre Stunde. Dann, wenn feierbegeisterte Hallenser und Schichtarbeiter sich mit Proviant für die Nacht eindecken, die meisten Supermärkte aber geschlossen haben. Am Samstagabend und Sonntag dürften von Gesetzes wegen auch die Spätis nicht öffnen, sonst drohen hohe Bußgelder. Theoretisch. Praktisch machen sie zu dieser Zeit ihren Hauptumsatz.

In Sachsen-Anhalt gilt: Sämtliche Ladengeschäfte dürfen montags bis freitags rund um die Uhr und am Samstag von 0 bis 20 Uhr öffnen. Jeder Verkaufsladen, der außerhalb dieser Zeiten öffnet, verstößt gegen das Gesetz. Ausnahmen gelten für Tankstellen oder Läden in Bahnhöfen. Nicht aber für Kioske und auch nicht für Spätis.

Eine ähnliche Gesetzeslage gilt auch in Sachsen. In Leipzig floriert seit vielen Jahren das Geschäft der Spätis. Doch in jüngster Vergangenheit kontrolliert das Ordnungsamt verschärft Spätverkäufe und stellt dabei Verstöße bei den Öffnungszeiten fest. Auslöser der Kontrollen waren Beschwerden wegen der überlangen Öffnungszeiten und zu hoher Lautstärke. Einige Ladenbesitzer haben aus dem neuen Kontrolldruck bereits Konsequenzen gezogen und schließen nun gesetzeskonform bereits um 22 Uhr und lassen ihr Geschäft am Sonntag ganz geschlossen – zum Ärger der Kunden. Eine Petition soll demnächst starten.

Stadt kennt keine Verstöße

Müssen Späti-Kunden in Halle auch bald auf ihre sonntägliche Einkaufsmöglichkeit verzichten? Bislang gilt in Halle das Motto, wo kein Kläger da kein Richter. Der Stadt Halle sind bisher offiziell keine Verstöße bekannt. Tobias Teschner, Sicherheitsleiter der Stadt sagt, „Spätverkaufsstellen in Halle müssen nicht mit einer Verschärfung rechnen.“ Zuletzt habe die Stadt im März 2015 eine Geldbuße wegen Verstoß gegen die Öffnungszeiten verhängt. Theoretisch kann dieser bis zu 15.000 Euro kosten. „Es ist nicht völlig auszuschließen, dass in Einzelfällen derartige Verstöße begangen wurden. Eine Duldung würde jedoch aktives Wissen von Verstößen voraussetzen. Hiervon kann keine Rede sein“, sagt Teschner.

Den Inhabern der Spätis kann die Zurückhaltung der Stadtverwaltung nur Recht sein. Ein Ladenbesitzer in der Richard-Wagner-Straße hält die momentanen gesetzlichen Vorgaben nämlich für unpraktikabel: „Ich passe meine Öffnungszeiten nach Umsatz und Jahreszeit an. Wenn abends viel los ist, lasse ich den Laden auch länger auf. Ich kann mir keine festen Öffnungszeiten leisten.“ Das sieht Mahir Oso, Sohn des Inhabers eines Spätverkaufs in der Großen Ulrichstraße, ähnlich: „Der Laden ist unser Job. Wir leben von den Spätverkaufen. Der Abend ist unsere Hauptverkaufszeit.“

Am Gesetzestext wird sich vorerst jedoch nichts ändern. Gerhard Gunkel, Sprecher des Wirtschaftsministeriums erklärt: „Es bestehe hierfür weder ein tatsächliches noch ein rechtliches Bedürfnis. Spätis seien wie alle anderen Verkaufsläden durch die bestehenden Gesetze rechtlich abgesichert. Sie könnten zusätzlich eine Gaststättenerlaubnis beantragen, mit der der Verkauf von Essen und Getränken ohne Sperrstunde möglich sei.

Keine Lösung für Spätis

Das hätte für Spätis allerdings einen Haken: Es dürfen dann nur „solche Waren verkauft werden, die in einer Schank- und Speisewirtschaft zu erhalten wären. Das übrige Warensortiment darf nicht zum Verkauf stehen. Dies muss durch geeignete Maßnahmen – gegebenenfalls durch Abdecken der Waren – deutlich gemacht werden“, erörtert Gunkel. Den Großteil ihres Angebots dürften Spätis dann also trotzdem nicht verkaufen. (mz)