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Wer wird neuer OB? Oberbürgermeisterwahl in Halle: So kamen die acht Kandidaten beim MZ-Wahlforum an

Von Tanja Goldbecher 04.10.2019, 06:00
MZ-Chefredakteur Hartmut Augustin (li.) und Lokalchef Dirk Skrzypczak (re.) haben das Wahlforum moderiert. In der zweiten Gesprächsrunde saßen Bernd Wiegand (2.v.li.), Dörte Jacobi (3.v.li.), Andreas Silbersack (3.v.re.) und Hendrik Lange (2.v.re.) auf dem Podium.
MZ-Chefredakteur Hartmut Augustin (li.) und Lokalchef Dirk Skrzypczak (re.) haben das Wahlforum moderiert. In der zweiten Gesprächsrunde saßen Bernd Wiegand (2.v.li.), Dörte Jacobi (3.v.li.), Andreas Silbersack (3.v.re.) und Hendrik Lange (2.v.re.) auf dem Podium. Silvio Kison

Halle (Saale) - Am 13. Oktober werden knapp 191.000 wahlberechtigte Hallenser entscheiden, welche Person für die kommenden sieben Jahre der oberste Repräsentant der Stadt wird. Insgesamt acht Kandidaten bewerben sich um das Oberbürgermeisteramt. Im MZ-Wahlforum waren am Mittwochabend alle acht Anwärter zu Gast und haben sich den Fragen des MZ-Chefredakteurs Hartmut Augustin, des Lokalchefs Dirk Skrzypczak und des Publikums gestellt. Die MZ ordnet ein, wie die einzelnen Kandidaten bei den Zuhörer ankamen.

Bernd Wiegand: Der Amtsinhaber hat einen entscheidenden Vorteil. Wie kein anderer kann er aufzählen, was sich unter seiner Führung in den vergangenen sieben Jahren in Halle zum Positiven verändert hat und welche neuen Projekte angeschoben werden. Und auch sonst war der parteilose Politiker auf dem Podium in sämtlichen Sachfragen sattelfest.

In einer zweiten Amtszeit will der 62-Jährige Schwerpunkte auf einen ausgeglichenen Haushalt, den Klimaschutz und das neue Tourismuskonzept setzen. „Außerdem muss es eine Diskussion um neue Gewerbegebiete geben“, sagte Wiegand.

Er war zugleich der einzige Kandidat, der ab und zu einen Blick auf sein Tablet geworfen hat. Zum Teil applaudierte das Publikum nach seinen Antworten. Die Bürger konfrontierten ihn jedoch auch mit kritischen Nachfragen.

Hendrik Lange: Der Linken-Landtagsabgeordnete hatte eindeutig die meisten Unterstützer in der Veranstaltung im Auditorium der Martin-Luther-Universität versammelt. Fast nach allen Redebeiträgen des 42-Jährigen gab es Beifall im Saal. Der gemeinsame Kandidat von Linke, SPD und Grüne will in Halle eine Verkehrswende bewirken.

„Ich will zunächst ein kostenfreies Schülerticket durchsetzen“, sagte Lange. Ihm schwebt perspektivisch ein komplett kostenloser Nahverkehr, eine autofreie Innenstadt und ein Radfahreranteil im Straßenverkehr von 25 Prozent vor. Außerdem hat er sich vorgenommen, dem städtischen Wald mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Andreas Silbersack: Der FDP-Politiker will in Halle eine Aufbruchstimmung entfachen. „Wir müssen uns aus der Verpuppung lösen. Die Stadtspitze muss sich stärker vernetzen, um zukunftsfähig zu werden“, sagte der Rechtsanwalt – und setzte damit mehrere Seitenhiebe in Richtung Wiegand.

Halle sei eine wunderschöne und kulturell reiche Stadt – ihr fehle jedoch das entsprechende Selbstbewussten. Er will zum Beispiel die Bundesgartenschau nach Halle-Neustadt holen. Das Publikum ließ sich jedoch nicht so recht von seinen Worten mitreißen und forderte zum Teil konkretere Antworten von ihm ein. Der ehemalige Baudezernent Wolfgang Heinrich, der sich unter den Zuhörern befand, nannte den 51-Jährigen sogar einen „Zauberlehrling“.

Dörte Jacobi: Die einzige Frau unter den OB-Kandidaten lockerte die Gesprächsrunde auf. „Ein Oberbürgermeister ist wie ein Fußballtrainer, er muss die Fähigkeiten seines Teams wahrnehmen und fördern“, sagte das Mitglied der Satirepartei „Die Partei“. Lacher erntete die 33-jährige Studentin auch für ihren Kommentar, die Bürger sollten lieber der Stadt als den Banken ihr Geld geben: „Wir können es genauso verbrennen.“ Auf manche inhaltliche Fragen wollte Jacobi nicht antworten. Zum Teil hangelte sie sich auch mit Kommentaren wie „der Mensch muss im Vordergrund stehen“ durch den Abend.

Daniel Schrader: Der parteilose Feuerwehrmann hatte schon zeitig seine Kandidatur für die Oberbürgermeisterwahl bekanntgegeben. Zuletzt ist der 37-Jährige jedoch kaum öffentlich in Erscheinung getreten. Auf dem Podium erregte er hauptsächlich mit seiner Forderung nach einer ehrenamtlichen Sicherheitswacht nach dem Modell der Freiwilligen Feuerwehren Aufmerksamkeit. „Wie stellen Sie sich so eine Bürgerwehr konkret vor?“, wollte ein junger Mann aus dem Publikum wissen. „Mit einer direkten Funkverbindung zur Polizei, aber unbewaffnet“, antwortete Schrader.

Martin Bochmann: Der Einzelkandidat gehört wie Dörte Jacobi der Satirepartei „Die Partei“ an. In der Gesprächsrunde spulte er Parteiforderungen herunter: Eine Maut für SK-Kennzeichen, Neustadt sollte wieder eigenständig werden und langfristig müsse Halle mit Leipzig fusionieren. Ernst konnte ihn das Publikum mit solchen Aussagen nicht nehmen – auch wenn Bochmann die Ernsthaftigkeit seiner Kandidatur beteuerte. „Ich würde mir doch nicht so viel Zeit nehmen, wenn ich es nicht ernst nehmen würde. Ich musste ganze zwei Tage lang Unterschriften für die Oberbürgermeisterwahlbewerbung sammeln.“ Besonders viele Lacher gab es für seinen Auftreten allerdings nicht im Publikum.

Falko Kadzimirsz: Der Kandidat der Freien Wähler begann seinen Auftritt mit einer Beschwerde. Er hätte lieber in der zweiten Runde auf einem Podium mit Amtsinhaber Bernd Wiegand gesessen. „Ich habe mit mir gehadert, ob ich unter diesen Bedingungen überhaupt teilnehmen soll“, sagte der Unternehmer. Im Laufe der Diskussionsrunde gelang es ihm jedoch, unter den Kandidaten hervorzustechen.

Bei fast allen Fragen dominierte Kadzimirsz mit seinen Antworten. Er schlägt beispielsweise vor, mit dem Saalekreis zu fusionieren, um mehr Bedeutung in der Region zu erlangen: „Das ist meine geopolitische Vision.“ Auf den zusätzlichen Flächen könnten weitere Unternehmen angesiedelt und neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Das Publikum richtete die meisten Fragen in dieser Gesprächsrunde an ihn.

Rolf Lennart Thiemann: Der parteilose Versicherungsvertreter ist der Überraschungskandidat dieser Wahl. Erst kurz vor Bewerbungsschluss hat er seine Kandidatur bekanntgegeben. In der Stadtpolitik hat er bisher keine Rolle gespielt. Wenige seiner Aussagen waren in der Diskussionsrunde konkret.

Seiner Meinung nach müsse sich zum Beispiel die Betreuung im Jobcenter verbessern, der Nahverkehr müsse bezahlbar bleiben und die Stadt brauche ausreichend Kita-Plätze. Auf die Frage der Moderatoren, warum ihn die Hallenser wählen sollten, sagte Thiemann: „Weil Halle einen Kaufmann braucht.“ (mz)

Im ersten Teil des Wahlforums stellten sich Falko Kadzimirsz, Daniel Schrader, Rolf Lennart Thiemann und Martin Bochmann (von links) den Fragen der Moderatoren und des Publikums.
Im ersten Teil des Wahlforums stellten sich Falko Kadzimirsz, Daniel Schrader, Rolf Lennart Thiemann und Martin Bochmann (von links) den Fragen der Moderatoren und des Publikums.
Silvio Kison