"Rote Soße"-Chef vergreift sich im Ton Shitstorm gegen Pizzaria "Rote Soße"in Halle (Saale): Chef vergreift sich im Ton - Experte erklärt wie es besser geht

Halle (Saale) - Diesen Shitstorm wird der Inhaber der „Roten Soße“ Andrej Sikan wohl nicht so schnell vergessen: Hunderte User hatten vor wenigen Tagen im Internet zu einem Boykott der Pizzeria in der Großen Ulrichstraße Halle aufgerufen, drohten damit, das Lokal nie wieder zu besuchen.
Auslöser war ein unter Sikans Namen verfasster Kommentar auf der Facebookseite des Restaurants: Dort wurde ein Kunde, der nach einem Besuch eine schlechte Kritik hinterlassen hatte, als „Idiot“ beschimpft, der „in den Pizzaofen gehöre“.
Experte für Krisenkommunikation: Pizzateam von „Rote Soße“ in Halle (Saale) hat sich heftige Empörungswelle selbst eingebrockt
Eine unsachliche Reaktion, die den Shitstorm - neudeutsch für massenhafte Kritik in sozialen Medien - geradezu vorhersehbar gemacht hat, sagt Thomas W. Ullrich. Der Experte für Krisenkommunikation und Dozent an der Leipzig School of Media kennt die Dynamiken eines Shitstorms - und ist überzeugt, dass sich das Pizzateam die heftige Empörungswelle selbst eingebrockt hat.
Schließlich habe der Restaurantbesucher seine Kritik sachlich und differenziert dargelegt - was man von der Reaktion der „Roten Soße“ nicht behaupten könne: „Sie liegt irgendwo an der Grenze zwischen sozialer Unverschämtheit und rechtlich zu beurteilender Beleidigung“, so Ullrich. Er betont: „Auch als leidenschaftlicher Gastwirt, der hinter seinem Produkt steht, darf man seine Gäste respektieren – auch und gerade, wenn sie das Produkt nicht lieben.“
Reaktion auf Shitstorm gegen „Rote Soße“ in Halle (Saale): Wie hätte es die Pizzeria besser machen können?
Wie also hätte es die Pizzeria besser machen können? „Es gilt das Motto, Druck rausnehmen, statt anheizen“, meint Ullrich. Im Fall der „Roten Soße“ wäre eine Reaktion gar nicht nötig gewesen. „Bestenfalls die höfliche Nachfrage, ob der Kritiker bei solch differenzierter Meinungsäußerung nicht auch mehr Sternchen hätte vergeben können. Vielleicht hätte er es dann sogar getan.“
Dass der „Roten Soße“ nun dauerhaft die Kunden weglaufen, glaubt er allerdings nicht. Schließlich hatten sich auch viele Facebook-Nutzer mit der Pizzeria solidarisiert. „Es wäre also ebenso denkbar, dass die Pizzeria kurzzeitig mehr Kundschaft hat“, sagt Ullrich. Geschäftsführer Sikan möchte sich auf MZ-Nachfrage zu diesem Thema nicht äußern. Auf der Facebook-Seite zumindest zeigt sich das Team gelassen - und postet Fotos vom voll besetzten Laden. (mz)