Saalekreis Saalekreis: Sennewitzer sucht nach Infarkt unbekannten Lebensretter
SENNEWITZ/MZ. - Marlies Hesse stand an der Wursttheke und wollte ihren Mann gerade fragen, ob sie Salami mitnehmen wollen. Doch Gatte Günter schwieg - und fiel um. Seine Frau rannte zu ihm, zog am Arm. Er solle aufstehen, rief sie, von der Situation überfordert. In dem Moment lief ein Fremder auf die beiden zu, sagte zu Marlies Hesse, sie solle aufhören zu ziehen. Stattdessen beugte er sich über den leblosen Körper ihres Mannes und begann damit, ihn zu beatmen. Ein Fleischverkäufer kam dazu und übernahm die Herzdruckmassage, eine Mitarbeiterin rief den Notarzt.
Ein halbes Jahr später sitzt Günter Hesse in seinem Sessel im Wohnzimmer des Einfamilienhauses in Sennewitz. Seine Bewegungen sind langsam, aber er spricht wieder, sagt: "Es geht ein bisschen besser." Jeden Tag macht er Übungen, mit Hilfe des Rollators gelangt er auf den schattigen Hof. Der 72-Jährige weiß, nur durch den schnellen Einsatz und die geübten Handgriffe des fremden Supermarkt-Kunden konnte er seinen Herzinfarkt überleben. Nur dadurch ist er zurück im Kreis seiner Lieben - bei Frau, zwei erwachsenen Kindern und einem siebenjährigen Enkelchen. Hesse würde dem Mann gern danken, doch das scheint unmöglich: Keiner weiß, wer er ist.
Dabei hat die Familie schon einiges unternommen, um den Lebensretter ausfindig zu machen, erzählt Marlies Hesse. Das Kurzzeitgedächtnis des Gatten ist noch nicht wieder in Schuss, also zählt Frau Hesse auf, was die Familie schon alles unternommen hat, um den Retter zu finden: Weder bei der Polizei, die den Vorfall aufgenommen hatte, noch in der Rettungsleitstelle wusste man etwas von dem Mann. Selbst der Notarzt, der Herrn Hesse damals in die Intensivstation brachte, hatte sich den Namen nicht notiert. Auch im Supermarkt hätten sie sich erkundigt, sagt die Rentnerin, doch auch dort habe ihnen keiner weiterhelfen können. Zwar arbeitete der Verkäufer noch dort, aber den Namen des Kunden wusste er ebenso wenig wie alle anderen. Nun hofft Marlies Hesse, die MZ kann helfen: "Jetzt suchen wir den Retter meines Mannes über die Zeitung", sagt die 68-Jährige.
Sie nennt das Eingreifen des unbekannten Mannes "beherzt". Schließlich bestand er darauf, dass Günter Hesse flach liegen muss, außerdem zögerte er bei der Beatmung keine Minute. Die 68-Jährige: "Ich denke, er wusste genau, was er da machte." Sie glaubt, er arbeite in dem Bereich oder engagiere sich freiwillig. Eine Beschreibung des Mannes gelingt ihr aber nicht, dafür waren die anderen Eindrücke zu stark. Auch über die Dauer der Aktion kann sie nichts sagen. Aber an Datum und die Uhrzeit erinnert sie sich noch: Es geschah am 7. Januar gegen 14.30 Uhr beim Einkauf im Supermarkt Kaufland in Halle-Trotha.
Marlies Hesse hofft, der Mann erinnert sich vielleicht an den Vorfall im Winter, wenn dieser Beitrag erscheint - oder jemand kennt die Geschichte und weiß, wer der stille Held vom Supermarkt gewesen ist. Wer etwas über den unbekannten Mann weiß, meldet sich bei der MZ. Eine ganze Familie würde sich freuen: "Wir möchten den Mann finden", wiederholt Marlies Hesse. Sie hat sich hinter den Sessel ihres Mannes gestellt und drückt liebevoll seine Schulter: "Unbedingt."