Halles Zehnkampf-Star Rico Freimuth: Warum Halles Zehnkampf-Star die Fußballer-Episode bei Romonta Amsdorf beendet hat

Halle (Saale) - Die Schüler der Lessingschule in Halles Paulusviertel huschten in ihre Turnhalle und nahmen flugs auf dem blauen Boden Platz. Ein paar Blicke gingen verstohlen über die Schulter hinweg in Richtung des prominenten Gastes. „Oh, mein Gott, ich bin so aufgeregt“, flüsterte ein Steppke doch recht hörbar, nachdem er Rico Freimuth erspäht hatte.
Der erhöhte Pulsschlag kam nicht von ungefähr. Schließlich würden die Kinder gleich dem Zehnkampf-Vizeweltmeister direkt gegenüberstehen. Der war schließlich gekommen, um im Rahmen der Fit4Future-Kampagne der DAK - 80 Schulen Sachsen-Anhalts sind dabei - ein Schnuppertraining an den Sportgeräten, die der Sponsor verteilt hatte, zu begleiten.
Um Rico Freimuth war es zuletzt still geworden
Weil er diese Fitness-Aktion für Kinder klasse findet, hatte sich Freimuth tatsächlich mal wieder in der Öffentlichkeit bewegt. Zuletzt hatte sich der 30-Jährige nämlich bewusst zurückgezogen, wie ein Igel im Laubhaufen versteckt und stattdessen lieber trainiert und studiert.
Er hatte einfach keine Lust, zum wiederholten Mal seine Motivationsprobleme zu erklären, derentwegen er die zurückliegende Saison im Mai abgebrochen hatte. „Und was soll ich jetzt sagen? Standards wie: Ich greife wieder an?“ Floskeln zu verkünden, darauf hat der Leichtathlet einfach keinen Bock.
Rico Freimuth bei Romonta Amsdorf: Als Fußballer macht der Körper nicht mit
Doch nach einigem Zögern stellt er zunächst klar: „Mir geht es gut. Mir ging es immer mental gut. Auch als ich in Götzis den Wettkampf abgebrochen und mich für eine Auszeit entschieden habe.“ In seiner Freizeit zwischendurch probierte er sich als Verbandsliga-Kicker bei Romonta Amsdorf. „Doch ich musste da aufhören. Bei meiner Größe und bei meinem Gewicht war eine Schambeinentzündung die Folge der ungewohnten Belastung“, erzählt Rico Freimuth.
Während er die Verletzung auskurierte, stemmte er in der Muckibude Gewichte. Mit durchaus sichtbarem Erfolg. Der eh stattliche 1,95-Meter-Kerl wirkt nicht nur breiter im Oberkörper, er ist es auch. „Ich habe jetzt 102 Kilo drauf, zwölf mehr als bei meinem WM-Silbergewinn in London 2017“, sagt Freimuth. Der Kraftzuwachs soll ihm beim Wurf- und Sprinttraining helfen.
Es wirkt gleichzeitig so, als ob sich Freimuth im Hinblick auf sein Ziel Olympiamedaille 2020 in Tokio auf seine Stärken konzentriert. Und gleichsam kalkuliert er ein, im fortgeschrittenen Stadium seiner mit zwei WM-Medaillen erfolgreichen Karriere nun doch nicht mehr ein besonders guter Hochspringer oder 1.500-Meter-Läufer werden zu können.
Rico Freimuth fliegt ins Trainingslager nach Südafrika
Frotzeleien, ob er beim Muskelaufbau nicht womöglich mit ein paar Pillen nachgeholfen habe, tut Freimuth nur mit einem müden Lächeln ab. Sein Pensum wird er übrigens alsbald wieder auf „echten“ Mehrkampf umstellen. Am letzten Tag des Monats fliegt er ins Trainingslager nach Stellenbosch in Südafrika.
Aber das Thema Doping schwebt zwischen den Zeilen, als er sich zum neuen Fabel-Weltrekord von Weltmeister Kevin Mayer (26) äußert. Beim Heimspiel im September in Talence hatte der Franzose schier unglaubliche 9126 Punkte erzielt - 81 mehr als 2015 der zweifache Olympiasieger Ashton Eaton (USA).
„Hätte ein Russe 8800 Punkte gemacht, wären Fragen aufgekommen. Diesmal hat niemand gefragt“, sagt Freimuth - Bestleistung 8663 Punkte - nur. Er mag seine Meinung nicht vertiefen oder mutmaßen. Brächte nur Ärger.
Den will Rico Freimuth nicht. Er möchte nur das Optimale für sich selbst erreichen - mit einem reinen Gewissen. Das hat er. Sonst würde er auch nicht vor Kinder treten, um die zum Sporttreiben zu animieren.
(mz)