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Raubkopie-Verdacht Raubkopie-Verdacht: Microsoft gegen PC Fritz

Von Steffen Höhne 20.09.2013, 04:23
PC-Fritz-Firmenchef Maik Mahlow organisierte zuletzt große Partys in deutschen Großstädten. Mit einem Bus ist er auf Tour - wie hier in Halle.
PC-Fritz-Firmenchef Maik Mahlow organisierte zuletzt große Partys in deutschen Großstädten. Mit einem Bus ist er auf Tour - wie hier in Halle. Kison/ARCHIV Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Die Operation ist gut vorbereitet gewesen: Am Mittwochmorgen durchsuchten 100 Zollfahndungsbeamte parallel mehrere Büros und Lager des halleschen Softwarehändlers PC Fritz in der Saalestadt und Berlin. Auch Privatwohnungen von Tatverdächtigen suchten die Beamten auf. Kistenweise beschlagnahmten sie mehr als „100.000 verdächtige Datenträger“, sagte die zuständige Oberstaatsanwältin Heike Geyer in Halle der MZ. Es werde wegen Betruges und Verstoßes gegen das Urheberrecht ermittelt. Anzeige gegen PC Fritz habe Microsoft gestellt.

Windows-7-Software vertrieben

Der US-Software-Konzern war es, der mit einer Pressemitteilung die Razzia in die Öffentlichkeit brachte. Microsoft erhebt schwere Vorwürfe. So besteht der Verdacht, dass PC Fritz „in großem Stil Raubkopien des Microsoft-Betriebssystems Windows 7 als Originale ausgegeben und verkauft“ hat. Die gefälschten Datenträger sind laut Microsoft Sicherungskopien nachempfunden, die der Computerhersteller Dell zuweilen PCs beifügt, auf denen das Betriebssystem Windows 7 legal vorinstalliert ist (sogenannte Reinstallations-CDs). „Die Microsoft bereits vorliegenden Raubkopien wurden von PC Fritz mit einer eigenen Verpackung und einem ebenfalls gefälschten Echtheitszertifikat versehen und zu weit unter dem Marktpreis liegenden Konditionen vertrieben“, heißt es. Es soll ein Schaden in Millionenhöhe entstanden sein.

PC-Fritz-Gründer und Chef Maik Mahlow sieht das Vorgehen von Microsoft als skandalös an. „Microsoft versucht erneut, den Handel mit gebrauchter Software mit unfeinen Mitteln zu unterbinden“, teile Mahlow am Freitag der MZ mit. Bei den angebotenen Produkten handle es sich ausschließlich um Microsoft-Originalprodukte. PC Fritz könne den Beschaffungsweg nachweisen und werde die von Microsoft autorisierten Partner (Computerhersteller) benennen, von denen die Software stamme. Nach Ansicht von Mahlow versucht der US-Konzern, den Weiterverkauf von Software mit solchen „Haudrauf-Methoden“ zu unterbinden. Mahlow will nun prüfen, gegen Microsoft wegen „der verleumderischen Mitteilung“ juristisch vorzugehen.

PC Fritz lässt sich allerdings eine Hintertür offen: Für den Wiederverkäufer sei es beim Erwerb der Software selbst nicht möglich, originale Datenträger von Fälschungen zu unterscheiden, da sich Microsoft weigere, eine Liste aller zertifizierten DVD-Replikatoren zur Verfügung zu stellen. Kurz: PC Fritz kann selbst nicht eindeutig feststellen, ob die Firma nun Originale oder Fälschungen vertreibt.

Und nun? Oberstaatsanwältin Geyer sagt: „Wir werden die Datenträger auf ihre Echtheit untersuchen.“ Ein Microsoft-Sprecher betonte gestern noch einmal, dass Testeinkäufe bei PC Fritz eindeutig ergeben hätten, dass es sich um Fälschungen handelt.

PC Fritz beschäftigt nach eigenen Angaben 35 bis 40 Mitarbeiter. Die Firma verkaufte am Freitag noch das Betriebssystem Windows 7 Professional für 19,90 Euro. Zum Vergleich: Der Online-Händler Amazon verlangt 128,45 Euro.

Die pcfritz.de Onlinestore GmbH gibt es laut Bundesanzeiger seit September 2012, sie entstand aus der BST 24 GmbH. Ein Jahresabschluss der Vorgängerfirma wurde noch nie veröffentlicht.

Firmenchef ist krank

Geschäftsführer Maik Mahlow fiel zuletzt medial durch seine Fritzbus-Deutschland-Tour auf. Der 36-Jährige, der von sich sagt, er sei Millionär, organisiert und finanziert in Großstädten Partys. Mit vier Hummer-Autos und einem Doppeldecker-Cabrio-Bus rückte das Team in Halle an. Dazu lädt er Promis wie „Dschungelkönig“ Joey Heindle, der mit Mahlow befreundet sein soll, und Schönheiten wie Micaela Schäfer und Gina-Lisa Lohfink ein. Mit der Kölner Zeitung „Express“ sprach Mahlow über seine Krebserkrankung: „Natürlich war die Diagnose ein Schock für mich. Wer will schon jung sterben?“ Ihm sei die Erkenntnis gekommen: „Ich nehme noch einmal alles mit, was ich kriegen kann.“

Wie es bei PC Fritz weitergeht, ist offen. Durch die behördlichen Ermittlungen und die Vorwürfe von Microsoft sieht sich die Firma hart getroffen - macht allerdings weiter.

Zollfahnder durchsuchten 2013 mehrere Objekte der Firma PC Fritz in Halle und Berlin.
Zollfahnder durchsuchten 2013 mehrere Objekte der Firma PC Fritz in Halle und Berlin.
Microsoft Lizenz
Der Softwarehändler PC Fritz steht unter Verdacht in großem Stil Raubkopien als Originale ausgegeben und verkauft zu haben.
Der Softwarehändler PC Fritz steht unter Verdacht in großem Stil Raubkopien als Originale ausgegeben und verkauft zu haben.
www.pcfritz.de/Screenshot Lizenz