Frühlings Erwachen Opernhaus Halle: Frühlings Erwachen: Junge Leute begeistern in Halles Oper mit Wedekinds Klassiker

halle - „Spring Awakening“ ist das Broadway-Musical zu Frank Wedekinds „Frühlings Erwachen“. An der Oper Halle schlägt’s damit 14. Es ist nämlich die Nachfolgeproduktion des Musicalerfolgs „13“.
Damit hatte das Haus jeden Verdacht, die Jugend von heute habe mit dem Theater nichts mehr am Hut, vom Platz verwiesen. Die damals komplett gecasteten Teenager hatten solchen Erfolg, dass die Wiederholung eines solchen Projekts wie von selbst auf der Agenda der neuen Opernleitung landete.
Glücklicher Intendant
Bei der Premierenfeier war dem Intendanten Florian Lutz die Freude darüber ins Gesicht geschrieben, dass er sich von den Initiatoren Hansjörg Zäther und Peter Schedding dieser Nachwuchsarbeit so schnell überzeugen ließ. Auch wenn deutlich mehr Probenaufwand, Training und Logistik drin steckt, als mancher denken mag. Und als man sieht.
Die beiden können denn auch als Regisseur und als musikalischer Leiter einen Hauptteil des Erfolges für sich verbuchen. Neben den jungen Akteuren zwischen 14 und 20 Jahren versteht sich, von denen zur ersten Premiere die eine Hälfte (Ensemble Rot) auf der Bühne zu erleben war. Die komplette Alternativbesetzung (Ensemble Grün) folgte tags darauf.
Dass dieser durch Spenden finanzierte Kinder- und Jugendchor der Oper ein 40-köpfiges Ensemble für zwei gleichwertige Besetzungen aufbieten und ein ganzes Jahr - neben der Schule - bei der Stange halten kann, ist an sich schon eine Leistung!
Nun ist ein Broadway-Musical per se eine sichere Bank, inklusive der Herz-Schmerz-Kitschgrenzen, die da oft touchiert werden. Wovor im Falle dieser 2006 uraufgeführten Version, zu der Steven Sater das Buch und die Liedtexte sowie Duncan Sheik die Musik beigesteuert haben, der scharfzüngige Frank Wedekind (1864-1918) schützt.
Wer im Operncafe den „kulinarischen Abend“ über diesen Autor erlebt hat, weiß, dass Wedekind nicht nur (im Lied versteht sich) seine Tante geschlachtet, sondern es auch auf die damals „Heiligen Kühe“ abgesehen hatte. Das Erwachen der Sexualität in einer autoritären Gesellschaft so offen zu thematisieren, war 1891 ein Skandal.
Ewiger Konflikt
Rein historisch ist die Geschichte der Pubertierenden (mit einem Selbstmord als Flucht vor dem Leistungsdruck und dem Tod bei einer heimlichen Abtreibung) aber nicht. Für einen Teil der Konflikte, die es auch heute zwischen Erwachsenen und Heranwachsenden gibt, liefert Wedekind die Urform.
Sebastian Hannak hat ein verschachteltes, nüchtern weißes Haus auf die Drehbühne gestellt. Wie Marie Ronninger mit dosierten Videozugaben, so schlägt auch Cordula Erlenkötter mit ihren Retrokostümen eine Brücke zwischen den Zeiten. Da lenkt kein historisches Rascheln von der Geschichte ab, die zwischen kindlicher Unbekümmertheit und tödlicher Gefahr spielt. Sie führt nicht nur wie für Melchior und Wendla ins einschwebende Kornfeld, sondern auch auf den Friedhof, wo Melchior den Geistern von Moritz und Wendla begegnet, die auf der Strecke geblieben sind.
Ein Abend, bei dem einem das Herz aufgeht. Denn alle machen hier ihre Sache fantastisch. Für das tänzerische Niveau und Tempo hat Rafal Zeh gesorgt. Anton Huschka als Melchior, Rebekka Scheufler als Wendla, Fabian Krystossek als Moritz und Lia Weiß als Ilse stehen da nur stellvertretend. Klar, dass die erfahrenen Schauspieler Barbara Zinn und Joachim Unger das gute Dutzend Erwachsenen-Rollen ebenso präzise beisteuern wie die „Staatsband“ des Opernhauses ihren Part. Reingehen! Und danach im Neuen Theater „Live Fast - Die Young“ (Wedekinds Stück als Gegenwartsversion) anschauen.
Nächste Vorstellungen im Opernhaus Halle am 16. (11 Uhr), 17. (19.30 Uhr) und 19. Februar (15 Uhr); „Live Fast - Die Young“ in der Kammer des Neuen Theaters am 2. März, 20 Uhr (mz)