Maler Maler: Otto Möhwald feiert 80. Geburtstag
Halle (Saale)/MZ. - Sie sind sein Lebensthema. Denn dass Mauern das Lieblingsmotiv des Malers Otto Möhwald sind, kann kein Zufall sein. Oft sind es kahle Mauern - Mauern, die ein Abriss erst freigelegt hat. Freigelegt wie eine Wunde. Und so freigelegt, dass Innen-Ansichten möglich werden, Einsichten also. Neue Blicke auf ganze Gemäuer.
Aus rein ästhetischen Gründen natürlich, sagt der Künstler, der am Samstag seinen 80. Geburtstag feiert. Ohne Botschaft, ohne Mahnung und Hintersinn. Merkwürdig daran ist nur, dass all so was Bedeutungsvolles fast zwangsläufig so vielen Betrachtern in den Sinn kommt, sobald sie sich in Möhwalds Kunst vertiefen.
Als Zwölfjähriger hat sich Otto Möhwald wohl erstmals selbst in ein Gemäuer vertieft und es sich richtig eingeprägt. Nicht um es zu malen allerdings, sondern nur für die Erinnerung. Damals, als er mit seinen Eltern aus der Heimat im Riesengebirge vertrieben wurde - wie so viele. Und noch einmal hatte er ein ähnlich einprägsames Mauer-Erlebnis von Bedeutung für seine Lebensgeschichte: "Ich war am 13. August 1961 in Westberlin bei Maler-Freunden, die aus Halle rübergegangen sind", erzählt Möhwald.
Und das seien die meisten gewesen aus seiner - inzwischen fast legendären - Künstlergruppe, die sich einst beim "Formalismus-Streit" in der frühen Ulbricht-Ära an der Mauer der kulturstalinistischen Betonköpfe blutige Nasen geholt hatte. Kaum einer von ihnen konnte oder wollte in Halle und im Osten bleiben. Nur Möhwald, der schon mal eine Heimat verloren hatte, blieb. Ja, er ging sogar zurück durch die frisch gezogene Berliner Mauer - zurück in "sein Halle", das seine Heimat war, seit seinem 17. Lebensjahr. Und das seine Heimat bleiben sollte.
Doch auch in Halle gab es ja reichlich Mauern - auch an seiner Kunsthochschule, in der er studiert hatte, wo er aber erst knapp vor der Altersgrenze Professor werden konnte. Und das, obwohl er auch zu Ostzeiten längst eine Berühmtheit war in Halle und weit darüber hinaus - spätestens seit in der Moritzburg nach "spontanem Protest" einer Gruppe kunstverständiger Proletarier eine Ausstellung von ihm vorzeitig abgebrochen wurde.
Aus heutiger Sicht war das sein Ritterschlag in den Augen aller, die sich in der DDR gedankliche Eigenständigkeit bewahrt hatten. "Eiskalte Bilder mit Menschen ohne Konturen", lautete die Kritik der Arbeiter, die offenbar Artikulationshilfe aus dem Kulturapparat bekommen hatten. Wahr daran war allerdings, dass dieser Maler tatsächlich nichts zur geforderten Verherrlichung des Sozialismus beizutragen hatte.
Zum Ausgleich musste er sich an dessen Aufbau beteiligen: mit seiner Hände Arbeit als Maurer auf dem Bau - gemeinsam mit seinem berühmten halleschen Künstler-Kollegen Albert Ebert. Erst nach der UIbricht-Zeit - nach 1972 - konnte Otto Möhwald von seiner Kunst leben.
Doch auch als in den Folgejahren viele Mauern in den Köpfen fielen - und schließlich auch die Mauer, Berlin und Europa trennte, blieben Möhwalds Gemäuer. Und längst haben viele seiner halleschen Mauerbilder die Gebäude überdauert, die sie zeigen.
Überdauern als Kunst wird auch mal das, was Möhwald an Innenansichten aus den Gemäuern gemalt hat: Räume, Menschen, viele wunderbare Frauenakte und seine ganz eigene dezente Farblichkeit. Zu sehen ist eine schöne Auswahl derzeit am Reileck. "Mein letzte Ausstellung in Halle", sagt der Jubilar. Und schickt - weil er ja noch täglich malt - ein "vorerst" hinterher. Also, Otto Möhwald: dann erst mal Glückwunsch! Und wir sind auf Weiteres gespannt.
Ausstellung in der Galerie Nord in der Bernburger Straße bis 2. März - geöffnet werktags, 11 bis 18 Uhr, samstags, 10 bis 15 Uhr