Neuer Trend in Halle Neuer Trend in Halle: Ab zur Kuschelparty

Halle (Saale)/MZ - Die Reaktion ist fast immer diegleiche: eine Mischung aus ungläubigem Staunen und Ratlosigkeit. Kuschelparty? Wie jetzt? Was soll das sein? Wie soll das gehen? Kuscheln? Mit wildfremden Menschen?
Wer’s nicht glaubt, kann sogar im großen Online-Lexikon nachgucken. Denn natürlich hat die „Kuschelparty“ auch bei Wikipedia längst einen eigenen Eintrag. Hella Holter bringt den Trend nun nach Halle. Für Sonnabend lädt sie zum ersten Kuschelnachmittag ein. Drei Stunden wird die Veranstaltung dauern. Und sie wird - das kann man vermutlich nicht oft genug betonen - nichts, aber auch gar nichts mit Sex oder Erotik zu tun haben. Kuscheln im Sinne eines „absichtslosen Berührens“, sagt Hella Holter. Die 44-Jährige ist im Hauptberuf Mitarbeiterin einer sozialen Einrichtung und außerdem Yoga-Lehrerin.
"Da kann ich mich drauf einlassen"
Sie war selbst ziemlich skeptisch, als eine Freundin sie in Berlin zu einer Kuschelparty mitnehmen wollte. Vor zweieinhalb Jahren war das. Rund 30 Teilnehmer waren damals dabei - „aber ich hatte gleich das Gefühl: Da kann ich mich drauf einlassen“, sagt Hella Holter. Und sie merkte: „Das tut mir einfach gut.“ Hella Holter besuchte weitere Kuschelpartys, in Berlin und in Leipzig - und schnell keimte in ihr der Wunsch, so etwas auch in Halle anzubieten. Anfang dieses Jahres absolvierte sie eine kleine Ausbildung zur „Kuschel-Trainerin“, als Wochenendkurs bei der Berlinerin Rosemarie Doebner, quasi der Kuschel-Nestorin in Deutschland.
Als Erfinder der Kuschelparty gilt der New Yorker Sexualtherapeut Reid Mihalko, der sie im Jahr 2004 ins Leben rief und damit Schwung in die Beziehungen seiner Klienten bringen wollte.
Natürlich gibt es sehr klare Regeln: Keine Küsse, keine intimen Berührungen, jeder behält seine Kleidung an. „Wir schaffen einen geschützten und sicheren Rahmen, in dem sich jeder wohlfühlen kann.“ Da versteht es sich fast von selbst, dass Alkohol bei Kuschelpartys tabu ist.
Hella Holter spricht von „bewusstem Erleben“ und von „Achtsamkeit“. Achtsam solle jeder mit sich selbst sein - und respektvoll mit anderen umgehen. Was aber sagt es über eine Gesellschaft, in der Kuschelpartys angeboten werden? Kann man das nicht auch traurig finden? Hella Holter nickt. „Wir sind eine berührungsarme Gesellschaft geworden“, sagt sie. In Asien, wo sie oft auf Reisen ist, gebe es im normalen Alltag eine viel größere Nähe. Natürlich seien es oft Singles, die Kuschelpartys aufsuchen, weiß Holter. Aber auch Paare machten mit, die auf der Suche nach verlorener Nähe sind.
Kuscheln entspannt, baut Stress ab, macht glücklich
Am Anfang des dreistündigen Kuschelnachmittags wird getanzt, erst schnell, dann langsamer. Es folgen einige „Vorübungen“, oft mit verbundenen Augen. Nach einer Pause werden Matratzen zur „Kuschelwiese“ zusammengelegt. Auch hier gilt: Ein Rückzug ist jederzeit möglich.
Der therapeutische Nutzen liegt auf der Hand: Kuscheln entspannt, baut Stress ab, macht glücklich. Jedes Kind holt sich seine Streicheleinheiten ganz selbstverständlich ab, für Erwachsene ist es nicht immer so einfach. Nach den drei Stunden, so Hella Holters Erfahrung, „will eigentlich niemand nach Hause gehen, weil es so schön war“.
Der Kuschelnachmittag findet am Samstag von 16 bis 19 Uhr in der Luisenstraße 6 statt. Eine Voranmeldung ist nicht erforderlich; die Teilnahmegebühr kostet zwölf Euro.