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Gespräch vor Auftritt in Halle Renft-Frontmann „Monster“ Schoppe über die Kraft der Rockmusik und die „Dramaturgie der 70er“

Der Musiker Thomas „Monster“ Schoppe spielt heute noch Musik, die gegen ein untergegangenes System gerichtet war und erklärt, wie man heute Songs spielt, die sich gegen ein System richten, das es nicht mehr gibt.

Von Phillip Kampert 13.08.2021, 13:00
Bei Renft steht die Zeit nicht still. Thomas „Monster“ Schoppe arbeitet stets an neuen Zugängen zu alten Stücken.
Bei Renft steht die Zeit nicht still. Thomas „Monster“ Schoppe arbeitet stets an neuen Zugängen zu alten Stücken. (Foto: Kampert)

Halle (Saale)/MZ - Es ist die wohl kraftvollste Silbe der ostdeutschen Rockmusik: Renft. Seit über 50 Jahren bringt die Band - mit Unterbrechungen durch ein Verbot in der DDR - Gitarrenmusik auf die Bühne, die für Freiheit und Menschlichkeit steht. Zu Zeiten des „real existierenden Sozialismus“ war Renfts Musik künstlerischer Protest.

„Jeder Song ist ein Haus“ - Spielt die alten Nummern nicht einfach runter

Um den „letzten Überlebenden“ Thomas „Monster“ Schoppe der alten Band hat sich eine neue Besetzung formiert, die derzeit mit einem akustischen Aufgebot tourt. Vor dem Auftritt im Neuen Theater in Halle am Donnerstag erzählt Schoppe im MZ-Gespräch, wie man heute Songs spielt, die sich gegen ein System richten, das es nicht mehr gibt.

„Jeder Song ist ein Haus“, sagt Schoppe. Man könne nicht in der Zeit zurückreisen, „aber man muss sich in diesen Raum von früher begeben, in dem sich die Musik artikuliert“. Schoppe ist niemand, der die alten Nummern einfach runterspielt. Man merkt ihm die ständige gedankliche Auseinandersetzung mit dem Material an. Wo ein Publikum der 70er-Jahre hinter einigen Songtexten Kritik an konkreten Ereignissen sah, müsse man nun anders an die Musik herangehen, so Schoppe.

Nach 50 Jahren: Anspruch der Band ist es, sich immer wieder neu auf die Musik einzulassen

Der Geist von damals sei das Eingangstor, aber die Bedeutung habe sich verändert. „Es geht nicht mehr ums Verstehen - da sind wir völlig von weg“, sagt er. Was bleibt ist die Kraft der Rockmusik und das, was Schoppe die „Dramaturgie der 70er“ nennt. Auch wenn es die DDR nicht mehr gibt, sei der Geist der Songs, die die kleinen - aber existenziellen - Dinge des Lebens und wie man mit ihnen umgeht betrachtet, nach wie vor in der Musik. Vorausgesetzt, man begibt sich mit Renft in die Räume dieser Songs.

Um der älter gewordenen Fanschar - und auch eigenen Entwicklungen - gerecht zu werden, spielt Renft mittlerweile gern in bestuhlten Theaterstätten. Auch ist die Lautstärke etwas reduziert, und man greift nun zur akustischen Gitarre. Trotzdem ist Renft nicht leise geworden: „Man kann mit Lautstärke einiges ausdrücken - wir balancieren das stets neu aus“, sagt Schoppe.

Der Anspruch der Band ist es, sich immer wieder neu auf die Musik einzulassen und die Songs mit mehr als hundert Prozent Einsatz zu performen. Neben den mitgealterten Fans von früher, hofft Schoppe, auch ein paar junge Menschen anzusprechen. „Wir können Einblick in den Raum der Eltern geben“, sagt er. Auch wenn er schon „ein bisschen müde“ sei, wünscht sich Schoppe für die Zukunft, auch aktuelle Themen aufzugreifen, „aber ohne harte Politisierung“. Diese Zeiten seien vorbei.