Restaurantsterben in Halles Innenstadt Restaurantsterben in Halles Innenstadt: Auch dem Dompfaff droht das Aus

Halle (Saale) - Der Gastraum im „Dompfaff“ ist noch weihnachtlich geschmückt, auf den Tischen stehen Reservierungskarten. Das Geschäft läuft gut, doch Restaurantbetreiber Roland Kitsche blickt sorgenvoll ins neue Jahr. Im Februar wird der Gastronom 65 Jahre alt. Ende März wird er den Dompfaff schließen. Möglicherweise für immer. „
Wir suchen seit über einem Jahr einen Nachfolger, der das Restaurant übernehmen würde. Bislang erfolglos. Bleibt es dabei, gehen hier in drei Monaten die Lichter aus“, sagt Kitsche, der den Dompfaff seit 1992 führt.
„Wir sind die ganzen Jahre gut besucht gewesen“
Nach dem Aus für „Mahns Chateau“ an der Marktkirche, das Neujahr für immer schließt, würde Halle mit dem Dompfaff eine weitere etablierte Gaststätte und gute Adresse verlieren. „Wir sind die ganzen Jahre gut besucht gewesen. Das liegt natürlich an der guten Lage mit dem Markt, der Moritzburg oder auch dem Händelhaus vor der Tür. Das zieht neben der Stammkundschaft auch viele Touristen ins Restaurant“, sagt Kitsche.
Sechs Angestellte verdienen im Dompfaff ihre Brötchen - alle haben sie vor über 25 Jahren mit den Kitsches angefangen, als aus der „Teutschenthaler Obstweinschänke“ im Neubau-Carré der Halleschen Wohnungsgesellschaft (HWG) der Dompfaff wurde.
„Ein junger Koch hatte Interesse gezeigt, sich aber nicht mehr gemeldet“
Ursprünglich wollte sich Roland Kitsche schon vor einem Jahr aus der Gastronomie zurückziehen, sich mehr um die Familie und vor allem die Enkel kümmern. Mit Hilfe des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga, der Industrie- und Handelskammer und Getränkegroßhändlern wie der Radeberger Gruppe suchen Kitsche und der Vermieter HWG seit Monaten nach einem neuen Betreiber. „Ein junger Koch hatte Interesse gezeigt, sich aber nicht mehr gemeldet“, sagt Klitsche.
Für Bodo Peter Czok, dem Vorsitzenden des Dehoga-Kreisverbands, kommt das nicht überraschend: „Die Gesetze und Verordnungen wie das Arbeitszeitgesetz machen es für Gastronomen immer schwieriger. Viele winken deshalb ab.“ In zahlreichen Gaststätten gebe es zudem einen Investitionsstau. „Aber gehen sie mal als Wirt zur Bank und versuchen sie, einen Kredit zu bekommen. Das ist schwierig. Wir gelten als Risikobranche“, sagt Czok.
Mit dem Sterben von Kneipen und Gaststätten verlieren Wohnviertel ihre sozialen Treffpunkte
Seine Sorge: Mit dem Sterben von Kneipen und Gaststätten verlieren Wohnviertel ihre sozialen Treffpunkte. Noch schlimmer als in der Stadt sei es auf dem flachen Land. Personal oder Azubis zu finden, sei überall zum Glücksspiel geworden. „Die Arbeitszeiten schrecken unsere Jugend ab.“ Mittlerweile sucht der Dehoga auch in Vietnam nach Mitarbeitern für Gaststätten. „Das ist wie in der Pflege“, sagt Czok.
Roland Kitsche hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben. „Der Gastraum könnte sicher eine Auffrischung gebrauchen, sonst ist aber alles in Ordnung.“ Im Januar soll es eine weitere Gesprächsrunde mit potenziellen Betreibern geben. Gastronomen aus Vietnam und Indien sollen sich für das Restaurant am Domplatz interessieren. Die Angestellten des Dompfaffs suchen indes schon neue Stellen. „Ich zahle über Mindestlohn. Man wird als Restaurant-Chef kein Millionär. Es reicht aber zum Leben“, sagt Kitsche. Gastronom werde man ohnehin aus Leidenschaft, nicht des Geldes wegen. (mz)
