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Raffineriestraße Raffineriestraße: Problem «Raffinerie 3» wird mit Abrissbirne gelöst

Von MICHAEL FALGOWSKI 20.05.2011, 19:56
Ob abbruchreif oder nicht: In wenigen Tagen lässt die Stadt den Bagger vorfahren.
Ob abbruchreif oder nicht: In wenigen Tagen lässt die Stadt den Bagger vorfahren. Thomas Meinicke Lizenz

Halle (Saale)/MZ. - Der Schaden wird erst auf der Rückseite deutlich: bis zu vier Zentimeter breite Risse und eingestürzte Decken. Wäre das denkmalgeschützte Gebäude noch zu retten? Wollte es sein Eigentümer wirklich sanieren, wie er sagt? Dies sind inzwischen überflüssige Fragen: In wenigen Tagen wird das Problem "Raffineriestraße 3" mit der Abrissbirne gelöst. Damit verschwinde per Zwangsverfügung eines der vier größten aktuellen "Sorgenkinder" des Bauordnungsamtes, sagt dessen Leiter Günter Hannuschka.

Doch fast ein halbes Jahr lang hat die vom Bauordnungsamt erlassene Abrissverfügung die Gerichte beschäftigt. Am Ende verlor die Stadt zwar, abgerissen wird nun dennoch.

Verfügung schon im November

Doch der Reihe nach. Am 9. November vergangenen Jahres verhängte das Bauordnungsamt den Zwangsabriss. Wegen der Gefahr durch herabstürzende Fassadenteile bekam Eigentümer Ewald Distelzweig aus Achern (Baden-Württemberg) die Auflage, das Haus bis zum Jahresende zu beseitigen. Ansonsten würde die Kommune selbst zur Tat schreiten - für geschätzte 30 000 Euro, die man in Rechnung stellen werde. Grund: Das Haus sei nicht mehr sicher. Eine sonst übliche Sicherungsauflage als Alternative gab es allerdings nicht - nur den angeordneten Zwangsabriss.

Distelzweig widersprach aber der Verfügung. "Das Haus war sicher", sagt er. "Außerdem habe ich auf alle Forderungen der Stadt im Sommer reagiert, so etwa die Fangnetze geleert." Was ihn empört: "Nur sechs Tage nachdem ich der Stadt mitgeteilt habe, dass das Haus saniert werden soll, kam als Antwort prompt der Zwangsabriss." Und Distelzweig lieferte auch ein Gutachten nach, wonach das Haus wenigstens noch bis Ende Mai sicher sei.

Die Stadt sah das anders und bestand auf ihrer Verfügung. Auch im Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht hatte Distelzweig, der in Halle einige Häuser vermietet, keinen Erfolg. Anders entschied dann aber Anfang April das Magdeburger Oberverwaltungsgericht: "Die Verfügung war rechtswidrig. Die Stadt trägt die Kosten des Verfahrens".

Haus war bereits verkauft

Das Oberverwaltungsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass - und nun wird es etwas kompliziert - Distelzweig ja gar nicht Eigentümer der Raffineriestraße 3 sei, mithin der falsche Adressat. Tatsächlich: Bereits Mitte September hatte er das Haus verkauft, schon seit Anfang Januar steht Viktor Mißbach aus Meddersheim (Rheinland-Pfalz) als neuer Besitzer im Grundbuch eingetragen. Amtsleiter Hannuschka hielt dennoch - so wie später das Verwaltungsgericht - an der Verfügung fest. Die sei ja nicht an eine Person gebunden, sondern sollte eine Gefahr beseitigen.

Unterdessen ist auch Neu-Eigentümer Mißbach sauer. Er habe eigentlich gekauft, um zu sanieren, sagt er. Erst Ende Januar habe er von der Abbruchverfügung erfahren. Er erwäge deswegen sogar eine Klage gegen den Verkäufer.

Doch warum hat die Stadt mit einem Zwangsabriss auf die angekündigte Sanierung reagiert? Hannuschka: "Eine Sicherung durch Versteifungen wäre möglich, aber angesichts des Zustandes absolut unverhältnismäßig", sagt er. Darüber, so hält Distelzweig entgegen, habe die Kommune aber nicht zu entscheiden. Für ihn ist klar: "Man wollte die Sanierung verhindern."

Die Kommune lässt derzeit die Bagger vorfahren, der jetzige Eigentümer zahlt die Rechnung. Darauf haben sich beide Seiten vergangene Woche geeinigt.