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Melancholie mit Plattenbau Melancholie mit Plattenbau: Der hallesche Maler Uwe Pfeifer wird 70 Jahre alt

Von Kai Agthe 14.02.2017, 10:45
„Beton und Steine“ (Öl auf Hartfaser, 1972)
„Beton und Steine“ (Öl auf Hartfaser, 1972) Uwe Pfeifer

Halle (Saale) - Er ist ein ebenso bedeutender wie stiller Künstler: Uwe Pfeifer. An diesem Dienstag wird er 70 Jahre alt. Kann es der Maler, der mit seinen Arbeiten unser Bild von Halle-Neustadt prägte, selbst glauben, dieses Alter erreicht zu haben? „Eigentlich nicht“, sagt er in seinem Atelier am halleschen Markt, wo man eine solch großartige Rundumsicht auf die Saalestadt hat, dass man dafür auch Eintritt zahlen würde.

Natürlich wird Uwe Pfeifer nachdenklich angesichts dieses runden Jubiläums. „Vielleicht bleiben noch zehn Schaffensjahre“, sinniert der Künstler, der im gleichen Atemzug betont, dass er gesundheitlich noch gut beieinander sei. Fahrradfahren, Rückentraining und Saunagänge halten ihn fit.

Uwe Pfeifers gute Verfassung ist unverkennbar. Jugendlich flink erhebt er sich aus dem tiefen lehnenlosen Sessel, in dem er sitzt, während er aus seinem Künstlerleben plaudert, um einmal eine Kanne Kaffee und anderes Mal einen Katalog zu holen. Das nötigt seinem gut 25 Jahre jüngeren Gegenüber Respekt ab.

Uwe Pfeifer war ein Schüler von Tübke und Mattheuer

Herr Pfeifer, Sie gelten als Vertreter des Realismus? Der Künstler erwidert sogleich: „Ich sage immer, ich bin ein Romantiker.“ Das verdanke er nicht zuletzt der „Leipziger Schule“, durch die er von 1968 bis 1973 als Student von Malergrößen wie etwa Werner Tübke und Wolfgang Mattheuer, die beide an der Hochschule für Grafik und Buchkunst lehrten, gegangen ist. Tübke sei als Lehrer „knallhart“ gewesen. „Ich hatte nach seinem Unterricht oft weiche Knie, weil man bei ihm immer sehr konzentriert arbeiten musste“, erinnert sich Pfeifer. Und Mattheuer? „Das Gespräch mit ihm war wichtig. Es ging ihm mehr ums Inhaltliche, nicht so sehr ums Formale.“

Letzterer war es auch, der Uwe Pfeifer darin bestärkte, Halle-Neustadt als Thema weiter zu pflegen, nachdem der Student, der damals mit seiner Frau eine Einraumwohnung in Halles Satellitenstadt bewohnte, Mattheuer eine erste „Ha-Neu“-Arbeit vorgelegt hatte. Sein Diplom-Thema waren dann auch Halle-Neustadt-Bilder.

Sie haben also mit dem Thema Halle-Neustadt auch ihren Stil gefunden? „Das kann man so sagen.“ In der früheren Chemiearbeiterstadt bestehe alles aus rechten Winkeln, deshalb sei der rechte Winkel auch sein Maß geworden, sagte Pfeifer einmal in einem Fernseh-Interview. Die Melancholie und Tristesse, die bisweilen aus seinen Arbeiten sprechen, hätten in der DDR zu Kontroversen geführt. In Halle haben sie einen, der kann nur Fassaden malen, wurde etwa in Leipzig kolportiert.

Gravierender seien Vorwürfe aus dem „intellektuellen Lager“ gewesen. Schriftsteller Erik Neutsch habe gegen Pfeifers Gemälde „Feierabend“ (1977) gewettert, das 1977/78 auf der VIII. Kunstausstellung der DDR in Dresden ausgestellt und später von der Nationalgalerie in Berlin erworben wurde. Es zeigt eine Unterführung, in der sich Passanten drängen und drei Papierkörbe stehen. Aus dem Behältnis vorn quillt eine zerknüllte Zeitung – was Neutsch als Kritik des Malers an dem Inhalt der DDR-Printprodukte verstanden haben mag. Vielleicht irritierte den Schriftsteller auch jener Fußgänger, der als einziger und mit verbissenem Gesicht zurückblickt und seine rechte Hand zur Faust ballt.

Doch wie fand er zur Kunst? Er sei ein introvertierter Junge gewesen, sagt Uwe Pfeifer. Und während einer langen Krankheit als Kind habe er sich die Zeit vor allem mit Zeichnen vertrieben. Sein Vater, der in den Buna-Werken arbeitete, habe ihm daraufhin empfohlen, im dortigen Klubhaus einen Malzirkel zu besuchen. So geschah es auch. Aber trotz des Hobbys wollte Pfeifer damals lieber Afrikaforscher, zoodirektor oder Archäologe werden. „Ich wurde Maler, also von allem etwas.“ Tagträume hegt er noch heute: Unter diesem Titel wächst seit Jahren eine Gemälde-Reihe heran, zu der auch „Tagtraum (Rollstuhl)“ von 2012 gehört.

Obwohl es von ihm auch zahllose Stadt-Stillleben gibt, man denke nur an die Gemälde mit Treppen und Geländern, betont Pfeifer: „Ich bin Figurenmaler.“ Er müsse sich, wenn er Porträts anfertige, dem Modell sehr stark annähern. „Ich benutze Fotos, um an einen Menschen heranzukommen.“ Und so erscheinen die Porträtierten auf seinen Bildern oft derart fotorealistisch, dass man sich förmlich zwingen muss, die Dargestellten nicht zu berühren.

Maler Uwe Pfeifer porträtierte auch Genscher und Möhwald

Das gilt sowohl für den langjährigen Außenminister der Bundesrepublik und gebürtigen Hallenser Hans-Dietrich Genscher, den Pfeifer 1994 porträtierte, als auch für seinen im Herbst vergangenen Jahres bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommenen Kollegen Otto Möhwald, den er 1993 malte.

Wie es einem bedeutenden Künstler gebührt, wird Uwe Pfeifers Geburtstag mit Ausstellungen gefeiert: Bereits am Samstag öffnet in der Städtischen Galerie ada in Meiningen die Schau „Uwe Pfeifer: Traum/Bilder“, die bis zum 5. Juni zu sehen ist. „Thüringen meint es gut mit mir“, sagt der Künstler, dessen Galerist sein Geschäft auf der Krämerbrücke in Erfurt hat.

Und ab 14. Juli folgt in der Galerie Talstrasse eine Schau, die unter dem spannenden Thema „Uwe Pfeifer und seine Vorbilder“ steht. Denn auch seine Heimatstadt, in der er vor genau 70 Jahren geboren wurde, meint es gut mit ihm.

Bis 14. März sind Pfeifers Arbeiten in der Galerie Zaglmaier in Halle zu sehen. Dort findet am 2. März, 19.30 Uhr, auch ein Gespräch mit dem Künstler statt.  (mz)

U. Pfeifer: „Tagtraum (Rollstuhl)“ (Öl auf Leinwand, 2012)
U. Pfeifer: „Tagtraum (Rollstuhl)“ (Öl auf Leinwand, 2012)
Jürgen Domes
Er macht nicht viel Aufhebens um sich, sondern lässt seine Kunst sprechen: Uwe Pfeifer in seinem halleschen Atelier.
Er macht nicht viel Aufhebens um sich, sondern lässt seine Kunst sprechen: Uwe Pfeifer in seinem halleschen Atelier.
Holger John