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Reinhard Heydrich Reinhard Heydrich: Die Geburt einer Bestie aus Halle

Von Steffen Könau 28.03.2020, 16:32
SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich (1904-1942)
SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich (1904-1942) imago stock&people

Halle (Saale) - Der Mann, der als „Henker aus Halle“ Geschichte schreiben sollte, verlor im November des Jahres, in dem er 14 wurde, den Glauben an die Welt, die Gerechtigkeit und einen wachsamen Gott. Mit Deutschlands Niederlage im Ersten Weltkrieg brach für den kaisertreu und national erzogenen Reinhard Heydrich eine Welt zusammen.

Was andere als die demokratischen Errungenschaften der Novemberrevolution bezeichneten, war für den Sohn eines gutbürgerlichen Musiklehrers aus der Gütchenstraße 20 eine linke Volksrevolution. Als der Kapp-Putsch im Frühjahr 1920 mit dem Versuch scheiterte, das Rad der Geschichte wenigstens ein Stück zurückzudrehen, war es um den Jungen mit der spitzen Fistelstimme, den alle „Reini“ nannten, endgültig geschehen. Noch eine Niederlage, diesmal eine, die sein Leben prägen wird.

Denn aus seiner Sicht stand Heydrich auf der richtigen Seite. Schon als 15-jähriger Gymnasiast war er der halleschen Einwohnerwehr beigetreten und hatte sich beim Landjäger-Freikorps gemeldet, um als Kurier beim Kampf gegen die ihm verhassten Spartakusleute zu helfen. Schon damals endete Heydrichs konterrevolutionäres Abenteuer mit einer Schlappe. Das Kaiserreich kam nicht zurück, stattdessen lebte der Hallenser nun in einer Republik.

Doch der Mann, der später Himmlers rechte Hand und Hitlers Hirn bei der Planung des Holocausts werden wird, ist niemand, der aufgibt. Als in Berlin der Kapp-Putsch losbricht und auch in Halle Linke und Rechte blutig um die Vorherrschaft kämpfen, weiß der musisch begabte Teenager, wo sein Platz ist: „Hebbe“ (Ziege), wie ihn seine Feinde wegen seiner meckernden Stimme rufen, ist gegen die Roten, gegen die Juden, gegen die, von denen er seit 1918 fest überzeugt ist, dass sie das Vaterland verraten haben, als es gerade dabei war, den Weltkrieg zu gewinnen.

Dass nach dem versuchten Staatsstreich vom März 1920 keinerlei amtliche Bemühungen erfolgen, die Putschisten zu bestrafen, stärkt Heydrichs Glauben daran, auf der richtigen Seite zu kämpfen. Obwohl von Rechts wegen Hochverräter, kehren alle Putschisten bald aus dem Ausland zurück - selbst der zumindest numerische Anführer Kapp muss sich lediglich einem Disziplinarverfahren stellen. Von Lüttwitz und Ludendorff werden gnädig amnestiert, andere Verfahren ganz eingestellt. Verurteilt werden hingegen Arbeiter etwa aus Zeitz, die wegen der Teilnahme am Generalstreik für Jahrzehnte ins Gefängnis müssen.

Für den jungen Reinhard Heydrich, der als Kind ein begeisterter Fan des halleschen „Seeteufels“ Graf Luckner gewesen war, der im Hause Heydrich ein- und ausging, ist das der Beweis, dass der Kampf weitergehen muss. Er geht zur Marine, verliebt sich in eine glühende Antisemitin, wird dann allerdings wegen einer Affäre mit einer verheirateten Frau unehrenhaft entlassen und ist arbeitslos. Heydrich tritt schließlich in SA und SS ein, weil er sich von diesen beiden radikalen Organisationen nicht zuletzt auch Hilfe bei einem Neustart seines privat gescheiterten Lebens erhofft.

Es war das richtige Pferd für ihn. Nach der Machtübernahme Hitlers wird Reinhard Heydrich zur Nummer 4 oder 5 in Hitlers Reich. Die „blonde Bestie“, wie ihn seine Opfer nennen, hat aus den Schlachten ihrer Jugend die Lehre gezogen, dass es keine Gnade gibt. Doch es gibt sie auch für ihn nicht: Reinhard Heydrich stirbt am 4. Juni 1942 in Prag an den Folgen eines Attentats von Widerstandskämpfern. (mz)