Stadtteil Gewerbegebiet Neustadt Meine Stadt, feine Stadt: Gewerbegebiet Neustadt - Der Motor von Halle-Neustadt

Halle (Saale) - Auch wenn die meisten Hallenser das Gewerbegebiet Neustadt nur als Anhängsel des Neubauviertels sehen, unwichtig ist es für Halle keineswegs. Denn wahrscheinlich steckt sogar in jedem halleschen Hochhaus westlich der Saale ein Körnchen Gewerbegebiet - wortwörtlich. Wo heute die OBS, der „Omnibusbetrieb Saalekreis“ seinen Sitz hat, war früher ein Kies- und Betonwerk. „Hier wurden die Platten hergestellt, mit denen Neustadt aufgebaut wurde“, weiß Roberto Krüger.
Halle hat mehr als 60 Stadtteile, Viertel und Stadtquartiere. Wir stellen alle vor: hier „Gewerbegebiet Neustadt“
OBS-Chef kennt sich auch mit Baggern und Steinen aus
Als Betriebsleiter des Busunternehmens kennt er sich nicht nur mit dem öffentlichen Personennahverkehr aus, sondern auch mit Baggern und Steinen, denn ursprünglich kommt er aus der Braunkohle-Branche und war dabei, als etwa die heutige Goitzsche in Bitterfeld ausgehoben wurde.
Dass sein heutiger Arbeitsplatz bei der OBS auch noch ausgerechnet in der Kaolinstraße liegt und auch die anderen Straßen ringsherum mit Schiefer und Porphyr die Namen von Gesteinsarten tragen - das passt umso besser.
Gewerbegebiet Halle-Neustadt: Usprünglich für schwere Kieslaster ausgelegt
Baustoffe und der Busverkehr, mit beidem ist das Gewerbegebiet untrennbar verbunden. Ursprünglich war das betonierte Gelände zwischen Zscherben und der B80 für die schweren Kies-Lkw ausgelegt. Wie Krüger erzählt, veränderte sich der Platz im Neustädter Gewerbegebiet im Laufe der 70er Jahre jedoch.
Je mehr Häuser gebaut waren, desto weniger Betonplatten wurden gebraucht. Dafür wollten die neu Eingezogenen in die Altstadt oder nach Leuna und Buna auf Arbeit fahren. „Das Gelände wandelte sich immer mehr zum Busbetrieb“, sagt Krüger. „In den 70er Jahren wurden die ersten Ikarus-Busse angeschafft, ab 1981 waren dann nur noch Busse hier. 170 Fahrzeuge!“
Heute ist die Neustadt nicht mehr das Kerngebiet von OBS
Zum Vergleich: Heute fahren 100 größere Busse unter den Flagge der OBS, hinzu kommen rund 20 kleine Busse von Subunternehmern. Die Neustadt ist inzwischen natürlich längst nicht mehr das Kerngebiet, denn die Straßenbahn befördert die Einwohner in die Altstadt.
„Unser heutiges Bediengebiet umfasst den ehemaligen Saalkreis, also die Fläche rings um den Nordteil von Halle in einem Radius von etwa 25 Kilometern“, sagt Krüger. Die weiteste Fahrt geht - ohne Umstieg - nach Günthersdorf ins Einkaufszentrum.
130 Fahrer schrubben vier Millionen Kilometer im Jahr. Klar, dass da auch mal der eine oder andere Bus kaputt geht. „Dafür haben wir auf dem Gelände eine Werkstatt“, sagt Krüger. Sie sei allerdings frei und nehme auch Aufträge von fremden Firmen an und repariere Lastwagen.
Gewerbegebiet Neustadt: Heute wieder bei Firmen gefragt
Neben einer Waschanlage befindet sich ein hoher weißer Turm: die „Feuerwehrtechnische Zentrale“, in der die Feuerwehren des nördlichen Saalekreises Schläuche waschen und trocken, sowie ihre Atemschutzgeräte warten können. „Die Feuerwehr wird allerdings weggehen, weil bei Merseburg die Anlage erweitert wurde“, sagt Krüger.
Dass Firmen abwandern, sei inzwischen aber zum Glück selten geworden. „In den 90er Jahren war das Gewerbegebiet gut ausgelastet, danach in den 2000ern herrschte allerdings viel Leerstand“. Inzwischen würden die Firmen wieder wachsen und die gut erschlossenen Flächen mit perfekter Anbindung an die B80 seien zunehmend gefragt.
Egal ob Coca-Cola, Baustoffhandel oder große Speditionen - im Gewerbegebiet Neustadt schlägt das wirtschaftliche Herz des Viertels.
Gewerbegebiet Neustadt: Mindestens einmal im Leben muss wohl jeder Hallenser hierher
Doch auch Freizeitangebote können die Hallenser hier finden. Die Angersdorfer Teiche sind vor allen bei denjenigen beliebt, denen es in der Saline oder dem Nordbad zu voll ist. In der Kickerarena finden regelmäßig Fußballturniere statt, ganz wetterunabhängig.
Und mindestens einmal im Leben muss fast jeder Hallenser ins Gewerbegebiet, meistens mit Erreichen der Volljährigkeit. Denn die Fahrprüfungen beginnen auf dem Gelände der Dekra in der Schieferstraße. Das Einordnen auf die B80 ein paar hundert Meter hinter dem Prüfzentrum ist bei vielen halleschen Fahrschülern berüchtigt und schon einigen zum Verhängnis geworden.
Gewerbegebiet Neustadt: Jugendliche machten verbotene Spritzour mit Bus
Apropos Führerschein: An einen Vorfall vom 22. April 1995 erinnern sie sich bei der OBS bis heute. Da hatte eine Gruppe Jugendlicher - ohne den passenden Führerschein - am Hallmarkt einen Bus „gekapert“. „Sie ließen den Fahrer einfach draußen stehen und machten eine Spritztour durch die Stadt“, erinnert sich der heutige Fuhrparkleiter Bernd Bräuer.
Der Ausflug wäre wohl nicht so schlimm gewesen, hätten die Jungs den Bus nicht zurück in die Kaolinstraße fahren wollen, wohl als Zeichen des guten Willens. „Bein Einparken fuhren sie in einen ein Meter tiefen Graben“, erzählt Bräuer. Der Bus war ein Totalschaden und noch heute erzählen sie sich bei der OBS die Geschichte von der Kaperfahrt. Im Gewerbegebiet Neustadt ist es eben doch nicht so langweilig. (mz)