Museumsnacht in Halle Museumsnacht in Halle: Ausstellung über Geschichte des halleschen Türmer

Halle (Saale) - Der Letzte seiner Art quittierte am 30. Oktober 1916 seinen langjährigen Dienst: An diesem Tag räumte Gustav Otto Ziegler nach fast 30-jähriger Dienstzeit als letzter Türmer der halleschen Marktkirche seine Wohnung hoch über der Stadt. Damit endet die Geschichte eines Berufszweiges, der viele Jahrhunderte eine große Bedeutung für Halle hatte: der Beruf des Hausmanns. Noch heute weist der Name der beiden östlichen Türme der Kirche St. Marien darauf hin: Hausmannstürme. In einer kleinen, höchst informativen Ausstellung im Verbindungsraum der imposanten Türme wird die Geschichte der halleschen Türmer anhand von Fotos und Dokumenten spannend erzählt.
Ausstellung zur Geschichte des halleschen Türmer
Maßgeblich ist diese Ausstellung nicht nur dem ehrenamtlichen Stadtführer Maik Evers, sondern auch dem pensionierten Lehrer Joachim Grothe zu verdanken, der sich seit Jahren mit den Schicksalen der Türmer und deren Familien beschäftigt. Neben der Baugeschichte der heutigen Marktkirche informiert die Ausstellung über den Alltag der Türmer, die seit dem 16. Jahrhundert ihren Dienst hoch oben über der Stadt verrichteten. Lazarus Arndt war laut Grothes Chronik der erste Türmer, der im Kirchenbuch der Marienkirche erwähnt und am 7. November 1595 beerdigt wurde.
Als Wächter der Stadt hatte der Hausmann - so eine übliche Bezeichnung des Türmers - die Aufgabe, die Stadtbewohner vor Feinden und Gefahren wie Feuer zu warnen. Entdeckte der Türmer einen Brand, hatte er in sein Horn zu blasen oder eine Sturmglocke zu läuten. „Diese befand sich in Halle im Südturm der Hausmannstürme, wo sie heute noch ihren Platz hat“, so Joachim Grothe.
Aufgaben und Leben der halleschen Türmer
Letztmalig sei die Glocke bei einem Brand in der Großen Steinstraße bei der Waggonbaufirma Lindner am 27. Januar 1899 geschlagen worden. Dazu hatte der Türmer das Uhrwerk im Nordturm und in den Blauen Türmen aufzuziehen, damit zur vollen Stunde die Glocken ertönten. Und viertelstündlich musste er zum Zeichen seiner Wachsamkeit ein Signal mit dem Horn abgeben.
Sämtliche Pflichten waren in der „Ordnung und Bestellung von des Hausmanns Dienste“ geregelt; für die Einhaltung legte der Türmer den „Eydt des Haußmanns“ ab. In der Ausstellung ist eine Kopie des Eides vom 4. Juli 1676 zu sehen. Gelebt haben die Türmer, viele mit ihren Familien, in einer 40 Quadratmeter großen Wohnung, die sich auf die beiden Türme aufteilte: im Südturm der Schlafbereich, im nördlichen die Wohnstube.
Dienst, Frau und Kinder
Das Leben der Türmer war ganz sicher kein leichtes: Der tägliche Auf- und Abstieg, die Versorgung der Familie und die Entsorgung von Abfall und Abwasser - einige Türmer waren einfallsreich und nutzten dazu eine Winde am südlichen Turm -, dazu die ständige Wachsamkeit und das tägliche Schlagen der Glocke. Vor allem die Winter waren hart. So fror Julius Kachel, von 1858 bis 1880 Türmer, sogar die Posaune beim Spielen ein.
Hausmann Gustav Otto Ziegler nun hatte seinen Dienst zur Jahreswende 1885/86 angetreten, zuvor war er Trompeter des 19. Dragoner Regiments. Mit seiner Ehefrau Henriette und drei Kindern von vier, drei und einem Jahr zog er in die Wohnung. Nach Henriettes Tod heiratete er Adolfine Koch, die zwei Töchter von 13 und elf Jahren mitbrachte, so dass letztlich sieben Personen in der Türmerwohnung lebten. Gesundheitliche Probleme zwangen ihn nach 30 Dienstjahren, seine Arbeit als Türmer zu beenden. (mz)

