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MZ-Gespräch mit Klaus Adolphi MZ-Gespräch mit Klaus Adolphi: Weihnachten war ein richtiger Zauber

23.12.2002, 20:30

Halle/MZ. - Klaus Adolphi hat wenig Zeit im Moment. Am vergangenen Sonntag stand er zum 27. Mal binnen einen Monats in der Rolle des Hunds Lumpi auf der Bühne des Steintor-Varietés. MZ-Redakteur Peter Godazgar sprach mit ihm über die traditionelle Weihnachtsrevue, Adventsstress und seine Bands "Horch" und "Aberlours".

27 Auftritte vom 1. bis 22. Dezember. Das klingt nicht nach besinnlicher Vorweihnachtszeit.

Adolphi: Die Weihnachtsrevue produziert natürlich genau den Faktor, der ohnehin an Weihnachten eher negativ wirkt. Weihnachten ist eben zunehmend kein Wunder mehr, sondern ein Geschäft.

Dafür spielen Sie vor einem restlos begeisterten Publikum.

Adolphi: Stimmt, und das ist auch das, was am meisten Spaß macht. Wenn uns durchschnittlich tausend Kinder aus Leibeskräften unterstützen, warnen oder mit dem Fuchs streiten, dann ist das einfach riesig. Das machte es auch mir, der es nicht gewöhnt ist, so früh aufzustehen, leichter, morgens aus dem Bett zu kommen. Die ersten Vorstellungen waren ja wochentags um halb neun.

Seit wann sind Sie bei der Weihnachtsrevue?

Adolphi: 1991 war ich das erste Mal als Musiker dabei, damals spielte noch Greti Emmer den Hasen Hoppelpoppel. Dann schlüpfte ich irgendwann mal in die Rolle des Hahns, was auch sehr lustig war und mir eigentlich auch besser lag.

Wie sind Sie denn sozusagen auf den Hund gekommen?

Adolphi: Den Lumpi gibt es seit 1996. Nachdem Greti Emmer aufgehört hatte, brauchten wir einen positiven Gegenpol zum vorwitzigen, schrägen Fuchs, und das ist eben der immer liebe Lumpi. Dabei bin ich eigentlich gar nicht so gerne der Gute. Es ist natürlich viel reizvoller, den Provokateur zu spielen. Insofern muss ich mir selber ein paar Ecken in der Figur suchen, die das Ganze lebendig machen.

Wann besteht die Gefahr, dass die Luft aus so einer Rolle raus ist?

Adolphi: Ich hoffe, dass noch genügend Luft drin ist, auch wenn die Geschichte im Prinzip immer die gleiche ist: Durch einen schrägen Einfall des Fuchses kommt Weihnachten in Gefahr - wir müssen retten. Aber das ist ja okay, denn das erwarten die Zuschauer einfach.

Bei allem Erfolg: Sie müssen damit rechnen, dass die Zuschauerzahlen künftig sinken.

Adolphi: Ja, es werden einfach weniger Kinder da sein; der Geburtenknick hat uns ja schon erreicht. Darum denke ich, dass man sich Gedanken machen müsste, ob und wie man das Ganze verändert, den Rahmen der Geschichte etwas variabler gestaltet, vielleicht ein bisschen filigraner wird, um auch andere Gruppen anzusprechen.

Wie könnte es filigraner werden?

Adolphi: Das weiß ich, ehrlich gesagt, auch noch nicht. Ich denke, wir sollten uns Anfang nächsten Jahres mal zusammensetzen.

Für Sie selbst ist die Revue keine gute Vorbereitung aufs eigene Weihnachtsfest?

Adolphi: Nein, das ist einfach knallharte Arbeit. Hinzu kommt: Ich muss mich jetzt auch darum kümmern, wie der Konzertalltag für Horch und die Aberlours in den ersten vier Monaten des neuen Jahres aussieht. Und dieses Jahr habe ich mir sogar die Feiertage zugebaut, weil ich als Gast-Instrumentalist beim berühmt-berüchtigen Weihnachtssingen mitmache.

Wie finden Sie in diesen Tagen überhaupt Ruhe?

Adolphi: Am ehesten noch, wenn es mir einfällt, zum Sonnenuntergang noch eine Runde um den Rollsdorfer See zu drehen, wo kein einziges Weihnachtslicht brennt. Ich muss zugeben: Alles, was Lichterglanz anbelangt, geht mich wenig an.

Bei Ihnen gibt es keinen Schwibbogen?

Adolphi: Nein!

Keine blinkenden Sterne?

Adolphi: Noch schöner!

Weihnachtsschmuck gefällt Ihnen gar nicht?

Adolphi: Na ja, kürzlich waren wir im Erzgebirge unterwegs. Das sah natürlich mitunter schön aus, wenn man durch die kleinen Ortschaften fuhr. Und wenn ein Baum mit richtigen Kerzen geschmückt ist, dann finde ich das natürlich auch schön.

Wie war das in Ihrer Kindheit?

Adolphi: Da war Weihnachten noch ein richtiger Zauber. Das dauerte auch ziemlich lange, bis weit ins Teenie-Alter. Auf Weihnachten hatte ich mich mehr gefreut als auf Geburtstag. Das wieder rauszukitzeln, passiert inzwischen aber frühestens am späten Heiligabend. Was sich aber natürlich überträgt, ist die Vorfreude meiner Tochter.

Glaubt Ihre Tochter noch an den Weihnachtsmann?

Adolphi: Da bin ich mir gar nicht sicher, sie ist jetzt sechs Jahre alt; voriges Jahr hatte der Weihnachtsmann noch eine ernsthafte Rolle. Inzwischen guckt meine Tochter auch hinter die Kulissen der Weihnachtsrevue und sieht da ganz verschiedene Weihnachtsmänner. Es sollte mich wundern, wenn sie den Weihnachtsmann noch ganz ernst nimmt - spätestens Heiligabend werde ich es erfahren.

Wie blicken Sie auf Ihr persönliches Jahr zurück?

Adolphi: Es ist sehr viel passiert. Erstens sehr viel persönliche Veränderungen, die schmerzhaft sind, aber immer auch neue Möglichkeiten mit sich bringen. Zweitens sehr schöne und sehr viel Arbeit. Ich bin froh, dass das zweite "Aberlours"-Album fertiggeworden ist, mit dem ich sehr zufrieden bin.

Horch-Fans haben wieder mal vergeblich gewartet.

Adolphi: Leider - dabei ist das Material für ein neues Album weitgehend fertig. Das war parallel zur Aberlour-CD aber nicht zu schaffen. Nächstes Jahr wird es auf jeden Fall was Neues von Horch geben.

Z-TITEL: "Nächstes Jahr wird es auf jeden Fall was Neues von Horch geben."

Wie viele Konzerte gab es mit den beiden Bands?

Adolphi: Etwa 120.

Wo ist da die Grenze?

Adolphi: Es ist eigentlich die Grenze. Erstens schafft man es kaum, mehr Auftritte zu organisieren. Zweitens powert man sich sehr aus. Um kreativ zu bleiben, braucht man eine Menge Freiraum. Bei 200 Konzerten brauchst du den Freiraum nur noch, um dich hinzulegen und zu erholen.

Städte dürften in Zukunft weniger Geld für Kultur ausgeben. Inwieweit treffen Sie die Kürzungen?

Adolphi: Das gilt vor allem für manche Festivals und städtische Veranstalter. Als Folk-Musiker arbeiten wir da in einem relativen Nischenbereich. Folk wird nie ein Massenpublikum ansprechen, die Musik ist einfach nicht dafür gemacht. Insofern wird unsere Branche immer auf ein gewisses Maß an Förderung angewiesen sein, ähnlich wie das Theater oder die Oper.

Haben Sie im abgelaufenen Jahr schon gemerkt, dass das Geld knapper wird?

Adolphi: Wir selbst nicht unbedingt. Allerdings wird der Aufwand auf jeden Fall höher, wenn man auf demselben Level bleiben will.

Warum?

Adolphi: Weil mehr Künstler unterwegs sind. Viele Künstler konzentrieren sich auf Deutschland. In England ist es üblich, dass ein Musiker, den keiner kennt, bezahlen muss, um in bekannten Clubs aufzutreten. Das ist bei uns noch anders, und das wissen leider sehr viele und sehr gute Leute. Wenn Veranstalter die Wahl haben zwischen Musikern aus Australien und Kanada oder aus Deutschland, dann überlegen sie natürlich. Wenn man da nicht den Fuß in der Tür behält, ist man schnell ohne eigenes Verschulden wieder draußen.

Müssen Sie für Horch denn noch groß trommeln?

Adolphi: Horch ist schon eine etablierte Sache. Die Leute in unseren Konzerten sind 16 bis 60 Jahre alt. Viele Jugendliche sagen, sie kennen unsere Platten aus den Schränken ihrer Eltern. Man kann sagen: Horch ist ein Selbstläufer. Bis wir mit den Aberlours so weit sind, dauert es natürlich noch. Aber die Sache hat sich in den vergangenen dreieinhalb Jahren sehr gut entwickelt.

Woher kommt Ihre Liebe zu keltischen Klängen?

Adolphi: Die begleitet mich schon sehr lange. Das schwappte Mitte der Mitte der 70er Jahre ganz heftig in den Osten. Viel später - 1998 - habe ich den Berliner Thomas Loefke, der in Dublin keltische Harfe studiert hat, auf ein Festival in die USA begleitet. Da wurde die Idee für die Aberlours geboren, mit dem wir aus dem musikalischen Potenzial schöpfen wollten.

Hat der Musiker Klaus Adolphi im vergangenen Jahr eine musikalische Entdeckung gemacht?

Adolphi: O ja! Eine Band namens "Farlanders". Die habe ich mit Horch kennen gelernt im Oktober bei einem Festival in Polen. Die Farlanders sind junge Musiker aus Moskau, die eine Art Folk-Jazzrock machen; das klingt sehr fremdartig und mysteriös und ist sagenhaft gut gespielt. Ich habe noch nie meine Kollegen bei einem Konzert aufspringen und Bravo rufen hören.