Musik, die man nicht hört
Halle/MZ. - Die beste Filmmusik aller Zeiten? Einfacher fände es Mario Schneider, auf die Frage nach den besten 100 Filmmusiken aller Zeiten zu antworten. Noch einfacher ist es vielleicht, darüber zu reden, was die perfekte Filmmusik ausmacht. "Sie muss den Zuschauer natürlich berühren", sagt Schneider. "Und er darf sie nicht hören." Soll heißen: Die Musik darf sich nicht in den Vordergrund drängen, darf nicht vom Geschehen auf der Leinwand ablenken.
Musik, die man nicht wahrnehmen darf? Ja, das ist schon ein eigentümlicher Job: Filmkomponist. Mario Schneider, 37 Jahre alt, darf sich sogar Diplom-Filmkomponist nennen. Er studierte in München an der Hochschule für Musik, nachdem er vorher bereits in Leipzig Komposition studiert hatte. "Ich wollte zum Film", sagt Schneider - und der Schritt war einfacher als womöglich gedacht. In München begann er, parallel zum Studium, ein auf einen Monat angelegtes Praktikum bei niemand geringerem als dem Erfolgsproduzenten Harold Faltermeyer; am Ende wurde daraus eine zweieinhalbjährige Zusammenarbeit.
Für Schneider, geboren in Helbra im Mansfelder Land, war aber immer klar, dass er in seine Heimat zurückkehren würde. 2003 gründete er in Halle die Firma "42film"; im November 2005 kam das Unternehmen "Tonfarm" hinzu, das er mit dem Komponisten-Kollegen Cornelius Renz betreibt.
Drei Studioräume gehören zur Tonfarm, untergebracht sind sie in einer Souterrain-Wohnung am Universitätsring. Zu besichtigen ist dort eine ulkige Mischung aus 70er-Jahre-Möbeln und modernster Computertechnik. Wer sich jedenfalls in die Couch fallen lässt, läuft Gefahr, von den Sprungfedern gleich wieder rausgeschleudert zu werden.
Ansonsten: Monitore und Mischpulte. Für ein Orchester benötigt Schneider freilich nur ein Keyboard. Digital kann er auf so ziemlich jedes Instrument zurückgreifen - ein paar Klicks, dann dringt eine klagende Geige aus den Boxen, noch ein paar Klicks und schon brummt eine Tuba. Schneider bietet Kompositionen jeder Stilrichtung an - und in der Tat: Er hat Kinderkrimis ebenso vertont, wie düstere Psychodramen. Künstlerische Schaffenskrisen kann er sich dabei kaum leisten. Mitunter hat er nur ein paar Tage, um die fertige Musik abzuliefern.
Schneider komponiert indes nicht nur; er schreibt auch Drehbücher und führt Regie. In seiner Heimatstadt Helbra spielt sein vielbeachtetes Debüt, ein Dokumentarfilm über drei junge Männer, die in dem Ort leben und irgendwann zu Drogen greifen. In diesem Jahr wurde ein weiterer Dokumentarfilm fertig: "Heinz und Fred", über einen Vater und seinen Sohn.
Und wenn Mario Schneider nun doch eine Filmmusik wählen müsste, die ihn beeindruckt hat? Dann nennt er die Musik für den Film "American Beauty". Aber solche Volltreffer sind doch eher selten.