Nach vernichtendem Urteil für Betonklötze Nach vernichtendem Urteil für Betonklötze: Wie sicher sind die Sperren in Halle?

Halle (Saale) - Knapp drei Jahre ist es her, dass der Islamist Anis Amri einen Sattelzug in eine Menschenmenge auf dem Berliner Weihnachtsmarkt lenkte und elf Menschen tötete. Viele Weihnachtsmärkte und Stadtfeste sind seitdem mit Fahrzeugsperren gesichert.
Betonsperren, Poller und Wassersäcke sollen verhindern, dass Laster oder Autos in Menschenmengen fahren. Auch in Halle stehen auf der Leipziger Straße in Höhe der Ulrichskirche mehrere Betonklötze, die mit einem Stahlseil verbunden sind. Jetzt kommen aber Zweifel an der Wirksamkeit der Sperren auf.
Blöcke im Crashtest
Ein Test der Dekra im Auftrag der MDR-Sendung „Umschau“ hat den Betonklötzen ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt. Die Prüfingenieure ließen einen schweren Lastwagen in einem professionellen Crashtest gegen verschiedene Sperren fahren und maßen, wie weit der Laster es schaffte. Ergebnis: Bis zu 60 Meter kommt ein Lkw, wenn er auf eine Betonsperre trifft. Allerdings waren die Steinquader im Test nicht wie in Halle mit Stahlseilen verbunden.
Ob sie durch die Kette besser wirken, ist unklar. Bessere Systeme, die allerdings auch teurer sind, stoppten dasselbe Fahrzeug im Dekra-Test schon nach 17 beziehungsweise 15 Metern. Darunter war etwa ein Betonkörper in Form eines „L“s, bei dem der Laster auf die kurze Seite auffährt und sich somit selbst blockiert.
Sperren von der Stadt im Jahr 2017 für 15.000 Euro angeschafft worden
Auf Nachfrage der MZ, wie sicher die Sperren in Halle sind, sagt Tobias Teschner, Leiter des Fachbereichs Sicherheit: „Die eingesetzten Systeme verhindern das widerrechtliche Befahren von bestimmten Bereichen oder erschweren es erheblich.“ Dass es inzwischen bessere Schutzsysteme gibt, ist im Rathaus aber offenbar bekannt. So teilt Teschner mit, die derzeit eingesetzten Sperren seien von der Stadt im Jahr 2017 für 15.000 Euro angeschafft worden.
„Die Entwicklung einheitlicher Standards für die Prüfung von mobilen und stationären Systemen erfolgte im Jahr 2018, erst seitdem bieten Hersteller schrittweise zertifizierte Systeme an.“ Ein Vergleich der Systeme war damals also nur schwer möglich. Die Stadt prüfe derzeit „die Installation von stationären Systemen an den Zufahrten des Marktplatzes“. Wie die Stadt konkret nachrüsten will, sagte er auch auf Nachfrage nicht.
Dresden testet neue Systeme
Wie effektiver Schutz auf dem Weihnachtsmarkt funktionieren kann, zeigt das Beispiel Dresden. Dort werden zusätzlich zu Wasserbehältern, die beim Dekra-Test schon gut abschnitten zwei Systeme von regionalen Anbietern auf dem berühmten Striezelmarkt getestet. Eine der Firmen baut eigentlich Wintergärten, stellt aber auch massive Pflanzkübel her. Laut einer Stadtsprecherin werden die Testsperren kostenfrei zur Verfügung gestellt. Schon jetzt bereitet Dresden zudem eine Ausschreibung für neue Fahrzeugrückhaltesysteme vor, die 2020 zum Einsatz kommen sollen. Mehr als eine halbe Million Euro will die Stadt dafür in die Hand nehmen.
Auch der Vorsitzende der CDU-Fraktion im halleschen Stadtrat, Andreas Scholtyssek, fordert, dass die Stadt im Ordnungsausschuss alternative Blockiersysteme vorstellt. Außerdem wundere er sich, dass die Blöcke in diesem Jahr erst auf der Hälfte der Leipziger Straße aufgebaut seien und nicht wie sonst am Eingang in Höhe Hansering. „Es ist schade, dass diese Sperren überhaupt gebraucht werden. Aber wenn der Test der Dekra zeigt, dass Fahrzeuge so weit kommen, sollte das bei der Aufstellung berücksichtigt werden.“ (mz)