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Prozessbeginn Prozessbeginn: Bandidos-Chef vor Gericht

Von jan möbius 15.08.2012, 16:19

Halle (Saale)/MZ. - Am Landgericht in Halle herrschen ab kommenden Donnerstag besondere Sicherheitsvorkehrungen. Dort beginnt am 23. August der Prozess gegen den Präsidenten der halleschen Rockergang Bandidos. Dem 39-Jährigen wird von der Staatsanwaltschaft versuchter Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vorgeworfen. Für den Prozess sind zunächst sechs Verhandlungstage bis zum 21. September anberaumt. Ob dieser Zeitraum ausreicht, ist jedoch offen. Der Angeklagte, der sich derzeit in Untersuchungshaft befindet, schweigt bislang beharrlich.

Er soll am 3. Mai dieses Jahres in Halle versucht haben, mit drei gezielten Schüssen durch die Seitenscheibe eines Pkw dessen Fahrer zu töten. Bei dem Opfer des Anschlags soll es sich um den Chef der halleschen Rockerbande Underdogs MC handeln, die mit den Bandidos rivalisiert. Der 26-Jährige hatte sich nach dem Anschlag trotz der erlittenen Steckschüsse mit seinem Auto in die hallesche Unfallklinik Bergmannstrost flüchten können. Er konnte nur durch eine Notoperation gerettet werden. Noch am Tattag wurde der mutmaßliche Schütze festgenommen.

Zu den genauen Hintergründen des Anschlags wurde bisher nur wenig bekannt. Denn dass sowohl das Opfer als auch der Angeklagte nichts zu den Geschehnissen sagen, ist ein Verhalten, was unter den Rockergangs zum Ehrenkodex gehört. Allerdings gehen die Ermittlungsbehörden nach Angaben von Landgerichtssprecher Wolfgang Ehm von einem Machtkampf im Rockermilieu aus. Zudem sei der angeklagte Rocker-Chef der Polizei bereits gut bekannt. Unter anderem liefen gegen ihn in der Vergangenheit bereits Ermittlungsverfahren wegen illegalen Waffenbesitzes.

Im Zusammenhang mit dem Anschlag vom Mai dieses Jahres spielt auch eine wilde Schießerei zwischen den Motorradbanden Underdogs und Chicanos, einem Ableger der Bandidos, im Oktober 2010 eine gewichtige Rolle. Damals lieferten sich etwa 20 Rocker ein brutales Gefecht in der Magdeburger Straße in Halle. Der nun angeklagte Bandidos-Chef wurde dabei angeschossen. Trotz seiner schweren Verletzungen schwieg auch er damals gegenüber der Polizei - ebenso wie alle anderen Beteiligten. Ein Jahr nach der Gewaltorgie musste die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen einstellen. Aus Mangel an Beweisen kam es nie zu einer Anklage.

Im Fokus der Ermittler stand seinerzeit auch ein Haus an der Kreuzung Magdeburger Straße / Krausenstraße. Gerüchten zufolge sollten dort ein neuer Rockerclub und ein Bordell entstehen. Die Besitzerin des Hauses wehrte sich 2010 entschieden gegen diese Behauptungen und meinte, dass nach dem bis heute nicht abgeschlossenen Umbau ein Nagelstudio in das Gebäude einziehen sollte. Pikant: Wie inzwischen bekannt wurde, sind vor zwei Jahren genau aus jenem Haus Schüsse auf die Magdeburger Straße abgefeuert worden. Zudem soll dessen Besitzerin sehr engen persönlichen Kontakt zum Angeklagten haben.

Den angeklagten Bandidos-Chef droht nach Angaben von Gerichtssprecher Ehm eine Freiheitsstrafe von bis zu elf Jahren.