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Prozess am Landgericht Prozess am Landgericht: Halles Disko-Königen droht Gefängnis

Von Jan Schumann 01.09.2015, 21:40
Dax-Bierbörse steht auf einer Werbeplane am Charlotten-Center in Halle.
Dax-Bierbörse steht auf einer Werbeplane am Charlotten-Center in Halle. Archiv BNP Paribas Real Estate

Halle (Saale) - Erst platzte ihr Millionen schwerer Disko-Traum, nun sitzen sie auf der Anklagebank: Gegen vier ehemalige Diskobetreiber aus Halle, eine Frau und drei Männer, läuft seit Dienstag ein Prozess am Landgericht. Der 34-jährigen Angeklagten und den Männern im Alter von 41 und 54 Jahren drohen schlimmstenfalls Gefängnisstrafen: Es geht um verzocktes Geld, Betrug an Geschäftspartnern und unbezahlte Mitarbeiter.

Monatelang hatte die hallesche Staatsanwaltschaft ermittelt, welche Machenschaften seit 2012 in den Räumen des Charlotten-Centers liefen. Dort war eine der erfolgreichsten Diskos der Stadt zu Hause: In die Dax-Bierbörse und das dazugehörige Pascha strömten seit der Eröffnung 2007 Tausende Gäste pro Wochenende. „Es war eine gute Zeit, wir machten mehr als eine Million Euro Umsatz im Jahr“, sagte Bernhard Wressig, der als Vorgänger der nun angeklagten Betreiber in den Zeugenstand gerufen wurde. Mit Freibier hatte der heute 53-Jährige den Laden eröffnet - in den Folgejahren wurde der Party-Komplex auf mehr als 1000 Quadratmetern zur Goldmine in Halles Innenstadt.

2012 kam die Wachablösung in der Chefetage des Disko-Tempels. Und mit den neuen Bossen änderte sich vieles. „Ich suchte in diesem Jahr einen Nachfolger, weil ich es gesundheitlich nicht mehr schaffte“, sagte Wressig am Dienstag als Zeuge vor Gericht. „Außerdem gab es damals schon ein Reihe von Angriffen gegen mich.“

Was er meint: Im Winter 2007 wurde der Diskoboss zu Hause ausgeraubt, 2011 setzten Saboteure Teile der Disko unter Wasser, 2012 wurde er im Charlottenviertel angegriffen und bestohlen. In Wressigs Aussage vor Gericht schwang mit: Das waren gezielte Attacken auf meine Disko. Er wollte den Partytempel dringend verkaufen.

Es waren ehemalige Wressig-Mitarbeiter, die den brummenden Laden übernahmen. Das Quartett, das diesen Plan schmiedete, gründete eigens eine neue GmbH. Darunter war auch der ehemalige Betriebsleiter des Diskokomplexes. Geschäftsführer wurden jedoch andere: Der jetzt angeklagte 54-Jährige und die 34 Jahre alte Angeklagte. Der Vierte im Bunde war der 41-Jährige, der als Gesellschafter der neuen Betreiberfirma im Charlotten-Center agierte.

Nun wird den Vieren der Prozess gemacht. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft wiegen schwer: Das Quartett soll den alten Diskochef Wressig um 200 000 Euro geprellt haben - denn den Kaufpreis für das hochwertige Ladeninventar wollten sie nie überweisen, sagt die Staatsanwaltschaft. Der Kaufvertrag ist auf Juli 2012 datiert. Außerdem sollen die Angeklagten ihren Mitarbeitern über zwei Monaten hinweg keinen Lohn gezahlt haben.

Ein weiterer Vorwurf der Strafkammer: Insolvenzverschleppung. Obwohl die im März 2012 gegründete GmbH schon im Sommer pleite war, meldeten die Geschäftsführer über Monate hinweg keine Zahlungsunfähigkeit an. Zudem soll einer der Angeklagten rund 12.000 Euro Firmenkapital bei Pokerspielen im Internet verzockt haben.

Die drei Männer schwiegen gestern zu den Vorwürfen, kündigten Aussagen für die kommenden Prozesstage an. Nur die 34-Jährige ließ von ihrer Anwältin eine Erklärung verlesen: Ihre Geschäftspartner hätten Sie als „Strohfrau“ eingesetzt. „Auf dem Papier war ich Geschäftsführerin, doch im Tagesbetrieb arbeitete ich am Tresen, verdiente etwa 700 Euro im Monat.“ Die Unwissende mit der goldenen Unterschrift - dieses Bild zeichnete sie gestern vor Gericht.

Dennoch haftet sie: In ihrer Zeit als Geschäftsführerin unterschrieb sie eine Reihe von Privatbürgschaften - mit der Hoffnung auf goldene Diskojahre. Doch es kam anders. Im Jahr 2013 schlossen die Bierbörse und die Diskothek Pascha ihre Tore für immer. Unter Tränen sagte die 34-Jährige, sie habe nun Schulden in Höhe von einer halben Million Euro. „Sie ist ein Opferlamm in dieser Geschichte“, sagte Ex-Betreiber Wressig. Er kennt sie noch aus den goldenen Anfangsjahren. (mz)