Ruth Polte Ruth Polte: Die DDR-Spionin bei Helmut Schmidt

Halle (Saale) - Am Ende stand eine Verurteilung zu neun Monaten Haft auf Bewährung und die Rückzahlung von 35.000 Mark Honorar, das Ruth Polte für ihre Spitzeldienste von der Stasi gezahlt worden war. Fast dreißig Jahre lang, von 1960 bis 1989, hat sie als Ost-Agentin die Hamburger SPD ausgespäht - darunter auch Helmut Schmidt und Herbert Wehner, in deren Büros sie gearbeitet hatte. Ihren Ausgang nahm die Spitzeltätigkeit jedoch in Halle, wo die Russisch-Lehrerin zwei Jahre im Roten Ochsen inhaftiert war und dort unter Druck gesetzt wurde.
Eine neue Ausstellung, die am 13. Oktober in der Gedenkstätte Roter Ochse eröffnet wird, informiert über Ruth Polte, deren Agententätigkeit und weitere Fälle: „Hamburger Politiker als DDR-Spione im Kalten Krieg“ ist der Titel der Schau. Während die Männer und Frauen im Osten als „Kundschafter des Friedens“ gerühmt wurden, machten sie sich im Westen strafbar, weil sie geheime Informationen über die Polizei, die Atomwirtschaft, über Republikflüchtlinge oder Parteien und Gewerkschaften an die Stasi weitergaben.
In Dresden geboren - in Halle festgenommen
Ruth Polte, 1931 in Dresden geboren, hat immer wieder betont, dass sie nicht freiwillig als Spionin gearbeitet hatte. „Mit anderen Intellektuellen wurde sie 1957 wegen Bildung konterrevolutionärer Gruppen in Leipzig und Halle festgenommen und zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt“, berichtet der Historiker Helmut Stubbe da Luz als Kurator der Ausstellung. Die Gruppe engagierte sich - nach Poltes Schilderung - oppositionell und setzte sich für eine menschlichere Politik und Meinungsfreiheit ein: Sie verurteilte den Stalinismus.
In der Haft, so hatte es die Slawistin selbst berichtet, sei sie dann durch den Dauerzwang zum stundenlangen Sitzen, durch ständige Verhöre und weitere Taktiken zermürbt worden - und willigte so 1960 ein, in den Westen überzusiedeln und dort als Spionin tätig zu werden. „Weil ich damals aufgrund der Verurteilung keine, sowohl berufliche als auch private, Erfolgsaussichten mehr hatte, war mir dieses Ansinnen recht“, gab sie 1993 dem Bundeskriminalamt zu Protokoll, nachdem sie und ihre Tätigkeit unter dem Decknamen „Blumenfeld“ aufgeflogen war.
Stasi-Liste mit zahllosen Namen
Grund dafür war eine Stasi-Liste mit zahllosen Namen von Westdeutschen, die in Politik, Wirtschaft und Medien aktiv waren, die der CIA damals dem Bundeskriminalamt zugespielt haben soll. Neben Ruth Polte, damals SPD-Seniorenbeauftragte, wurden noch weitere Personen verhaftet. Ruth Polte gestand sofort alles - so wie auch in dem Prozess, der 1996 mit dem Bewährungsurteil endete. Bereits 1993 wurde sie nach über 30 Jahren Mitgliedschaft aus der SPD ausgeschlossen - wegen „schwerer Schädigung der Partei.“ Nur eins konnte der Wissenschaftler nicht über Ruth Polte in Erfahrung bringen: Ob sie noch lebt. Mehrere Hinweise ergaben keine Erkenntnis, so Helmut Stubbe da Luz.
Ausstellungseröffnung mit einer Einführung von Kurator Helmut Stubbe da Luz am 13. Oktober um 18 Uhr im Roten Ochsen, Am Kirchtor 20b. Die Schau ist dienstags bis freitags von 10 bis 16 Uhr und an jedem ersten Wochenende im Monat von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. (mz)