Neuer Kunstschatz in der Moritzburg Neuer Kunstschatz in der Moritzburg : Halle erhält ein Stück Picasso

Halle (Saale) - Wenn es einen Lorbeerkranz für Bescheidenheit, ja für Diskretion gäbe - Halle hätte ihn verdient: Mal wieder, denn gerade im Vergleich zu einer eher selbstbewusst, ja großspurig auftretenden Nachbarstadt hinter der sächsischen Landesgrenze ist diese hallesche Tugend schon gelegentlich mal aufgefallen. Und nun wieder - just in dem Moment, da sie endet: Denn wenn am Samstag die Ausstellung „Magie des Augenblicks“ in der Moritzburg ihre Pforten fürs breite Publikum öffnet, dann werden nicht nur millionenschwere Schweizer Leihgaben unter anderem von Vincent van Gogh zu sehen sein. Nein, auch das hallesche Kunstmuseum selbst wird eine bislang quasi geheime Schublade öffnen und ein Werk des derzeit am teuersten gehandelten Künstlers der Welt hervorzaubern: einen echten Picasso!
Großer Aufwand für kleines Meisterwerk
Die beginnende Schau mit Werken im Dunstkreis des französischen Impressionismus ist nämlich der denkbar würdigste und denkbar magischste Augenblick für diese Erstpräsentation. „Es ist unser größter Name - und sein Werk, dieses Werk, passt genau zu Halle mit seiner Keramiktradition der Burg“, kommentiert Moritzburg-Chef Thomas Bauer-Friedrich, dem der Stolz gerade über dieses Bestandsstück deutlich anzumerken ist.
Es handele sich dabei um eine Schale mit einem von Picassos Lieblingsmotiven, dem spanischen Kunst-Nationalhelden Don Quijote. Picasso habe (wie so vielem sonst) so auch „der Anziehungskraft der Möglichkeiten der Keramikgestaltung nicht widerstehen können“, erläutert der im Kunstmuseum auch für das Thema Keramik zuständige Kustos Ulf Dräger - und führt aus: „Für seine Schale modellierte er eine Gipsform, die auf der Töpferscheibe mit Ton so überdreht wurde, dass im Inneren die Darstellung von Don Quijote zu Pferd mit Sancho Pansa unter einem geometrischen Randdekor als Relief erscheint. Über der hellen cremefarbenen Glasur übermalte der Künstler dann in Schlickertechnik mit dem Pinsel das Relief“, und dafür, so Dräger, „habe der Meister die Engobe mit Kupferoxid eingefärbt“: Ein doch großer Aufwand für ein kleines Meisterwerk des wohl größten Meisters seiner Zeit (1881-1973). Doch wie und warum ist diese Arbeit des Spaniers, der bekanntlich große Teile seines Lebens in Frankreich zugebracht hat, ausgerechnet in den Besitz der Moritzburg gelangt?
Besuch von Picasso
Diese Frage ist offenbar nicht bis ins Detail geklärt. Klar ist aber, dass die am 30. Januar 1954 in Südfrankreich in einem Keramik-Atelier geschaffene Schale aus dem Besitz eines halleschen Künstlers stammt, den die Moritzburg freilich nicht namentlich nennen möchte. Dieser erste Besitzer hatte Picasso einst offenbar persönlich besucht. Der Moritzburg verkauft hat das Stück dann allerdings erst sein Sohn - und zwar im Jahr 1963. Inwieweit die Schale womöglich sogar ein Geschenk des Künstlers an den Hallenser gewesen ist, lasse sich aber wohl nicht mehr klären, so hieß es.
Die Sonderschau "Magie des Augenblicks“ in der Moritzburg eröffnet am Samstag (12.3.) und ist dann noch bis zum 11. September 2016 zu besichtigen.
Einen besonderen Reiz verleihen der Picasso-Schale die leicht nach außen verlaufenden, mattschwarzen Linien - die, wie Dräger erläutert, dem Keramik-Brand geschuldet sind. Auf diese Weise bekommt der Don Quijote etwas Schwereres, Handfesteres, als es Picassos berühmter, klapperdürrer Ritter hat, den der Meister schon ein Jahr später (1955) in Tusche zeichnen sollte und bei dem er endlich auch dessen Knappen Sancho ein eigenes Reittier gönnte.
Doch in diesem wie in jenem Fall bringt Picasso es fertig, mit wenigen Strichen und in sicherlich auch nicht viel mehr Minuten dem sprichwörtlichen Ritter von der traurigen Gestalt - jene, nämlich seine Gestalt zu geben, die ein kleines Monument ist für die Macht der Fantasie in der zuweilen deprimierenden Welt des Faktischen. (mz)
Sie ist die heimliche Königin der Moritzburg: Das Bildnis der Dame "Marie Henneberg" (1902) von Gustav Klimt ist Teil der Dauerausstellung. Es ist eines von nur zwei Gemälden Klimts in deutschem Museumsbesitz.
Im Südflügel der Moritzburg, in den historischen Zimmern im Talamt, ist die wertvolle Perlenhaube zu sehen. Es ist ein 400 Jahre alter Frauenschmuck aus der Renaissancezeit und besteht aus Golddraht. Darauf sind mit dünnem Silberdraht mehrere hundert kleine Süßwasserperlen, Spangen, emaillierte Zierstücke und Rosetten aus Gold befestigt.
Das Gemälde "Der Dom zu Halle" (1930) von dem deutsch-amerikanischen Maler Lyonel Feininger hängt in der Moritzburg an einem Fenster mit Blick zu diesem Dom. Insgesamt elf Stadtansichten von Halle hat Feininger geschaffen, darunter auch die Marktkirche, Marienkirche und der Rote Turm.
Das Doppelporträt "Max und Minna Beckmann" (1909) zeigt den Maler Max Beckmann und seine Frau Minna Beckmann-Tube und ist in der Dauerausstellung vertreten.
In der Dauerausstellung 'Moderne Eins' ist das Porträtgemälde "Dr. Linde" von Edvard Munch zu sehen. Munch hat dies seinem langjährigen Freund und Förderer Dr. Max Linde, ein Lübecker Augenarzt, gewidmet.