Nach offenem Brief an GDL-Chef Claus Weselsky Nach offenem Brief an GDL-Chef Claus Weselsky: Das ist die MZ-Bürgerreporterin, die sich für den Bahnstreik bedankte
Halle (Saale) - Briefe hat Gabriele Degen schon viele geschrieben. Einhundert Brieffreundschaften pflegt die Hallenserin seit Jahren. Ihre Zeilen an GDL-Chef Weselsky aber nahmen keinen normalen Postweg. Im MZ-Mitmachforum schrieb Degen, warum sie dem Streikführer dankbar ist, dass die Züge stillstanden und sie fünf Stunden für den Weg von Halle nach Leipzig brauchte. Ein Brief, der hohe Wellen schlug.
Dabei war es für die 54-Jährige nur eine Art Satire. Sie schrieb: „Herr Weselsky, Sie haben an einem Tag etwas geschafft, was mir in mehreren Monaten trotz allerlei Schmeicheleien, Augenklimpern und leckersten Kochkünsten nicht gelungen ist. Sie haben meinen Mann überzeugt, wieder einen Zweitwagen zu kaufen.“
Ein Brief an Weselsky, der zum Schmunzeln anregen sollte. „Ich hätte auch an Bahnchef Rüdiger Grube schreiben können“, meint die Hallenserin einen Tag später. „Vermutlich hätten die beiden sogar über die Zeilen gelacht.“
Zornige Antworten auf satirischen Brief an Claus Weselsky
Für Degen war es Satire, um dem langen Warten etwas Gutes abzugewinnen. Satire, die nur wenige verstanden. Zornige Antworten hat die Briefeschreiberin bekommen. Wilfried Thorwirth aus Halle etwa gibt Degen eine „Note 6“ für ihren Brief, sie hätte doch die Reise anders planen können und Degen solle sich lieber solidarisch mit den Lokführern zeigen. Enrico Günther meint sogar: „Der Brief ist einfach nur dämlich.“ Eine Resonanz, mit der Degen nicht gerechnet hat.
Ihren Frust vom Bahnsteig hat sie einfach auf humorvolle Weise verpacken wollen. „Neben mir hat eine junge Frau gewartet, die für diesen Tag ihren Umzug geplant hatte“, erzählt Degen. Stundenlang konnte die Hallenserin beobachten und mithören, wie schwierig es für die junge Frau war, alles umzuorganisieren. „Es ist eben nicht immer alles so planbar, wie manche Kritiker meinen“, sagt Degen.
Sie selbst übrigens wollte nur mit dem Zug fahren, weil sie einen Arzttermin hatte, der über Monate geplant war. „Ich bekam eine Betäubungsspritze und wollte ein sicherer Verkehrsteilnehmer sein“, meint Degen. Einfach mal so verschieben, das wäre nicht gegangen.
"Wer nur über Blumen und Tiere schreibt, bekommt immer positives Feedback."
Trotz Sturm der Entrüstung: Gabriele Degen wird weiterhin Briefe schreiben, auch im MZ-Mitmachforum. „Wer über Blumen und Tiere schreibt, bekommt immer positives Feedback. Aber das ist nicht meins. Ich muss auch sagen können, was ich denke.“
Auf das MZ-Mitmachforum ist die gebürtige Berlinerin, die 2002 nach Halle zog, 2014 gestoßen. Hier berichtet sie über Erlebnisse und Reisen aus der Nachbarschaft und in der Region. Und im Forum hat Degen Dinge über die Saalestadt gelernt, die in keinem Reiseführer stehen. „Bei den vielen Briefen, die ich schreiben, gibt es auch Erlebnisse, über die ich alle informiere. Um die Briefe persönlich halten zu können, verfasse ich nun Erlebnisberichte im MZ-Mitmachforum“, sagt Degen. Und hier schreibt sie auch das nächste Mal, wenn sie wieder unverhofft, etwas sonderbares erlebt. (mz)