Mit Maske und Kabeln im Bett
HALLE/MZ. - Und zwar derart, dass sie ständig einnicken, sogar im Auto an roten Ampeln. Auslöser des Sekundenschlafs sind Atemaussetzer, unter denen vor allem Schnarcher leiden. Aber auch Patienten, die Herzprobleme haben, sind von der Schlafapnoe geplagt und damit einem viel höherem Risiko ausgesetzt, zum Beispiel Herzinfarkte und Schlaganfälle zu bekommen. Hilfe finden sie in Schlaflaboren; auch das Krankenhaus Martha-Maria in Dölau hat eines.
Und das liegt unterm Dach und hat acht recht spartanisch mit Bett, Stuhl, Tisch und Waschbecken eingerichtete Zimmer. Aber das reicht Wolfgang Henf völlig aus, zumal er sein Schlafzimmer schon kennt - hinten links die letzte Tür.
Zum wiederholten Mal findet sich der 79-jährige Merseburger dort kurz vor 21 Uhr ein. Seinem bereits arg angegriffenen Herzen bekam der nächtliche Sauerstoffmangel nämlich überhaupt nicht, wie er erzählt. Er selbst hatte nichts davon mitbekommen, aber sich immer kraftloser gefühlt. "Dass ich nachts aufhörte, Luft zu holen, hat meine Frau bemerkt." Eine Atemmaske kann Abhilfe schaffen, das hatten Messungen zuvor ergeben. Das erste Modell erwies sich jedoch als ungeeignet. Nun also der zweite Versuch mit einem anderen. Ob damit die bis zu 30 Sekunden dauernden Atemaussetzer bald der Vergangenheit angehören, wird die Nacht zeigen. Denn die verbringt der ehemalige Leuna-Ingenieur unter elektronischer Überwachung. Damit vom Blutdruck bis zum Herzschlag die gut ein Dutzend Schlafparameter als Computerkurve aufgezeichnet werden können, muss Wolfgang Henf verkabelt werden. Das übernimmt Sven Kalbitz, Medizinstudent im siebten Semester, der sich mit Kommilitonen den begehrten Schlaflabor-Job teilt. Als erstes schnallt er dem im Bett sitzenden Patienten mit geübtem Griff einen Bauchgurt um. Ein kleines Gerät daran misst die Bauchatmung. Auf die Brust kommen Elektroden fürs EKG, und am Hals wird ein Schnarch-Mikrofon geklebt, das Geräusche in eine Computerkurve überträgt. Zum Schluss stülpt Sven Kalbitz ein Käppchen über einen von Henfs Finger, um auch die Sauerstoff-Konzentration des Blutes messen zu können.
Nun ist die Mithilfe des Patienten gefragt, denn ganz so einfach ist die Atemmaske nicht gleich beim ersten Mal aufzusetzen. Wolfgang Hanf sieht aus wie ein Düsenjet-Pilot, nur dass er noch über einen Plastikschlauch mit einem rund 8 000 Euro teuren Gerät verbunden ist. "Es erkennt, wie der Patient atmet und springt ein, wenn sich ein Aussetzer abzeichnet", erklärt Schlaflabor-Leiter Dr. Steffen Schädlich die Wirkungsweise.
Kann man derart verkabelt und mit einer Mund und Nase bedeckenden Maske schlafen? "Ist alles eine Gewöhnungssache", gibt sich der Patient zuversichtlich, dessen Stimme sich anhört, als käme sie unter einer dicken Watteschicht hervor. Dann wird ihm noch gezeigt, wie er die Maske absetzen kann - notfalls mit einer Reißleine hinten am Kopf. Der amerikanische Hersteller wollte offenbar auf Nummer sicher gehen, was für Heiterkeit sorgt, aber Lachen mit Maske ist schwierig.
Ein paar Seiten will Henf noch lesen und dann schlafen. Derweil wird Sven Kalbitz im Computerraum stündlich Protokolle ablesen und immer mal einen Blick in die Schlafzimmer werfen, was über Monitore jeder Zeit möglich ist, ehe er die Patienten ab sechs Uhr von Kabeln und Masken befreit. Die Ärzte werten am Morgen auch die Schlafdaten von Wolfgang Henf aus. Er wird samt Maske und Gerät nach Hause gehen, um künftig ruhig und tief schlafen zu können.