1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Pferde als gute Therapeuten

Pferde als gute Therapeuten

Von HEIDI JÜRGENS 26.06.2009, 16:36

HALLE/DÖLLINITZ/MZ. - Und zwar nicht gleich im Sattel, sondern zunächst mit einem Vertrautmachen mit der Haflingerstute Hellana. Er bürstet das Tier, streichelt es, legt das Gesicht an das hellbraune Fell. Es scheint, als findet er jetzt die Entspannung, die ihm sonst im Laufe des Tages kaum vergönnt ist. Was für ihn und seine Angehörigen nicht einfach ist.

Jonas leidet an Autismus. "Wenn irgendwas nicht so verläuft, wie es seinem Denkschema entspricht, kann er leicht ausrasten", sagt seine Mutter Susanne Heinze. "Er hat es ganz schwer, sich auf unerwartete Situationen einzustellen, ist oft starr in sich gekehrt. Nicht zu erreichen. Allein lassen kann man ihn nicht."

Seit der Autismus vor fünf Jahren bei dem Kind, dem ältesten von Dreien, diagnostiziert wurde, hat Susanne Heinze, die mit ihrer Familie im Schkopauer Ortsteil Döllnitz zu Hause ist, alle möglichen Angebote ausgenutzt, die ihr von Ärzten und Therapeuten empfohlen wurden. "Und einige Besserung hat das auch schon bewirkt", sagt sie. Doch eben nicht so viel, wie erhofft. Nun hat sie erfahren, dass man mit Reittherapie gerade bei Autisten gute Erfolge erzielen kann.

"Deshalb bin ich ins Gut Seeben gefahren, wo man Erfahrungen damit hat. Schon die ersten Kontakte, die Jonas mit der Haflingerstute hier hatte, haben positive Wirkung gezeigt." Nur ein Problem steht jetzt: 30 Minuten Therapie kosten 20 Euro. "Meine Krankenkasse, die BKK Metro Kaufhof, lehnt es ab, die Kosten zu tragen oder wenigstens einen Zuschuss zu zahlen", das ärgert mich, so die Mutter. "Ich möchte, dass mein Kind später weitgehend selbstständig ist, dass es lernt, auch mit unvorhergesehenen Situation klar zu kommen."

Genau das werde hier praktiziert, sagt Reittherapeutin Sabine Neumann. "Wir haben festgestellt, dass Autisten zu den Pferden schnell Beziehungen aufbauen und es ihnen dadurch eher möglich wird, positiv auf alle möglichen Situationen zu reagieren." Wenn sie auf einem Pferd sitzen, dann müssten sie sich gar nach zwei Seiten orientieren, so Neumann: einmal auf das Pferd, zum anderen auf die Therapeutin, die nebenher läuft. Ein Lerneffekt, der unter anderen Bedingungen oft nur sehr schwer zu erreichen sei. Und so hofft sie, dass die Krankenkasse der Mutter noch Verständnis zeigt und im Rahmen ihres Ermessensspielraumes wenigstens einen Zuschuss zahlt. "Das muss bei genügend gutem Willen doch möglich sein", sagt sie.

Doch dem widerspricht Alexander Rupp, Gruppenleiter bei der Metro AF / Kaufhof BKK. "Das therapeutische Reiten darf von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen werden", sagt er, "auch nicht anteilig. Ermessensspielräume gibt es da nicht." Die gesetzlichen Richtlinien ließen dies nicht zu, auch Einzelfall-Entscheidungen, die anders ausfallen, seien nicht zulässig. Rupp verweist dabei auch auf ein Urteil des Bundessozialgerichts. Susanne Heinze ist enttäuscht. Sie will die Pferde-Stunden fortsetzen - "so lange es irgendwie geht, auch wenn es finanziell sehr schwer fällt", sagt sie.