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Motorisierte Verkehrsteilnehmer  Motorisierte Verkehrsteilnehmer : Neue Stimme für Autofahrer

Von Robert Briest 03.08.2016, 03:45
Der Umbau der Merseburger Straße ist ein Zankapfel. Die Trasse soll künftig nicht mehr durchgehend vierspurig sein.
Der Umbau der Merseburger Straße ist ein Zankapfel. Die Trasse soll künftig nicht mehr durchgehend vierspurig sein. Günter Bauer

Halle (Saale) - Der CDU in Halle haftet traditionell der Ruf der Autofahrerpartei an. Dessen ist sich auch Christoph Bernstiel bewusst. Dennoch bringt er gemeinsam mit seinem Fraktionskollegen Andreas Scholtyssek in die nächste Stadtratssitzung Ende August einen Antrag ein, der gut geeignet ist, diesen Ruf weiter zu festigen. Die beiden CDU-Politiker wollen, dass die Stadt einen Runden Tisch „motorisierter Individualverkehr“ schafft, der künftig vor allem vor größeren Bauprojekten die Position von Autofahrern und Unternehmen mit Lieferverkehr einfängt und in den Planungsprozess einfließen lässt.

Stärkere Berücksichtigung der Autofahrerinteressen

Das Gremium hätte analog zum bereits 2007 bestehenden Runden Tisch Radverkehr beratende Funktion, würde Empfehlungen geben. Es soll erstmal zwei Mal im Jahr oder themenbezogen vor größeren Projektplanungen tagen, erklärt Bernstiel. Neben zusätzlicher Expertise von außen erhofft er sich von dem neuen Runden Tisch eine stärkere Berücksichtigung der Autofahrerinteressen, die seiner Ansicht nach derzeit in Halle zu kurz kommen. „Wir wollen den Autofahrern eine Stimme geben, damit alle Seiten gleichbehandelt werden,“ sagt Bernstiel. Und sein Co-Antragsteller Scholtyssek pflichtet bei: „Autofahrer haben in Halle keine Lobby mehr. Ich habe derzeit das Gefühl, dass es keine gleichberechtigte Berücksichtigung der Interessen aller Verkehrsteilnehmer gibt.“

Die Unionspolitiker machen dies an zwei Beispielen fest, bei denen sie eine Benachteiligung der Autofahrer sehen: dem Umbau des Juliot-Curie-Platzes, der bald beginnen soll, und der Erneuerung der Merseburger Straße. Letztere sorgt bereits seit geraumer Zeit für Diskussionen. Der Stadtrat hatte im vergangenen Jahr beschlossen, die Verkehrsader in den Süden mit einer überbreiten Spur auszustatten, auf der Autos Autos, aber nicht Lkw überholen könnten. Die CDU fordert seither hartnäckig ein Umschwenken auf eine echte Vierspurigkeit. Die wünscht sich auch Scholtyssek, dafür solle der geplante Rad- in einen kombinierten Rad- und Fußweg umgewandelt werden. „Wir haben im nördlichen Teil täglich 30 000 Autos aber nur mehrere Hundert Radfahrer, dennoch bekommen die Radfahrer einen eigenen Weg.“

Runden Tisch Radverkehr als Vorbild

An dem Runden Tisch Radverkehr wollen die CDU-Stadträte jedoch nicht rütteln, im Gegenteil: „Er ist ein Erfolg, an dem wir uns orientieren“, sagt Bernstiel. Das Radgremium hat seit seiner Entstehung bereits 39 Mal getagt. Vertreten sind dort neben den Stadtratsfraktionen und diversen Fachbereichen der Verwaltung auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club, die Polizei und die Havag.

Eine ähnliche Zusammensetzung wünschen sich Scholtyssek und Bernstiel auch für den Runden Tisch Auto. In dem neuen Gremium sollten Akteure aus verschiedenen Behörden, Institutionen, politischen Gruppierungen, Vereinen und der Privatwirtschaft vertreten sein, heißt es im Antrag. Konkret stellt sich Bernstiel als Teilnehmer etwa Vertreter von ADAC, Handwerkskammer, IHK und der City-Gemeinschaft Halle vor. „Die Unternehmen wollen bei Planungen einbezogen werden, aber dafür müssen sie gefragt werden.“

ADAC begrüßt den Vorstoß

Der Lobbyverband ADAC begrüßt den Vorstoß für einen Runden Tisch Auto wenig überraschend: Er eröffne die Möglichkeit, konkrete Maßnahmen zu erarbeiten und Pläne zu deren Umsetzung erarbeiten, lobt Sprecherin Christine Rettig.

Halles Bau- und Umweltdezernent Uwe Stäglin sieht derzeit hingegen keinen Bedarf für einen weiteren spezifischen Runden Tisch, weder für motorisierte Verkehrsteilnehmer noch für Fußgänger. Beide Gruppen seien aber etwa bei der Erarbeitung des Verkehrsentwicklungsplanes 2025 einbezogen wurden. Dass es einen Runden Tisch derzeit exklusiv für den Radverkehr gebe, erklärt Stäglin damit, dass dieser als umweltfreundliche Verkehrsart erklärtermaßen gefördert werde soll. Derzeit machen Radfahrer lediglich elf Prozent des Verkehrsaufkommens in der Stadt aus, 20 Prozent entfallen auf den öffentlichen Nahverkehr und je ein Drittel auf Fußgänger und motorisierte Fahrzeuge. (mz)