Schließung eines Pflegeheims bei Halle Schließung eines Pflegeheims bei Halle : Leitung wehrt sich gegen Ende der Einrichtung

Grosskugel - Die Pflegerin hält einen Flaschenöffner mit original EVP-Prägung in die Luft. „Was ist das“, fragt sie in die Runde. Und erklärt: „Wir machen hier gerade DDR-Rätsel.“ Die Stimmung im Essensraum des Pflegeheims in Großkugel östlich von Halle ist gut, auch wenn der Kreis klein ist. Denn von ehemals 38 Bewohnern sind nur noch elf da. Das Heim wurde kurz vor Weihnachten vom Landesverwaltungsamt geschlossen. Völlig zu Unrecht, wie Geschäftsführer Thomas Lück jetzt im Gespräch mit der MZ sagt.
„Wir sehen unsere Mängel"
„Wir sehen unsere Mängel. Aber die gibt es in jedem Pflegeheim, wenn man genau hinschaut“, so Lück. „Bei uns aber werden kleinste Defizite als großer Mangel dargestellt.“ Lück stützt sich dabei auf die letzte Überprüfung der Einrichtung durch die Heimaufsicht. Auf 20 Seiten wurden dabei Mängel aufgelistet: Mitarbeiter hätten beispielsweise nicht die richtige fachliche Eignung, würden ihre Hände nicht regelmäßig desinfizieren, hätten das Anbruchsdatum von Salben und Medikamenten nicht notiert. „Unter anderem wurde beanstandet, dass die Pfleger nicht schriftlich notiert hätten, wenn sie den Bewohnern ihre Medikamente gegeben haben“, erzählt Lück. „Im stressigen Pflegealltag kann so eine Unterschrift schon einmal vergessen werden. Das heißt aber nicht, dass die Bewohner keine Medikamente bekommen haben.“ Laut Geschäftsführer alles kleinere Mängel, die noch lange keine Schließung rechtfertigen.
Das sieht man beim Landesverwaltungsamt anders. „Wir hatten unsere Gründe für diesen Schritt“, sagt Sprecherin Denise Vopel. „Wir haben wirklich keinerlei Interesse, ein Pflegeheim zu schließen, im Gegenteil.“ Vopel verteidigt auch den Einsatz am 18. Dezember 2017. An diesem Tag wurden alle Bewohner, die bereit waren, das Heim zu verlassen, von der Heimaufsicht in andere Einrichtungen verlegt. Nach Schilderung von Geschäftsführer Lück ein chaotischer Ablauf: „Das Ganze lief menschenunwürdig ab. Vieles wurde vergessen, Bewohner wurden teils ohne ihre Medikamente verlegt und kamen mit lebensbedrohlichen Blutdruck- oder Insulinwerten an den neuen Heimen an.“ Beim Landesverwaltungsamt seien aber keinerlei Beschwerden darüber eingegangen, „ganz im Gegenteil“, so Vopel. Auch habe Amtspräsident Thomas Pleye die Räumung des Heims nicht mittendrin abgeblasen, wie Lück gegenüber der MZ schilderte.
Juristische Schritte der Heimleitung
Der Geschäftsführer erhebt einen weiteren schweren Vorwurf gegen die Behörde: „Das Landesverwaltungsamt hat Druck auf die Angehörigen ausgeübt, bereits neue Heimplätze organisiert und die Leute systematisch rausgetrieben“, sagt Lück. Man habe aber „mit Sicherheit niemanden bedrängt“ und sich absolut korrekt verhalten, so Vopel.
Die Heimleitung geht nun juristisch gegen die Schließung vor. Und obwohl die bereits fix ist, nachdem die Richter im Eilverfahren der Behörde Recht gaben, wohnen noch immer Menschen in der Einrichtung. Denn unter dem Dach des Heims in Großkugel sitzt auch ein ambulanter Pflegedienst, der nun die Bewohner versorgt. Für diesen gibt es von den Kassen aber viel weniger Geld, außerdem bleiben die Fixkosten bei weniger als der Hälfte der ursprünglichen Bewohner gleich - ein finanzielles Dilemma, das der Leitung klar ist. „Wir machen hier weiter, notfalls bis zum bitteren Ende“, sagt Lück. (mz)