1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. "Poliklinik" Halle-Silberhöhe : "Poliklinik" Halle-Silberhöhe : Unruhe im Ärztehaus

"Poliklinik" Halle-Silberhöhe  "Poliklinik" Halle-Silberhöhe : Unruhe im Ärztehaus

Von Michael Falgowski 02.03.2016, 09:06
Seit 30 Jahren ist die „Poliklinik“ das Zentrum der Silberhöhe.
Seit 30 Jahren ist die „Poliklinik“ das Zentrum der Silberhöhe. Lutz Winkler

Halle (Saale) - Im Sommer läuft nach 25 Jahren der Mietvertrag für das Gesundheitszentrum Silberhöhe aus. Die Saalesparkasse als Eigentümerin der ehemaligen Poliklinik verlängert den Vertrag mit dem Betreiberverein nicht, in dem sämtliche 33 Praxen, Gesundheits- und Sozialvereine Mitglieder sind. Sie alle mieten ihre Räume beim Verein. Vor einer Woche nun informierte die Sparkasse per Post, dass sie ab dem 1. August das größte Ärztehaus Halles, das jährlich 450.000 Patienten hat, selbst betreiben will. Die Zeiten der Selbstverwaltung sind vorbei.

Die Ankündigung aus der Rathausstraße hat nicht nur in den Praxen, sondern inzwischen auch unter den Patienten Unruhe und Ängste ausgelöst. Ist dies das Ende des Ärztehauses? „Es ist doch unverantwortlich, eine derartige gut funktionierende, komplexe medizinische Einrichtung zu vernichten“, sagt etwa Patient Jürgen Wolter.

Die Saalesparkasse versichert indes auf MZ-Nachfrage eilig, man wolle natürlich keineswegs die medizinische Versorgung „vernichten“. „Es liegt im ureigenen Interesse der Saalesparkasse - als Eigentümerin des Objektes - , alle bestehenden Mietverträge zu übernehmen“, sagt Sparkassen-Sprecher Christian Germer. Für die Mieter solle es keine höhere Gesamtbelastung geben. „Der Mieter hat künftig den direkten Kontakt zum Eigentümer der Immobilie. Das wird beispielsweise bei der Behebung von Schadensfällen oder der Umsetzung von Reparaturaufträgen schnellere Reaktionen ermöglichen.“ Man habe bereits gute Erfahrung in der Verwaltung von Immobilien gesammelt.

33 Arztpraxen und sozialen Vereine

Ob diese auch für eine ehemalige Poliklinik mit 33 Arztpraxen und sozialen Vereinen ausreicht, das bezweifelt Peter Jeschke. Der Inhaber der Praxis für Neurologie und Psychiatrie ist seit 25 Jahren ehrenamtlich Vorsitzender des Betreibervereins Gesundheitszentrum Silberhöhe. Der Verein bezahle inzwischen auch zehn eigene Angestellte, etwa für Hausverwaltung, Sicherheit oder Reinigung. Das Modell der Selbstverwaltung freilich läuft nun aus. Am Mittwoch findet eine Versammlung der Mitglieder statt. „Wir müssen beschließen, ob wir uns auflösen. Die zehn Arbeitsverträge müssen wohl gekündigt werden“. Nicht sicher ist indes, ob Praxen nicht die neuen Mietverträge zum Anlass nehmen, das Haus zu verlassen.

Die Vertrags-Aufkündigung der Sparkasse ist mitten in die Vorbereitungen auf das 25. Jubiläum des Vereins geplatzt - und auch in die des 30-jährigen Bestehens der „Poliklinik“. Im schönsten DDR-Schick wurde sie seinerzeit für das rasch wachsende Neubaugebiet Silberhöhe 1986 gebaut. Mit der Wende war das Modell der Poliklinik indes obsolet. Was sich erst später wieder ändern sollte. Stattdessen wurden neue Betreiber und Eigentumsformen gesucht: Die Poliklinik blieb im städtischen Eigentum; als Betreiber aber fungierte eben ein Verein aller Mieter. Oberbürgermeister Klaus Rauen (CDU) hatte das Modell forciert. 1999 übernahm die Saalesparkasse das Gebäude.

Größter Arbeitgeber der Silberhöhe

Der Verein war erfolgreich. Das Ärztehaus ist mit 200 Beschäftigten heute der größte Arbeitgeber auf der Silberhöhe. Von den 5.000 Quadratmetern Nutzflächen stehen momentan nur elf Prozent leer - ein sehr guter Wert. Der Betreiberverein habe sich auch um die Neuvermietungen selbst gekümmert. Denn Nachmieter sollten in das Konzept als Gesundheitseinrichtung mit sozialem Auftrag in der Silberhöhe passen, wie Peter Jeschke sagt.

Von der Entscheidung des Saalesparkassen-Vorstandes wurden offenbar auch die Stadträte im Aufsichtsrat der Saalesparkasse und Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) überrascht. Ute Haupt (Linke), Vorsitzende des Sozialausschusses, wundert sich ein wenig über die Initiative des Geldinstitutes. „Aus meiner Sicht hat das Betreibermodell mit dem Verein sehr gut funktioniert. Ich mache mir ein wenig Sorgen, dass unter dem Wechsel die sehr gute Zusammenarbeit der Einrichtungen im Haus leiden könnte“, so Haupt. (mz)