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Mit Blick ins Gremium Mit Blick ins Gremium: So plant Katja Müller im Stadtrat den Ton anzugeben

Von Tanja Goldbecher 09.09.2019, 13:30
Katja Müller ist die Vorsitzende des halleschen Stadtrates.
Katja Müller ist die Vorsitzende des halleschen Stadtrates. Silvio KiSon

Halle (Saale) - Für Katja Müller ist es eine Drehung um 180 Grad. In der vergangenen Wahlperiode saß die Linken-Stadträtin in der hintersten Reihe ihrer Fraktion, gelegentlich hallte ein kritischer Zwischenruf von ihr durch den Saal. In den Pausen zog sich die 39- Jährige häufig mit anderen Stadträten für eine Zigarette in den Innenhof des Stadthauses zurück. Doch nun steht Müller plötzlich im Rampenlicht des Stadtrats: Denn sie ist zur neuen Vorsitzenden des Gremiums gewählt worden. Seitdem nimmt sie prominent neben Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) mit Blick ins Gremium Platz, um die Sitzungen zu leiten.

Herausforderungen für Katja Müller ab der ersten Stadtratssitzung

„Ich habe mich in der Sommerpause intensiv auf diese Aufgabe vorbereitet“, sagt Müller. Das wichtigste sei es, die Geschäftsordnung des Stadtrats zu beherrschen. Denn sie muss Tagesordnungspunkte aufrufen, Abstimmungen einleiten und Rednerlisten anlegen. „Das ist definitiv eine Herausforderung für mich, aber eine, der ich mich gern stelle“, sagt Müller.

Welche Schwierigkeiten in dem Amt stecken können, hat Müller bereits bei der ersten Stadtratssitzung nach der Sommerpause Ende August erlebt. Sie hatte zwar die Einladung zur Sitzung abgesegnet, jedoch nicht bemerkt, dass der wichtigste Tagesordnungspunkt nicht mit einem Dokument hinterlegt war. OB Wiegand hatte keine Beschlussvorlage zu seinem angekündigten Konsolidierungskonzept in das Ratssystem eingestellt. Erst kurz vor der Sitzung wurde die Vorlage im System hinterlegt. Dadurch konnten sich die Stadträte nicht auf den Vorschlag der Verwaltung zum Schuldenabbau vorbereiten.

Als Stadtratsvorsitzende aus schwierige Situationen gelernt

Einige Stadträte unterstellten Wiegand politisches Kalkül. Der OB widersprach: Die Vorlage zum Konzept sei erst kurzfristig fertig geworden. „Das war mein Fehler. Ich hätte die Tagesordnung besser überprüfen müssen und die Einladungen so nicht rausschicken dürfen“, räumt die Stadtratsvorsitzende ein. Doch sie habe daraus gelernt. Auch ein weiterer Vorfall in der Sitzung war ihr eine Lehre. Eigentlich wollten sich zwei Jugendliche zum Thema Jugendparlament im Stadtrat zu Wort melden. Doch bevor die Links-Fraktion ein Rederecht für die beiden beantragen konnte, hatte der OB die Beschlussvorlage bereits in die Fachausschüsse zur Beratung verwiesen. Zudem stimmte die AfD dagegen, die beiden Schüler im Rat anzuhören.

Für Müller war das eine schwierige Situation. Sie konnte aus dem Augenwinkel die enttäuschten Blicke der Jugendlichen sehen. „Der ganze Stadtrat hat sich in diesem Moment nicht mit Ruhm bekleckert“, sagt Müller. Vielleicht hätte sie die Situation anders handhaben können. Aber hier gilt: Sie habe daraus gelernt. Stadtratsvorsitzende ist längst nicht die erste Position, in die sich die gebürtige Hettstedterin in ihrem Leben bisher eingearbeitet hat. Nach der Schule wurde sie zunächst Hebamme. „Die Leute sind immer sehr überrascht, wenn ich ihnen das über mich erzähle“, sagt Müller.

Katja Müller: Von Hebamme über Medienstudium zur Politikerin

Nach der Ausbildung habe sie jedoch recht schnell gemerkt, dass sie nicht für den Beruf brennt. Eine Bekannte vermittelte ihr einen Job beim Wochenspiegel in Sangerhausen. Müller entwickelte einen Leidenschaft für Medien und Politik, der Linken ist sie bereits 2000 beigetreten. Sie entschied sich, Medienwissenschaften und Geschichte in Halle zu studieren. Nebenbei berichtete sie als freie Mitarbeiterin für die MZ - meistens über Kulturveranstaltungen. Nach der Uni begann Müller, für die Landtagsfraktion der Linken in Magdeburg zu arbeiten. Heute ist sie Pressesprecherin für die Fraktion.

In dieser Funktion hat sie bereits erfahren, dass Politik zum Teil ein hartes Pflaster sein kann. Und auch als Stadtratsvorsitzende musste sie von der CDU schon harsche Kritik an ihrer Sitzungsleitung einstecken. „Ich kann mit Kritik umgehen“, sagt Müller. Sie nehme das nicht immer persönlich, oft stecke politisches Taktieren dahinter. Wie bisher will sie auch in Zukunft mit kritischen Kommentaren im Stadtrat aufzutreten. „Ich bin zwar als Vorsitzende zur Neutralität verpflichtet. Aber wenn menschenverachtende Äußerungen kommen, werde ich diese stets unterbinden.“ (mz)