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Multimediazentrum Halle Multimediazentrum Halle: Mieter wehren sich gegen drohenden Umzug

Von Jan-Ole Prasse 15.01.2014, 21:58
Gehen oder Bleiben? Die Standortdiskussion zum MMZ läuft.
Gehen oder Bleiben? Die Standortdiskussion zum MMZ läuft. Günter Bauer Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Auf den Paukenschlag folgt die Verunsicherung. Nachdem Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) einen neuen Standort für das Mitteldeutsche Medienzentrum (MMZ) ins Gespräch gebracht hat, herrscht bei den Medienunternehmen in Halle Unruhe. „Ich finde es rätselhaft, was der OB mit diesem Vorstoß bezweckt. Wir wollen alle unbedingt an diesem Standort bleiben“, sagte der Sprecher der Mietergemeinschaft, Steffen Melzer. Er könne sich keinen anderen Standort vorstellen, der die gleichen Voraussetzungen biete. Seit September sind 52 Unternehmen ins MMZ zurückgekehrt.

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Melzer ärgert besonders, dass mit den Unternehmen im MMZ bisher kaum jemand gesprochen hat. „Wir sind von der Planung oder Konzeption quasi ausgeschlossen“, sagte der Geschäftsführer der Medienagentur Virtiv, die seit zweieinhalb Jahren im MMZ ihren Sitz hat. Zumal aus seiner Sicht in den vergangenen zwei Jahren - vor dem Hochwasser - sich die wirtschaftliche Situation des MMZ verbessert habe.

Auch für den Leiter des Instituts für Medien- und Kommunikationswissenschaften, Manfred Kammer, kommt eine Standortverlagerung eigentlich nicht in Frage. „Wir möchten hierbleiben, zumal völlig ungewiss ist, was uns die Universität anbieten könnte“, sagte er auf MZ-Anfrage. Unter den Mitarbeitern und Studenten hat der Vorstoß des OB laut Kammer eine große Verunsicherung ausgelöst. „Natürlich sind hier alle ganz stark sensibilisiert - schließlich läuft ja parallel auch noch die Spardebatte an den Hochschulen.“

Suche nach Alternativen

Das Institut ist auf anderthalb Etagen im MMZ ansässig. Dort befindet sich auch ein Videostudio mit Beleuchtung, Schalldämmung und Schnitträumen. „Wenn sie das umziehen wollen, dann wird das teuer“, sagte Kammer. Er selbst geht davon aus, dass das MMZ vor einem künftigen Hochwasser geschützt werden könnte. Beispielsweise wäre es möglich eine lange, einbetonierte Spundwand zu bauen.

Unterdessen hat Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) noch einmal bekräftigt, dass alle Alternativen - darunter auch ein neuer Standort - geprüft werden. Was in diesem Falle mit dem alten, 35-Millionen-Euro-teuren Gebäude passieren soll, sei im Moment seriös nicht zu beantworten. „Zunächst muss ein Konzept erstellt und dann mit dem Land verhandelt werden“, sagte Wiegand.

Die für die Fördermittelvergabe sowohl beim Bau des MMZ als auch bei der Fluthilfe zuständige Investitionsbank hat am Mittwoch noch einmal bestätigt, dass ein Neubau an anderer Stelle grundsätzlich möglich wäre. Voraussetzung dafür sei, dass der neue Standort hochwassersicher sei. Mehrkosten, die über den tatsächlichen Flutschaden hinausgingen, könnten aber nicht finanziert werden.

Das Mitteldeutsche Multimediazentrum hat 35 Millionen Euro gekostet und ist 2007 eröffnet worden. Betrieben wird es von einer gleichnamigen städtischen Gesellschaft. Nicht nur als Standort für junge Medienfirmen, sondern auch als Dienstleister unter anderem für die Kino-Tonmischung hat sich das Zentrum einen Namen gemacht.

Doch schon der Bau hat unerwartet hohe Kosten verursacht. So musste das MMZ Mehrausgaben von 1,2 Millionen Euro verkraften. Verschärft worden ist die finanzielle Krise 2010 durch einen Nachfrage-Einbruch bei der Kino-Tonmischung.

Die Landesregierung, die den Bau mit Fördermitteln unterstützt hat, bekennt sich trotz der finanziellen Probleme zum MMZ. "Ein vergleichbares Konzept gibt es in Deutschland nirgendwo", so Staatsminister Rainer Robra (CDU). Das Land werde das Zentrum weiter indirekt unterstützen, indem es die Austragung von Fachkongressen mitfinanziere.

Das Mitteldeutsche Multimediazentrum (MMZ) schreibt seit Jahren rote Zahlen und ist auf Zuschüsse aus der Stadtkasse Halles angewiesen. Allein 2011 wurde ein Minus von 5,7 Millionen Euro erwirtschaftet. Das mit 35 Millionen Euro gebaute „Projekt zur Strukturverbesserung“ ist und bleibt eine finanzielle Heimsuchung für die Stadt. Fest steht, dass der Einsatz von Millionen von Steuergeldern für eine einseitige und überdimensionierte Bau-Bezuschussung keines Wegs die Saalestadt wirtschaftlich besser dastehen lässt. Im Gegenteil! Jetzt sollen noch weitere geschätzte 20 Millionen Euro Flutfondshilfsgelder in das Bürogebäude fließen, um die Schäden des Sommerhochwassers zu reparieren. Ein Fass ohne Boden, für dessen Standortfehlentscheidung der Steuerzahler weiter aufkommen soll.

Das 35 Millionen Euro teure Multimediazentrum ist 2007 eröffnet worden. Doch schon beim Bau gab es Ärger um das Prestigeobjekt: 1,2 Millionen mehr als geplant waren notwendig. 2010 geriet die Gesellschaft wegen unerwartet hoher Betriebskosten und zu vieler unvermietbarer Flurflächen an den Rand der Zahlungsunfähigkeit. Ein städtischer Zwei-Millionen-Zuschuss war die Rettung.

Die Stadt Halle ist Eigentümerin der Mitteldeutsches Multimediazentrum GmbH. Geschäftsführer des MMZ ist Andreas Nowak. Ihm übergeordnet ist ein Aufsichtsrat, dessen Vorsitzender der Beigeordnete für Wirtschaft, Wolfram Neumann ist.

Weiter sind auch die Stadträte Ulrike Wünscher (CDU), Marion Krischok (Die Linke), Rüdiger Fikentscher (SPD) und Hans-Dieter Wöllenweber (FDP) im Aufsichtsrat. Dieser gibt dem Stadtrat Empfehlungen; der Rat entscheidet über alle Angelegenheiten des MMZ.  (SZÖ)

Das MMZ während des Hochwassers im Juni 2013.
Das MMZ während des Hochwassers im Juni 2013.
Meinicke/Archiv Lizenz