1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Peißnitz in Halle: Peißnitz in Halle: Eine Liebeserklärung an einen besonderen "Freizeit-Park"

Peißnitz in Halle Peißnitz in Halle: Eine Liebeserklärung an einen besonderen "Freizeit-Park"

Von Oliver Müller-Lorey 03.06.2017, 12:00
In der Sonne liegen kann ja jeder! Lotte Barth versucht sich lieber an der Slackline, einer Art Spanngurt zwischen zwei Bäumen.
In der Sonne liegen kann ja jeder! Lotte Barth versucht sich lieber an der Slackline, einer Art Spanngurt zwischen zwei Bäumen. Holger John

Halle (Saale) - Es ist ja nicht so, als hätten sich hier früher Nutria und Kaninchen Gute Nacht gesagt. Doch die Peißnitzinsel hat sich in den vergangenen Jahren von einer gewöhnlichen Grünanlage zu dem Freizeit-Treff der Stadt schlechthin gemausert.

In Halles „Freizeit-Park“ tobt heute das Leben mehr denn je. Was den Leipzigern der Clara-Zetkin-Park, den Kölnern die Rheinwiesen und den Berlinern ihr Tempelhofer Feld, das ist den Hallensern ihre Peißnitz. An heißen Wochenenden, wie dem vergangenen, versammeln sich hier Studenten, Rentner, Flüchtlinge, Freizeit-Fußballer, Mütter mit Kinderwagen, Hobby-Fotografen, Picknicker und Hundebesitzer - kurz: ganz Halle.

Peißnitz hat sich zum Ballon-Startplatz gemausert

Doch ob alle Hallenser wohl wissen, dass sich ihre Peißnitz auch schon zu einem regelrechten Ballon-Startplatz gemausert hat? Auf der Wiese zwischen Peißnitzhaus und Peißnitzbühne wartet jedenfalls jemand, der all die Besucher in wenigen Minuten von oben sehen wird: Ballonfahrer Oliver Kumpert. Seit gut 15 Jahren startet er ausgerechnet von hier aus, „weil die Peißnitz windgeschützt ist“. Außerdem liege sie zentral und der Blick sei schön. Einfach nur schön? Wie sieht sie denn aus, die Peißnitz von oben? „Grün“, sagt Kumpert. „Man sieht, dass sie eine grüne Schneise mitten in der Stadt bildet. Das ist schon ein privilegierter Platz. Den hat bestimmt nicht jede Stadt.“

Kurze Zeit später hat der Gasbrenner die Luft im Ballon so sehr erhitzt, dass er langsam in die Höhe steigt. Wenn sich die Gäste im Korb nun in Richtung Osten drehen würden, könnten sie auf die Ziegelwiese sehen. Die ist zwar genau genommen kein Teil der Saaleinsel, die meisten Hallenser zählen sie trotzdem zu „ihrer Peißnitz“. Wen man aus dem Ballon hingegen nicht mehr sehen kann: Lotte Barth. Die steht auf einem gelben Gurt, der zwischen zwei Bäumen gespannt ist, einer sogenannten Slackline. Seit einigen Jahren ist das in Parks rund um die Welt der letzte Schrei. Klar, dass der Trend auch auf der Peißnitz angekommen ist. Was die Insel so schön macht? „Die Lage ist zentral, man hat riesige Wiesen. Es gibt gute Treffpunkte: die Brücke oder die bunte Skulptur hinterm Fontäneteich“, sagt die 17-Jährige.

Peißnitzhaus musste inzwischen den dritten Sandkasten nachrüsten

Aus dem Heißluftballon werden die Peißnitz-Brücke und die Skulptur, die den Namen „Das Schiff“ trägt, langsam kleiner. Am Boden tobt das pralle Leben: Im Peißnitzhaus haben die Kellner alle Hände voll zu tun. Jacqueline Tsiknakos, die lieber Jacy genannt werden will, koordiniert die Gastronomie des Peißnitzhaus-Vereins, der es sich zum Ziel gemacht hat, dem maroden Gebäude zu seinem einstigen Glanz zu verhelfen. Ihre Gäste kennt Jacy genau: „Vormittags kommen Mütter mit Babys und alle, die frei haben, und Rentner.“ Mittags kämen Berufstätige. Manche Kinder kenne sie von Geburt an. Viele sehe man immer wieder.

Bei der jungen Generation ist das Peißnitzhaus so beliebt, dass die Betreiber inzwischen den dritten Sandkasten nachrüsten mussten. Die anderen waren immer voll. „Ich finde es zauberhaft mit den vielen Kindern. Seit sechs Jahren arbeite ich hier und will nie wieder etwas anderes machen“, sagt Jacy.

Peißnitz ist nicht nur sauberer geworden, sondern auch lebendiger

Der Ballon ist inzwischen vom Wind in Richtung Süden davongetragen worden. Die Ziegelwiese ist nur noch als kleine grüne Fläche mit gelbem Rand zu erkennen: viel Wiese mit einem schmalen Sandstrand. Der zieht die Hallenser an diesem heißen Wochenende magisch an. Handtücher dicht an dicht. Am Ufer steht die 28-jährige Alexandra Ihle und blickt auf die Saale. „Ich war schon als Kind hier. Die Peißnitz hat sich verschönert. Es ist sauberer, das Wasser war früher sehr dreckig“, sagt sie.

Ganz untertauchen würde sie trotzdem noch nicht, aber mit den Füßen rein, na klar! Die Peißnitz sei aber nicht nur sauberer geworden, sondern auch lebendiger. Jetzt sei ja dauernd etwas los, sagt sie und deutet auf ein paar Buden ein Stück südlich vom Badestrand.

Eine Insel mitten in der Stadt, für Kinder, Erwachsene, Naturliebhaber und Abenteurer

Dort findet am Wochenende das Hansefest statt, mit Drachenbootrennen, Vorführungen und einem Mittelalter-Dorf. In einem Kessel erhitzen bärtige Männer Wasser und gießen es in hölzerne Zuber. Wer will, kann sich reinsetzen. Die Mitglieder eines Mittelalter-Vereins legen ein Brett über die Knie und bedienen den Badegast mit Speisen und Getränken. Nicht mal eine Badehose brauche man. Im Zuber sitze man so tief, da sehe eh niemand etwas. Außer vielleicht, jemand fliegt mit einem Ballon genau darüber.

Aber wo soll es das schon geben? Eine Insel mitten in der Stadt, für Kinder, Erwachsene, Naturliebhaber und Abenteurer. Wo jede Woche ein anderes Fest und ein kunterbunter Ballon in den Himmel steigt? Es muss ein Paradies sein, diese Insel. (mz)

Das ist doch nicht...?! Doch, mitten auf der Peißnitz startet von Zeit zu Zeit ein Heißluftballon.
Das ist doch nicht...?! Doch, mitten auf der Peißnitz startet von Zeit zu Zeit ein Heißluftballon.
Lutz Winkler
Der Biergarten des Peißnitzhauses ist vor allem bei Familien beliebt. An warmen Tagen ist es hier brechend voll.
Der Biergarten des Peißnitzhauses ist vor allem bei Familien beliebt. An warmen Tagen ist es hier brechend voll.
Holger John
Konrad sucht Abkühlung im Badezuber während des Hansefests.
Konrad sucht Abkühlung im Badezuber während des Hansefests.
Holger John