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Motocross in Teutschenthal Motocross in Teutschenthal: Fußball oder Motorenlärm?

Von enrico werner 28.05.2014, 21:21
Anne Borchers nach einer Trainingsrunde in Teutschenthal
Anne Borchers nach einer Trainingsrunde in Teutschenthal schulz Lizenz

teutschenthal/MZ - Als Anne Borchers zusammen mit ihrer Mutter ihr gelbes Motorrad aus dem eigens mitgebrachten Transporter rollt, will sich der Eindruck, dass die doch eher unscheinbare Sachsen-Anhalterin damit gleich ein paar Runden im Teutschenthaler „Talkessel“ dreht, nicht so recht aufdrängen. Schließlich strahlte die 22-jährige in der Pressekonferenz am Mittwoch keine halbe Stunde vorher eine Ruhe aus, die kaum zu diesem Sport passt. Artig und zuvorkommend beantwortete sie geduldig die immer gleichen Fragen der Journalisten, wie man denn, vor allem als doch eher zierliche Frau wie sie es sei, einen solchen Sport betreiben könne. „Leidenschaft“, sagt sie nur und lächelt dabei.

Als die Zerbsterin wenig später ihre Maschine startet, sind dann auch die letzten Zweifel verflogen. Mit spektakulären Sprüngen schießt sie unter ohrenbetäubendem Lärm mehrere Meter durch die Luft von Hügel zu Hügel. Anne Borchers ist in ihrem Element. Die Sachsen-Anhalterin ist das regionale Zugpferd für den Grand Prix of Germany, der am 21. und 22. Juni 30 000 Menschen in den Saalekreis locken wird. Ein Spektakel, das eine ganze Region elektrisiert.

Teutschenthal gegen Brasilien

Und doch, wenn sich am vorletzten Juni-Wochenende die Motocross-Weltelite in Teutschenthal trifft, stehen die Verantwortlichen vor einem Problem. Am 21. Juni tritt die deutsche Fußball-Nationalmannschaft nämlich bei der Weltmeisterschaft in Brasilien gegen Ghana an. Wie kann man das unter einen Hut bringen? „Wir überlegen, ob wir eine Leinwand organisieren und ein Public Viewing machen“, erklärt Pressesprecherin Karola Waterstraat. Denn unter den Motocross-Fans sind viele auch Fußball-Anhänger, die wissen wollen, wie sich Löws Jungs so schlagen.

Weil das Spiel gegen Ghana erst 21 Uhr beginnt und der Zeitplan für den Samstag vorsieht, dass das letzte Rennen in Teutschenthal kurz nach 18 Uhr beendet sein wird, kommt man sich nicht in die Quere, zwiegespalten sind die Fan-Lager aber doch. „Wir haben eine Umfrage bei Facebook gestartet, um zu sehen, wie die Interessen so liegen“, berichtet Waterstraat. „Viele haben gemeint, dass das eine super Idee wäre. Wir haben aber auch viele Meinungen von Fans, die sagen, dass das überhaupt nicht ginge. Schließlich kämen sie nach Teutschenthal, um Motocross und nicht, um Fußball zu schauen“, so Waterstraat weiter.

Public Viewing erfordert Aufwand

Es ist gewissermaßen eine Zwickmühle, in der die Teutschenthaler stecken. Zumal ein Public Viewing mit einem Mehraufwand verbunden wäre. „Wir brauchen jede helfende Hand rund um die Rennstrecke. Da fragen wir uns schon, ob das eine Zusatzaufgabe ist, der wir uns stellen müssen“, gibt sich Waterstraat nachdenklich. Und klar ist auch: Motocross-Fans brennen für ihren spektakulären Sport und nicht wenige unter ihnen haben für Fußball einfach nichts übrig. So verwundert es dann auch nicht, wenn Joachim Jahnke, der Vorsitzende des MSC Teutschenthal, lachend sagt: „Wer einmal beim Motocross war, der schaut nicht mehr Fußball.“ Das war natürlich scherzhaft gemeint, aber, das konnte er nicht verhehlen, ein Körnchen Wahrheit steckt doch in diesem Satz. Denn bei der letzten WM 2010 mussten die Motocrosser schon einmal gegen König Fußball antreten. Ein Public Viewing gab es da nicht. Und gestört hat es keinen. Das ist eben wahre Leidenschaft.