MZ-Interview MZ-Interview: Amigos sprechen nicht nur über die heile Welt

Halle (Saale) - Bernd (65) und Karl-Heinz Ulrich (67) sind Brüder. Und Freunde, sogar beruflich: Als Amigos stehen sie seit den 70er Jahren auf der Bühne. Und machen, da bleiben sie ihrer Linie treu, deutschen Schlager. Derzeit sind sie wieder auf Tour. Unter dem Motto „Danke Freunde“ wollen sich die Künstler bei ihrer Fangemeinde bedanken. Halt machen die Brüder auch am Freitag im Steintor-Varieté in Halle und am 6. Mai im Gewandhaus Leipzig (jeweils 19.30 Uhr). Für die MZ hat sich Nikta Vahid mit dem Amigo Bernd Ulrich, der nach seiner Erkrankung wieder fit für die Bühne ist, über die anstehenden Konzerte, Heimat und den Schlager abseits der schönen, heilen Welt unterhalten.
Herr Ulrich, „Danke Freunde“, das klingt irgendwie nach Abschied.
Karl-Heinz Ulrich: Nein, nein, das ist keine Abschiedstour, sondern ein großes Dankeschön an unsere Fans. So heißt auch das letzte Lied auf unserem Album. Wir wollen den Fans einfach mal Danke sagen für die letzten Jahre, in denen sie immer zu uns gehalten haben. Wir haben auch schon für 2017 Termine. Und außerdem sind wir zu jung, um aufzuhören! (lacht)
Was können Ihre Fans in Halle und Leipzig erwarten?
Ulrich: Natürlich können wir nicht auf so manche alte Lieder verzichten. Wir spielen auch Lieder aus dem Album „Santiago Blue“. Wir haben das schon getestet und es kommt super gut an. Aber natürlich werden wir eine vernünftige Mischung finden, nicht nur aus dem einen Album, sondern auch aus dem Album „Sommerträume“. „Weißt du, was du für mich bist“, ist ein Lied, das die Fans immer gerne hören. Und natürlich eine Auswahl der beliebtesten Amigos-Hits aus den zehn Jahren seit 2006. Wir haben ein schönes Programm zusammengestellt. Wir sind wieder mit unserem 40-Tonner-Truck samt neuer Bühne unterwegs. Wir freuen uns schon sehr. In der Gegend Leipzig und Halle haben wir viele Fans, wir waren schon oft dort und die Hallen sind meistens ausverkauft.
Sie machen schon seit den 70er Jahren Musik. Woher nehmen Sie heute die Inspiration?
Ulrich: Man braucht nur mit offenen Augen und Ohren durch die Straßen zu gehen oder im Gespräch fällt ein guter Satz. Es wird dennoch von CD zu CD schwerer, neue Themen zu finden. Aber wir widmen uns auch ernsten Themen. Die Schlagermusik wird, von denen, die sie nicht mögen, so gesehen, als gehe es nur um die schöne heile Welt. Radiosender spielen keine deutsche Musik mehr, das ist auch so eine Sache, die uns stört. Unsere deutsche Sprache wird mit Füßen getreten. Übersetzen Sie doch mal englische Texte ins Deutsche, da gehen Sie auch rückwärts. Wir singen aber nicht nur von der heilen Welt, sondern greifen auch sozialkritische Themen auf. Wir schreiben Lieder gegen Kindesmissbrauch und sind Botschafter des Weißen Rings. Das ist ein ganz großes Thema für uns. Seit Kurzem unterstützen wir auch die „Stiftung Kinderblick“ eines Hoteliers aus Singen. Die Stiftung kämpft als Eigeninitiative der Hotelbranche gegen Kindesmissbrauch und Kinderprostitution in Hotels. Wir wollen Präventionsarbeit leisten.
Über welche Themen singen Sie noch in Ihren Liedern?
Ulrich: Wir wollen helfen und Tabuthemen aufbrechen. Wir singen nicht nur gegen Kindesmissbrauch, sondern möchten die Aufmerksamkeit auch auf die Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen lenken, die enorm gestiegen ist. Hier richten wir uns direkt an die Jugend. Wir haben auch über Obdachlosigkeit geschrieben. Wir achten jeden Menschen, das ist unser Motto und dem werden wir immer treu bleiben. Wir werden weiter solche Lieder schreiben, um Menschen wachzurütteln und zu sagen: Schaut besonders bei Kindern genau hin, sie sind das größte Gut, das wir in unserem Land haben, aber auch das schwächste Glied. Hierfür wollen wir unseren Bekanntheitsgrad nutzen.
Sie kommen aus dem mittelhessischen Städtchen Villingen, sind heute aber auch in der halben Welt unterwegs. Was bedeutet Ihnen dabei Heimat?
Ulrich: Heimat ist dort, wo du die Namen der Toten kennst. Hier sind das Elternhaus, die Wurzeln und die Freunde. Wir brauchen keinen Sportwagen, keine Designerklamotten und auch keine Jacht. Wir sind einfach dankbar und wollen gemeinsam mit den Menschen, die uns so weit gebracht haben, genießen, dass wir den Erfolg haben. Wir sind auch nicht so erzogen worden, dass wir viel Luxus brauchen. Luxus ist für uns Zeit und Gesundheit.
Hätten Sie zu Beginn Ihrer Musikerkarriere jemals gedacht, dass Sie mal so berühmt sein würden?
Ulrich: Nee, nie. Wir haben auch gar nicht drauf gewartet. Wir waren ja zufrieden, wir hatten unsere Jobs und haben am Wochenende Musik gemacht. Das hat uns genügt. Als ich meinem damaligen Chef erzählt habe, was ich vorhabe, nämlich es nach dem Überraschungserfolg 2006 dann doch hauptberuflich mit der Musik zu versuchen, da hat er mich erst mal für verrückt erklärt. Jahre später haben wir uns neulich wiedergetroffen und über die alten Geschichten gesprochen. Das waren tolle Erinnerungen.
Sie sind gelernter Bierbrauer und haben ja auch jetzt wieder ein Bier gebraut…
Ulrich: Ja, das war ein Zufall. Bei einem Konzert haben wir einen ehemaligen Brauerei-Kollegen wiedergetroffen und hatten die spontane Idee, das Amigos-Bier „Ein Schluck Freundschaft“ zu machen. Das Bierbrauen hat mir immer großen Spaß bereitet, es beinhaltet viele Berufszweige, ob Biologie oder Chemie, schon allein die Aufbereitung des Brauwassers ist hochinteressant. Mal wieder in die Tiefe des Bierbrauens einzusteigen, das hat Spaß gemacht. Wir haben ein kellertrübes Zwickl gebraut, um auch den Geschmack der Frauen zu treffen, die zum Beispiel kein bitteres Pils mögen.
Kartenanfragen für die Konzerte der Amigos bei TiM-Ticket unter der Telefonnummer 0345/2 02 97 71