Schmierereien sollen weg Schmierereien sollen weg: Internationale Künstler sollen sich in Neustadt verwirklichen

Halle (Saale) - Jan Kaltofen, Chef des Jobcenters in Neustadt, findet die Idee gut: „ Die Schmierereien müssen weg.“ Der Aufgang zum Jobcenter in der Scheibe D ist durch Graffiti verunstaltet, für Kaltofen einfach nur ein Schandfleck.
Aber das könnte sich bald ändern: Gemeinsam mit der Freiraumgalerie und der Stadt laufen derzeit Gespräche darüber, ob der Aufgang und die Front zur Fußgängerzone hin im Rahmen des frisch aufgestellten Neustadt-Konzept „ha:neo“ als eine der ersten gestaltet werden soll. Wohl erst im Frühjahr soll es eine Entscheidung dazu geben.
Anhand von fünf zentralen Leitlinien sollen sich internationale Künstler mit Neustadt auseinandersetzen
Das Neue an dem Konzept fasst Philipp Kienast von der Freiraumgalerie zusammen: „Im Rahmen eines Arbeitsstipendiums der Kunststiftung Sachsen-Anhalt erstellt, entwirft das Konzept eine Vision großformatiger und hochwertiger Wandkunst unter kreativer Beteiligung der Neustädter Bevölkerung.“ Anhand von fünf zentralen Leitlinien sollen sich internationale Künstler mit Neustadt auseinandersetzen - mit seiner Stadtgestalt, Stadtgesellschaft und Stadtplanung.
Ein Beirat aus Experten der Stadtplanung, Kunst und Wissenschaft arbeitet bereits seit vergangenem Jahr eng mit der Freiraumgalerie zusammen und unterstützt die Umsetzung. Mitglieder sind unter anderem Steffen Fliegner vom Fachbereich Planen der Stadt Halle, Stadtplaner Gernot Lindemann, die Neustädter Quartiersmanagerin Johanna Ludwig, Burg-Professor Ulrich Reimkasten oder Bauvereins-Vorstand Guido Schwarzendahl.
Geplant ist, ab 2020 jährlich mindestens eine großflächige Fassade zu gestalten
Geplant ist, ab 2020 jährlich mindestens eine großflächige Fassade zu gestalten und damit den Stadtteil aufzuwerten. Für die Finanzierung sollen Partner gefunden werden - auch für sie ist das Konzept als Entscheidungsgrundlage erstellt worden. Die fünf Leitlinien konkret sind folgende:
Stadt:
Künstler, die eine Fassade in Neustadt gestalten, sollen sich mit dem Gesamtbild, der Geschichte und der Gesellschaft im Stadtteil beschäftigen. Das Motiv soll also in den gesamtstädtischen Kontext eingebunden werden. Erkundet werden soll Neustadt dafür von den Künstlern über einen längeren Zeitraum zu unterschiedlichen Tageszeitpunkten und an unterschiedlichen Orten.
Raum:
Nicht nur die Fassade, sondern der Standort in einem Radius von 360 Grad um das Gebäude soll in die Konzeption mit eingebunden werden. Welche Pflanzen sind hier? Welche Geräuschkulissen? Gibt es Planungen für Bauvorhaben? Vorgeschlagen wird auch eine Aufnahme mit einer Drohne, so dass auch ein räumlicher Eindruck aus dieser Blickrichtung entsteht.
Wand:
Auch die bauliche Beschaffenheit der zu gestaltenden Wand spielt eine Rolle in dem Konzept. Unterschiede in den Anstrich- oder Putzarten, im Dachüberstand, aber auch die Ausrichtung der Wand mit Blick auf die Sonneneinstrahlung und weitere Faktoren sollen exakt aufgelistet werden.
Mensch:
Wo ein neues Wandbild entsteht, sollen sich auch die Bewohner damit identifizieren. Deswegen sollen die Künstler mit den Bewohnern in Kontakt kommen, um im Austausch mit ihnen ein Motiv zu entwickeln. Beteiligung der Anwohner und der Neustädter Bevölkerung ist eines der wesentlichen Elemente des Konzepts.
Zeit:
Die Langfristigkeit spielt ebenfalls eine große Rolle. Zum einen sollen sich die Künstler vor der Gestaltung mehrere Wochen in Neustadt aufhalten. Zum anderen sollen die Bilder über einen Zeitraum von 15 bis 20 Jahren gepflegt und erhalten werden, was kontinuierlich dokumentiert werden soll. Das bedeutet auch, dass die Kunstwerke „ihre Relevanz über längere Zeiträume und für verschiedene gesellschaftliche Situationen immer wieder von sich aus unter Beweis stellen müssen“, so das Konzept. (mz)