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Sozialticket und Zwei-Minutentakt Sozialticket und Zwei-Minutentakt: Mit diesen fünf Maßnahmen soll Halle grüner fahren

Von Tanja Goldbecher 03.12.2019, 06:00
Was muss passieren, damit mehr Hallenser auf Bahnen und Busse umsteigen?
Was muss passieren, damit mehr Hallenser auf Bahnen und Busse umsteigen? Silvio Kison

Halle (Saale) - Rund 55 Millionen Menschen hat die Havag im vergangenen Jahr befördert. Doch wie können es noch mehr werden? Die Verwaltung hat dazu Vorschläge aus der Stadtpolitik aufgelistet und bewertet. Mit mehr Bus- und Bahnfahrern will die Stadt etwas gegen den Klimawandel tun. Bereits im Sommer hatte Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) angekündigt, alle Forderungen der Umweltbewegung „Fridays for Future“ zu übernehmen. Die Aktivisten fordern unter anderem einen kostenlosen Nahverkehr. Havag-Chef Vinzenz Schwarz hat im Bildungsausschuss am Donnerstagabend erklärt, was er von den vorgeschlagenen Maßnahmen hält. Eine Entscheidung im Stadtrat steht dazu noch aus.

Zehn-Minuten-Takt

Ein Vorschlag lautet, die Straßenbahnen tagsüber wieder alle zehn Minuten fahren zu lassen. Laut Havag-Chef Schwarz ist der aktuelle 15-Minuten-Takt lediglich als Sparmaßnahme eingeführt worden. „Mit einem Zehn-Minuten-Takt würde sich die Qualität unseres Nahverkehrs sehr erhöhen“, sagte er. Für Busse würde der Zehn-Minuten-Takt zwar nicht gelten, die Havag würde deren Fahrpläne jedoch an die Straßenbahnen anpassen.

Die zusätzlichen Kosten für die Stadt liegen bei 7,4 Millionen Euro pro Jahr. Zudem müsste die Havag 35 Millionen Euro in weitere Straßenbahnen investieren. Allerdings würde sich die Nutzung des Nahverkehrs laut einer Prognose der Verwaltung auch um 9,4 Prozent erhöhen – im Vergleich zu den anderen Vorschlägen ist das die höchste Steigerung. Schwarz befürwortete die Maßnahme.

Kostenloses Schülerticket

Rund 25.500 Schüler sollenzukünftig kostenfrei mit Bussen und Bahnen fahren dürfen. Die Einführung ist in drei Schritten ab dem kommenden Schuljahr vorgesehen. Die Kosten liegen bei etwa 7 Millionen Euro pro Jahr. Aktuell fahren rund 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen mit vergünstigten Tickets Busse und Straßenbahnen. Mit dem kostenlosen Schülerticket soll sich die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs insgesamt um fünf Prozent erhöhen. „Für uns hat das Schülerticket absolute Priorität“, sagte Katharina Brederlow, Beigeordnete für Bildung und Soziales. Die Verwaltung habe das Geld für den ersten Schritt der Einführung bereits im Haushalt 2020 eingeplant.

Wiener Modell

Halle soll sich die österreichische Hauptstadt zum Vorbild nehmen und ein 365-Euro-Ticket einführen, mit dem Kunden den Nahverkehr das ganze Jahr über nutzen können. Dieser Vorschlag würde die Stadt jährlich 13,5 Millionen Euro kosten. Die Nutzung des Nahverkehrs würde sich um etwa 3,6 Prozent erhöhen. Von diesem Vorschlag ist Schwarz nicht überzeugt: „In Wien wurde zunächst die Qualität des Nahverkehrs erhöht und erst danach das 365-Tage-Ticket eingeführt.“ Kritik an dem Vorschlag gab es auch von der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Melanie Ranft: „Das Ticket stellt keinen Anreiz für Gutverdienende dar.“ Bei der knappen Stadtkasse sei das kostenlose Schülerticket wichtiger.

Sozialticket

Alle Halle-Pass-Inhaber sollen für eine Havag-Monatskarte nur noch 35 Euro zahlen, der Preis für Abonnenten würde bei 30 Euro pro Monat liegen. Aktuell haben rund 37.000 Menschen Anspruch auf den Halle-Pass. Darunter befinden sich zum Beispiel Arbeitslose, finanziell schlecht gestellte Senioren und Asylbewerber. Die Nutzung des Nahverkehrs würde sich mit dem Ticket nur um 1,5 Prozent erhöhen, die Kosten liegen bei rund 3,2 Millionen Euro.

Unterstützung für das Sozialticket gab es von Dörte Jacobi (Die Partei): „Das Sozialticket bewegt sich preislich auf dem Niveau des 365-Euro-Tickets.“ Die Einführung solcher Tickets trage zur Klimawende bei. Havag-Chef Schwarz äußerte sich nicht explizit zu dem Ticket. „Ich bin froh, dass wir überhaupt über die Weiterentwicklung des öffentlichen Nahverkehrs diskutieren“, sagte er zur der Debatte.

Ticketfreier City-Tag

Die SPD hat vorgeschlagen, dass alle Bürger an Samstagen kostenlos Bus und Bahn fahren dürfen. Die Idee dahinter ist, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Mehr Menschen steigen auf den Nahverkehr um und zugleich wird der Innenstadthandel angekurbelt. Das Angebot soll zunächst für ein Jahr getestet werden. Die Havag rechnet damit, dass sich die Fahrgastzahl am Samstag um durchschnittlich 11,8 Prozent erhöhen würde – die Auswirkungen auf den öffentlichen Nahverkehr insgesamt liegen allerdings nur bei einem Plus von 0,6 Prozent. Die Kosten werden mit rund 6 Millionen Euro pro Jahr beziffert. Zugleich müssten die Preise für Abonnenten gesenkt werden. (mz)